Sauber konstruiert

Form folgt Funktion ist ein Leitsatz, der oft dem Bauhaus zugeschrieben und in dieser Lesart als maximal reduzierte Formgebung verstanden wird, die sich ganz in den Dienst der Funktion stellt, sich dieser geradezu unterordnet und damit eine Ästhetik der Gebrauchsgegenstände geprägt hat, die nur als schön gelten lässt, was auch nützlich ist. Abgeleitet ist der Zusammenhang von Form und Funktion aus der Beobachtung der Natur: Das Gefieder eines Vogels, die Architektur eines verzweigten Baumes – das alles bilde in seiner kunstvollen äußeren Erscheinung die Anpassung an die Lebensumstände ab, nicht mehr und nicht weniger. Die Gestaltung von Möbeln folgt diesem Grundsatz nur selten in Reinkultur – vieles spielt herein in die Formgebung: die Erinnerung an bewusste und unbewusste Vorbilder etwa, manchmal auch nur für Teilaspekte eines Entwurfs. So finden wir an Möbeln zuweilen auch Details, die aus einem ganz anderen Kontext stammen, wenn man sie akribisch zurückverfolgt. Umso beglückender, wenn auf allen Ebenen eines Entwurfs die Elemente das gleiche Ziel verfolgen: Der ausklappbare Tisch, der umhüllende Schrein, der raumgebende Sessel – hier dienen die Details dem Ganzen, ermöglichen und unterstützen die übergeordnete Funktion. Nachschärfen kann man immer: Beim Esstisch von Helena Kindler ließe sich das Teleskopgestell womöglich weiter reduzieren, am Teeschränkchen von Marvin Odametey überzeugte ein scharfkantiges Gestell sicherlich mehr als eines mit gefällig gerundeten Kanten. Der Sessel könnte in der Stoffauswahl etwas weniger bieder sein und das Sideboard in MDF großzügiger: Ein Verzicht auf das Gestell und ein schlanker, dafür breiter angelegter Korpus könnten viel bewirken. Doch gerade so, wie es dasteht, zeigt das Stück sein volles Potenzial.

dds-Redakteur Johannes Niestrath schätzt an der Guten Form Köln den großen Fundus interessanter Gesellenstücke, die auch über die Preise und Belobigungen hinaus gestalterische Impulse setzen.