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Den Effekt im Blick

Technik
Den Effekt im Blick

Bei der Auswahl der Oberflächenbehandlung von Holzböden sind die zu erwartende Beanspruchung und der gewünschte Oberflächeneffekt ausschlaggebend. Auch ökologische und gesundheitliche Aspekte spielen eine immer wichtigere Rolle.

Susanne Sachsenmaier-Wahl

Holzböden zu versiegeln oder zu ölen, ist unverzichtbar, denn nur so kann eine lange Lebensdauer des Bodens und eine leichte Reinigung desselben gewährleistet werden. Denn Lack oder Öl schützen den Hozbelag vor mechanischer Beanspruchung, Feuchtigkeit und Schmutz. Doch bei der Oberflächenveredelung von Holzfußböden wird der Handwerker mit den unterschiedlichsten Anforderungen konfrontiert. Während bei dem einen Objekt eine extrem hohe Strapazierfähigkeit im Vordergrund steht, kommt es bei einem anderen vor allem auf die Schnelligkeit der Renovierungsmaßnahme an.
Andere Kunden wiederum legen besonderen Wert auf eine natürliche Optik und Haptik der Holzoberfläche. Eine universelle Oberflächenbehandlung, die alle diese Fälle abdeckt, gibt es nicht. Der Handwerker sollte vielmehr in der Lage sein, für die jeweilige Anforderung die richtige Oberflächenveredelung zu empfehlen. Doch wodurch unterscheiden sich Versiegelungen, Öle oder Wachse? Welche Vor- und Nachteile haben die jeweiligen Systeme? Und worauf sollte der Tischler und Schreiner bei der Verarbeitung achten?
Vor- und Nachteile
Für die normale Nutzung im Wohnbereich sind grundsätzlich alle Versiegelungen und Imprägnierungen geeignet. Allerdings sollte – im Interesse des Kunden, aber auch des Verarbeiters – auf stark lösemittelhaltige Produkte und Lacke, die Formaldehyd abgeben, verzichtet werden. Wasserlacke beispielsweise sind hier sehr gut geeignet. Zu beachten ist jedoch, dass filmbildende Lacke und Versiegelungsmittel ein starkes Verkleben der einzelnen Stäbe miteinander bewirken. Die natürliche Schwindverformung des Holzes wird dadurch behindert. Die Folge können ungleichmäßige Abrissfugen sein. Für Holzpflaster oder Dielenböden, die stark schwinden, sind filmbildende Lacke daher nur bedingt geeignet. Hier ist eine nicht filmbildende Imprägnierung eine gute Alternative.
Sowohl versiegelte als auch imprägnierte Holzoberflächen können niemals an einzelnen Schadstellen unsichtbar ausgebessert werden. Hier steht immer eine ganzflächige Renovierung an. Geölte und gewachste Oberflächen sind dagegen ausbesserungsfreundlich, da einzelne Schadstellen nahezu unsichtbar erneuert werden können. Auch müssen geölte oder gewachste Flächen bei einer Renovierung nicht zwingend abgeschliffen werden. Bei versiegelten Böden ist das Abschleifen des Lacks dagegen unumgänglich.
Versiegelungen sind immer härter als das darunterliegende Holz – selbst wenn es sich um ein Eichenparkett handelt. Sandkörner und Steinchen, aber auch herunterfallende Gegenstände können zu kleinen Schäden in der Versiegelung führen. Durch die schadhaften Stellen gelangt Feuchtigkeit, z. B. von nassen Wischtüchern oder Schuhen, ins Holz. Da die Feuchtigkeit aufgrund der Versiegelung aber nicht schnell wieder abtrocknen kann, entstehen im Holz graue Flecken. Öle und Wachse als »weiche« Oberflächenveredelungen können nicht brechen und folglich nicht von Feuchtigkeit unterwandert werden. Das ist nur ein Grund, warum diese Oberflächenbehandlungen immer öfter vorgezogen werden. Feuchtes Wischen, wie es auf versiegelten Böden möglich ist, ist auf geölten oder gewachsten Flächen aber problematisch. Außerdem ist der Erhaltungsaufwand bei geölten und gewachsten Böden wesentlich höher, weil sie regelmäßig nachgeölt bzw. gewachst werden müsen. Des Weiteren kann es passieren, dass helle Hölzer, etwa Ahorn, nach dem Ölen gelblich erscheinen. Zu bedenken ist auch, dass einmal mit Öl imprägnierte Flächen sich nur sehr schwer auf eine Lack-Versiegelung umstellen lassen, da das in den Fugen verbleibende Öl zu Haftungsstörungen oder Fehlern im Lackbild führen kann.
