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Jägermeister

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Waffen und Alkohol, Doppellauf für Zeitschriften und ein Geweih: Martin Schweers beweist mit seinem Jagdschrank Sinn für Humor – und inspirierte Axel Müller-Schöll zu einem Exkurs über Kunst, Kunsthandwerk und Design.

Prof. Axel Müller-Schöll

Jagdschrank Mit diesem Stück möchte ich zeigen, dass ein Jagdschrank nicht immer dunkel und verschnörkelt sein muss. Er enthält nach den gesetzlichen Bestimmungen einen Stahlwaffenschrank und ist darüber hinaus mit formverleimten Böden und Fächern für Weingläser und -flaschen ausgestattet. Zum beleuchteten und verspiegelten Spirituosenfach gehört ein Auszug mit Drehteller für Schnaps-Stamper. Die Koffertüren bieten Ablagen für Fernglas etc. Der angelehnte Baum (Haselnuss) soll den Bezug zum Wald herstellen und bietet Platz für zwei Jagdzeitschriften.
Das Möbel von Martin Schweers ist kein gewöhnliches Meisterstück. Kaum vorstellbar, dass ein anderer es in mehreren Exemplaren identisch reproduzieren könnte. Doch das wäre im Grunde genommen gerade der Sinn des Designs. Der Begriff geht auf das Lateinische »designare« zurück, was »bestimmen, im Umriss abzeichnen, anordnen« bedeutet.
Von Gegenständen, die im Laufe der Zeit durch »try and error« so geworden sind, wie sie sind, unterscheiden sich Design-Gegenstände dadurch, dass sie nicht nur in jeder Hinsicht gut ausgedacht, sondern so genau zeichnerisch dargestellt wurden, dass sie »sklavisch« von Fachkundigen nachgebaut werden könnten. Dazu bedarf es einer entsprechenden handwerklichen Kompetenz des Entwerfenden, die von Martin Schweers, schaut man auf die akkurate Verarbeitung des Schrankinneren, auch fraglos unter Beweis gestellt wird. Aber er will sich darüber hinaus ganz offensichtlich durch einen besonderen gestalterischen Anspruch von anderen absetzen.
Da werfen sich Fragen auf: Sollten sich so unterschiedliche Dinge wie Schießen und ein Glas auf Weidmanns Heil heben nicht auch nach außen hin irgendwie zeigen? Müssten die Instrumentalisierungen der raumhaltigen Türen auf der rechten und linken Seite nicht, entsprechend der Nutzung des Korpus, ebenfalls unterschiedlich ausgelegt sein? Muss die Reminiszenz an die Liebe zu Wald und Natur (hier ist das Baum-Fragment gemeint) wirklich auch noch für des Jägers Fachzeitschriften herhalten? Oder geht es vielleicht doch vor allem um ein Statement des Anders-sein-Wollens? Will das Objekt am Ende sogar eher Kunsthandwerk sein? Ob dies im Sinne der Meisterprüfung wäre, möchte ich dahingestellt sein lassen, aber wenn, dann sollte es mutiger das Privileg der Kunst nutzen, nicht nützlich sein zu müssen.
Mit der Überlegung, dass ein Jagdschrank nicht dunkel und verschnörkelt sein muss, damit hat Martin Schweers ja vollkommen Recht. Aber zaghaft darf ein solches Objekt eben auch nicht sein, sonst kommen die Schnörkel auf andere Weise durch die Hintertüre wieder herein!

Der Autor
Prof. Axel Müller-Schöll, Burg Giebichenst ein, Hochschule für Kunst und Design Halle, Fachgebiet Innenarchitektur
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