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Naturnahe Waldwirtschaft

Technik
Naturnahe Waldwirtschaft

Eine Waldbegehung unter der fachlichen Leitung von Wolfgang Gnannt, Forstamtsrat beim Amt für Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt, gehört in der Meisterschule Ebern zum Jahresprogramm. Fachlehrer Rudolf Porzelt fasst zusammen, was unter naturnaher Forstwirtschaft zu verstehen ist.

Rudolf Porzelt, Meisterschule Ebern

Wichtigste Maßnahme der naturnahen Waldwirtschaft ist die Naturverjüngung. Statt künstlicher Anpflanzungen, setzen die Förster dabei seit Jahrzehnten auf die Saat der umherstehenden Bäume. Die Naturverjüngung bietet sowohl ökologische wie auch ökonomische Vorteile. Auf relativ kleinen Flächen werden durch Herausnehmen von Schattenspendern unterschiedliche Lichtverhältnisse am Waldboden geschaffen. Unter diesen Bedingungen können die herunterfallenden Samen keimen und Wurzeln bilden. Die Zeiten, in denen Aufforstungen mit Zäunen geschützt wurden sind so gut wie vorbei. Heute schützt man die jungen Pflanzen vor dem Äsen des Rehwildes durch verstärkte Jagd. »Wald vor Wild« lautet das Motto.
Der Umbau nicht standortgerechter Bestände ist weiteres Thema der aktuellen Waldwirtschaft. Monokulturen sind anfälliger für Schäden durch Nassschnee, Sturm und tierische Schädlinge. Zug um Zug entstehen – immer auf kleinen Flächen – die wesentlich stabileren Mischwälder. Und nicht zuletzt wird durch Auspflanzung selten gewordener Baum- und Straucharten wie Eibe, Elsbeere, Flatterulme, Mehlbeere, Speierling, Wildapfel und Wildbirne die Artenvielfalt erhalten.
Auch abgestorbene Bäume sind für das ökologische Gleichgewicht des Waldes von großer Bedeutung. Die Regeln für dieses sogenannte Totholz lauten: Stehend statt liegend, Laubholz vor Nadelholz und je dicker die Stämme desto besser. Zuerst fallen Käfer und Insekten über den Stamm her, danach finden die Pilze den schnellen Weg durch die Frasgänge. Etwa 40 Prozent der im Wald vorkommenden Pflanzen und Tiere leben im oder vom abgestorbenen Holz.
Oberstes Ziel der Waldwirtschaft ist die Produktion möglichst hochwertiger Hölzer für den Schreiner. Mittels Bodenproben werden Standortkarten erstellt, in denen die jeweiligen Bodenverhältnisse festgehalten werden. Böden mit hohem Tonanteil sind für die Eiche optimal. Die Kiefer liebt eher sandige Böden.
Neben der richtigen Wahl des Standortes ist die Beschattung wichtig um zum Beispiel Wasserreiser zu vermeiden. Wasserreiser sind kleine Äste an der Stammoberseite von dickborkigen Laubbäumen, die aus schlafenden Knospen durch Sonneneinstrahlung austreiben. Deshalb müssen besonders bei Eiche und Lärche die Schäfte mit Nebenbestand beschattet werden. Durch die fehlende Sonneneinstrahlung auf die Stämme wird das Austreiben von Ästen –Wasserreisern – verhindert. Für diese Unter- und Mittelschicht eignen sich besonders die Rot- und Weißbuche sowie die Linde. Wolfgang Gnannt geht auch ausführlich auf die Gütesortierungen beim Stammholz ein: Vier Klassifizierungen werden unterschieden. Das wertvollste Holz – Güteklasse A – umfasst gesundes Holz mit ausgezeichneten Eigenschaften, das fehlerfrei oder nur mit unbedeutenden Fehlern, die die Verwendung nicht beeinflussen, behaftet sein darf. Holz der Güteklasse A wird in der Regel nur über Versteigerungen oder Submissionen verkauft. Es handelt sich meist um Holz zur Furnierherstellung oder um sehr schöne Erdstämme für edelste Tischlerarbeiten oder feinen Instrumentenbau. Holz von normaler Qualität einschließlich stammtrockenem Holz mit einem oder mehreren Fehlern wird in der Güteklasse B zusammengefasst. Unter anderem sind hier schwache Krümmung und schwacher Drehwuchs, geringe Abholzigkeit, einige gesunde Äste von kleinem oder mittlerem Durchmesser erlaubt. Dieses Holz ist die übliche Schreinerware, der Fachmann weiß mit den kleinen Unpässlichkeiten zu leben. Die weiteren Güteklassen: C für Holz von geringer Qualität und D für Teilnutzholz haben für den Schreiner keine direkte Bedeutung, tauchen aber in Form von Bau- und Palettenholz beziehungsweise als Span- und Faserplatten in den Werkstätten auf.
»Forstleute treffen Entscheidungen, die erst in Jahrzehnten zum Tragen kommen.«
Wolfgang Gnannt

Service Waldgang für Schreiner
Die Meisterschule Ebern veranstaltet einen Waldgang mit Wolfgang Gnannt. 25. 9. 08, 10 bis 17 Uhr Anmeldung Tel.: (090531) 9236-0, 35 Euro einschließlich Brotzeit.

Hintergrund Der Wald in Zahlen
Rohstoff-, Energie- und Sauerstoffquelle, außerdem Erholungsraum: der Wald.
Rund 60 Milliarden Bäume stehen auf den 11,1 Millionen Hektar Wald in Deutschland. Damit entfallen etwa 0,13 ha auf jeden Bundesbürger. Mit 59 Prozent dominieren die Nadelwälder gegenüber den Laubhölzern mit 41 Prozent. Pro Jahr wachsen etwa 120 Millionen m3 Holz nach – davon wird nur knapp die Hälfte geerntet. Bei einer jährlichen Wirtschaftsleistung von 181 Milliarden Euro arbeiten etwa 1,3 Millionen Menschen direkt oder indirekt im sogenannten Cluster Holz. Und natürlich gibt es neben allen ökonomischen auch ökologische Vorteile des Waldes zu nennen. Mit der Produktion von 3,2 Millionen Liter Sauerstoff pro Jahr deckt eine einzige 100-jährige Rotbuche den Sauerstoffbedarf von zehn Menschen. Und gar nicht zu vergessen ist der hohe Erholungswert des Waldes. Wer kann sich ein Leben ohne ausgedehnte Wanderungen in der grünen Lunge vorstellen. Rudolf Porzelt
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