Das sind nur ein paar wenige Vor- und Nachteile der verschiedenen Oberflächensysteme vorab. Im Folgenden werden die einzelnen Systeme genauer betrachtet.
Versiegelungen
Wird eine seidenmatte oder hochglänzende Optik bevorzugt, wählt man am besten eine versiegelte Oberfläche. Bei Versiegelungen handelt es sich um ein- oder zweikomponentige Lackschichten, die das Eindringen von Schmutz und Feuchtigkeit verhindern und deshalb sehr strapazierfähige Oberflächen ergeben. Auch wenn viele Versiegelungen schnell trocken sind, sollte beachtet werden, dass die spätere Haltbarkeit umso größer ist, je sorgfältiger der frisch versiegelte Boden in den ersten Tagen geschont wird.
Je nach Beanspruchung benötigt ein versiegelter Boden nach etwa 15 Jahren einen neuen Lack. Die Reinigung einer versiegelten Oberfläche ist einfach: Mopp, Besen oder ein nebelfeuchtes Tuch genügen. Für den Oberflächenschutz sorgen ein paar Tropfen Pflegemittel im Wischwasser. Darüber hinaus kann bei Bedarf ca. alle zwei Monate ein Parkett-Polish aufgetragen werden, damit sich ein schützender Film bildet. Man unterscheidet folgende Versiegelungssysteme:
Wassersiegel. Diese Versiegelungen gewinnen immer mehr an Bedeutung, da hier Lösemittel nur in geringem Umfang (unter 20 Prozent) eingesetzt werden. Dadurch sind die Geruchsbelästigung und die Gesundheitsgefährdung wesentlich geringer als bei lösemittelbasierten Versiegelungen. Wassersiegel lassen sich einfach verarbeiten, das Werkzeug kann mit Wasser gereinigt werden. Ein großer Vorteil von Wassersiegeln ist auch deren extrem schnelle Trocknung (ein bis drei Stunden). Das Haftvermögen zum Holz ist bei Wassersiegeln gut und der zähelastische Film, der entsteht, ist sehr belastbar und gut chemikalienbeständig. Acryllacke sind nur gering licht- und hitzebeständig. Flächen, die mit Acryllacken behandelt wurden, neigen zur Vergrauung. Die Auswirkung auf die Holzfarbe, die Struktur und die Maserung ist bei Wassersiegeln gering.
Polyurethansiegel. PUR-Siegel oder DD-Lacke gibt es als ein- oder als zweikomponentige Systeme. Sie sind sowohl als Wasserlacke als auch als lösemittelhaltige Lacke erhältlich. Polyurethansiegel trocknen zunächst physikalisch durch Verdunsten der Lösemittel. Danach erfolgt eine chemische Härtung in Form einer Polyadditionsreaktion. PUR-Siegel werden immer dann eingesetzt, wenn besonders hohe Ansprüche an die Oberfläche gestellt werden, da sie extrem widerstandsfähig gegen mechanische Einflüsse sind. Daneben sind PUR-Siegel sehr chemikalienbeständig, weisen eine gute Haftung auf dem Holz auf und vergilben kaum. Die Trocknungszeit von PUR-Siegeln beträgt ca. sechs bis zehn Stunden.
Das Holz wird durch PUR-Siegel leicht bis mäßig angefeuert. Die Raumluftbelastung während der Verarbeitung ist bei Wasserlacken gering, bei den lösemittelhaltigen Varianten dagegen ist die Abgabe von Lösemitteln und Geruchsstoffen stark. Da der Härter bei zweikomponentigen Systemen mit Wasser (also auch der Luftfeuchtigkeit) reagiert, müssen die Gebinde stets luftdicht verschlossen werden. Auch das Holz sollte nicht zu feucht sein, wenn der Siegel aufgetragen wird.
Öl-Kunstharzsiegel. Darunter versteht man alle Lacke, deren Hauptbindemittel Kunstharze sind. Alkydharz ist das am häufigsten verwendete Bindemittel. Es wird mit trocknenden oder nicht trocknenden Ölen (Holz-, Lein-, Rizinus- oder Sojaölen) modifiziert. Die Trocknung erfolgt bei Öl-Kunstharzlacken zunächst physikalisch durch Verdunsten der Lösemittel. Anschließend erfolgt eine chemische Reaktion durch Polymerisation. Damit es nicht zu Trocknungsverzögerungen kommt, muss die Raumtemperatur bei der Verarbeitung dieser Siegel mindestens 15 °C betragen. Außerdem muss eine ausreichende Sauerstoffzufuhr vorhanden sein. Öl-Kunstharzsiegel sind elastischer als Polyurethan- oder säurehärtende Siegel. Im Gegensatz zu anderen Versiegelungen kommt es bei diesen Siegeln zu fast keiner Seitenverleimung der Hölzer, weshalb sich Öl-Kunstharzsiegel sehr gut für die Oberflächenbehandlung von stark arbeitenden Hölzern sowie auf Heizestrichen, für Holzpflaster und Dielenböden eignen. Öl-Kunstharzversiegelungen weisen eine hohe bis mittelmäßige Abriebfestigkeit auf; die Schmutzempfindlichkeit und der Pflegeaufwand sind gering. Die Trocknung dauert bei Öl-Kunstharzsiegeln – etwa im Vergleich zu Wassersiegeln – relativ lange, nämlich rund zwölf Stunden. Da die Öle tief in das Holz eindringen, feuern Öl-Kunstharzsiegel die Holzfarbe intensiv an. Auch die Holzstruktur wird stärker betont als bei anderen Siegeln.
Säurehärtende Siegel. Zu dieser Gruppe zählen Harnstoffharz-, Formaldehydharz-, Phenolharz- und Melaminharzlacke. Meist handelt es sich um zweikomponentige Systeme, wobei der Härter aus einer Säure besteht. Die Trocknung erfolgt durch Polykondensation, nachdem die Komponenten vermischt wurden. Säurehärtende Lacke sind sehr preiswerte Parkett-Lacke mit hoher Füll- und Haftkraft und ergeben äußerst harte Oberflächen. Die Trocknungsphase ist sehr kurz (ein bis drei Stunden), die Schmutzempfindlichkeit und der Pflegeaufwand sind sehr gering. Allerdings wird bei säurehärtenden Siegeln während der Verarbeitung, der Trocknung und geringfügig auch nach Erreichen der Endhärte noch Formaldehyd abgespalten, das im Verdacht steht, Krebs zu erzeugen. Aus diesem Grund werden diese Systeme, trotz ihrer positiven Eigenschaften, fast nicht mehr angeboten.
Öle und Wachse
Das Ölen und Wachsen ist die ursprünglichste Methode der Oberflächenbehandlung von Holzböden. In jüngster Zeit ist wieder ein Trend zur Behandlung von Holzfußböden mit Öl-Wachs-Systemen – sowohl im privaten Wohnbereich wie auch in öffentlichen Gebäuden und Geschäftshäusern – zu verzeichnen. Die Gründe dürften in erster Linie im gestiegenen ökologischen Bewusstsein der Kunden, aber auch in der besonderen Optik und Haptik eines geölten Holzbodens liegen. Öle lassen Holzoberflächen in einem natürlichen matten Ton erscheinen, die Holzfarbe wird angenehm angefeuert. Durch die hauchdünne Schicht, die keinen Film bildet, bleiben die Holzporen deutlich sichtbar. Geölte Holzböden wirken daher sehr natürlich und lebendig.
Neben der Optik beeindrucken geölte Holzoberflächen auch durch ihre Auswirkungen auf das Raumklima. Dieses wird positiv beeinflusst, da der Holzboden die Luftfeuchtigkeit weiterhin ungehindert aufnehmen und wieder abgeben kann. Ein weiterer großer Vorteil von geölten Holzböden ist, dass sie sich auf einfache Weise – auch stellenweise – renovieren lassen. Die betroffenen Regionen werden einfach angeschliffen und wieder mit Öl nachbehandelt. Der Hauptnachteil von Öl-Wachs-Systemen ist ihre Neigung zur Verschmutzung und daraus folgend der erhöhte Pflegebedarf. Um die Schutzwirkung der Oberflächenbehandlung zu sichern, sollte der Belag durchschnittlich zwei- bis dreimal im Jahr mit einem speziellen Pflegeöl eingelassen und poliert werden.
Während Öle tief in die Zellen des trockenen Holzes eindringen und imprägnierend wirken, bleiben Wachse auf der Oberfläche und sorgen dort für die Abweisung von Wasser und Schmutz. Man unterscheidet zwischen lösemittelhaltigen und lösemittelfreien Öl-Wachs-Systemen:
Lösemittelhaltige Öl-Wachs-Systeme. Diese Systeme enthalten Naturharze sowie Lösemittel und sind filmbildend. Es entsteht, ähnlich wie bei Versiegelungen, eine glänzende oder seidenmatte Verschleißschicht. Hartwachs-Öl ist eine Kombination aus Ölen und Wachsen, die die Auftragszeit im Vergleich zur herkömmlichen Variante (zunächst Ölauftrag und anschließende Wachsbehandlung) wesentlich reduziert.
Allerdings ist durch das schnelle Verschließen der Holzporen mit Wachs die Imprägnierung des Holzes geringer und daher der Pflegeaufwand höher. Das Holz wird durch diese Öl-Wachs-Systeme stark angefeuert.
Lösemittelfreie Öl-Wachs-Systeme. Diese Systeme bilden keinen Film. Wie bei Imprägnierungen entsteht der Effekt, dass die Oberfläche optisch nicht so kratzempfindlich ist. Der Glanzgrad der Holzoberfläche wird durch das Polieren der Wachsschicht bestimmt. Lösemittelfreie Öl-Wachs-Systeme eignen sich für stark strapazierte öffentliche Bereiche, da die Öl-Wachs-Oberfläche sehr widerstandsfähig ist. Allerdings gilt dies nur dann, wenn der Holzboden regelmäßig richtig gepflegt wird.
Kleine Hilfestellungen
Um dem Verarbeiter die Auswahl der richtigen Oberflächenveredelung etwas leichter zu machen, haben sich einige Hersteller eine kleine Hilfestellung ausgedacht. Sie teilen ihre Produkte nicht mehr nach den Bindemitteln ein, sondern nehmen eine Klassifizierung nach den Anforderungen des Bauherrn beziehungsweise des Objektes vor. So hat etwa Pallmann seine wasserbasierten Versiegelungskombinationen (bestehend aus Fugenkitt, Grundierung und Versiegelungslack) in fünf Anforderungsbereiche unterteilt: eine Kombi für Schnelle, eine für Umweltbewusste, eine für Sparsame, eine für Anspruchsvolle und eine für Starke. Die Kombi für Schnelle eignet sich dann, wenn das Parkett unter Zeitdruck versiegelt werden muss. Mit diesem System ist es möglich, an einem Tag 30 m2 Parkettfläche zu kitten, grundieren und zu versiegeln.
Ein besonders niedriger Lösemittelanteil von maximal fünf Prozent zeichnet die Produkte für Umweltbewusste aus, die Produkte für Sparsame sind besonders preisgünstig und für normal beanspruchte Holzböden im Wohnbereich ausgelegt. Wenn hohe Belastungen für den Holzboden vorherzusehen sind, wie etwa in gewerblichen Bereichen, ist die Produktzusammenstellung für Anspruchsvolle die optimale Lösung. Der hochwertige zweikomponentige Polyurethanlack, der zur Versiegelung dient, schützt die Holzoberfläche vor Abrieb und zerstörenden Kratzern.
Die Kombi für Starke ergibt ebenfalls höchst widerstandsfähige Oberflächen, wie sie etwa in Museen, Konzertsälen oder anderen stark frequentierten öffentlichen Gebäuden gefordert werden. Der robuste Parkettlack dieser Produktkombination enthält Nanopartikel, die nicht nur für eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen mechanische und chemische Belastungen sorgen, sondern den Boden auch schmutzunempfindlich machen. Eine ähnliche Einteilung ihrer Produkte nimmt auch die Firma Bona vor. Sie bietet zeitsparende Produkte unter dem Namen »Speed« an, die besonders strapazierfähigen Produkte heißen »Star«. »Classic« steht für die klassischen Bodenveredelungsprodukte und »Natural« unterstreicht die ultramatte, offenporige Optik des Holzes und kommt hohen Ansprüchen in Sachen Ästhetik und Behaglichkeit entgegen.
Die Grenzen fließen
Wenn man die Produktinnovationen der letzten Zeit betrachtet, so ist ein Trend festzustellen, wonach sich die beiden Behandlungsmethoden Ölen und Versiegeln immer stärker aufeinander zu bewegen. So erzielen neue Lackrezepturen eine derart matte Oberfläche, die auf den ersten Blick mit einem geölten Boden verwechselt werden kann. Öle dagegen werden chemisch so modifiziert, dass sie beinahe so schnell trocknen wie ein Lack und widerstandsfähige, harte Oberflächen bilden. Auch der Pflegeaufwand für die neue Ölgeneration wird mit dem für versiegelte Holzböden immer vergleichbarer. Es lohnt sich also durchaus, vor einer Holzbodenbehandlung einmal das Angebot der Hersteller genauer unter die Lupe zu nehmen und im Zweifelsfall den Rat des Außendienstes einzuholen.
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