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»Nur der Anfang einer Entwicklung«

Technik
»Nur der Anfang einer Entwicklung«

Setzen sich Leichtbaukonstruktionen langfristig durch? Prof. Dipl.-Ing. Martin Stosch vom Labor für Möbelbau, Möbelkonstruktion und Möbelentwicklung an der Fachhochschule Lippe und Höxter, hat eine sehr differenzierte Meinung zum Thema.

Leichtbaukonstruktionen sind eine logische Folge der allgemeinen Trends »Miniaturisierung«, »Technikintegration« und »Materialoptimierung«. Das Thema Energie- und Transportkosteneinsparung spielt dabei eine nicht zu vernachlässigende Rolle. So ist z. B. das maximale Ladevolumen eines Lkws bislang durch das Gewicht der Möbelladung, nicht durch ihre Raumgröße begrenzt. Pro 100 kg Gewichtsreduktion kann man von einer Kraftstoffeinsparung von etwa einem halben Liter auf 100 km ausgehen.

Trotz dieser Gründe halte ich die Gewichtsreduktion nur für den Anfang einer Entwicklung. Mittelfristig werden ganz unterschiedliche technische Features in die Mittellage von Sandwichplatten integriert werden. Der Möbelbau stößt dann eben nicht mehr bei einer Fachbodenlänge von 800 mm an seine Grenze, nur weil der schwere, monolithische Partikelwerkstoff (Span- und Faserplatten) nicht mehr Biegesteifigkeit hergibt. Schiebetürbeschläge z. B. könnten viel leichter ausgeführt werden, weil nicht mehr derartig große Massen bewegt und vor allem abgebremst werden müssten.
Momentan erfährt das Thema einen zusätzlichen Schub durch die gestalterische Mode. Finden sich im niederpreisigen Segment (Mitnahmebereich) vor allem mächtigere Materialoptiken, so ist am anderen Ende der Skala, bei führenden, designorientierten Herstellern im In- und Ausland, ein diffiziles Spiel mit den Proportionen zu beobachten: Ganz dünne Werkstoffquerschnitte stehen in ästhetisch spannungsvollem Kontrast zu voluminösen Elementen. Beides – extrem dick wie besonders dünn – ist nur mit intelligenten Verbundkonstruktionen sinnvoll realisierbar und dabei ist keine Leichtbauwerkstoffgruppe per se die Richtige.
Sperrhölzer und Partikelwerkstoffe aus leichten Holzarten oder Einjahrespflanzen, ggf. mit geringerer Verdichtung oder geometrischen Hohlräumen, können von Handwerk und Industrie weitgehend konventionell verarbeitet werden. Sandwichplatten mit Expansions- oder Sinuswabeneinlage – ob mit oder ohne Riegel – haben wohl bei Plattengewicht und Materialpreis die Nase vorn, bergen aber Tücken, insbesondere bei der Schmalflächenbeschichtung und der Verbindungstechnologie. Werkstoffverbünde mit Schaum-, Kunststoff- oder Alukernen ermöglichen dagegen herausragend steife, mitunter gut isolierende und witterungsbeständige Konstruktionen.
Der jeweilige Anwendungsfall ist ausschlaggebend für die Materialwahl. Hier im Vorhinein Werkstoffe zu präferieren oder auszuschließen widerspräche der ja soeben wieder entdeckten Konstruktionsfreiheit der Möbelbauer und würde nur zu neuen abträglichen Paradigmen führen. In der Praxis werden sich mit wachsender Erfahrung mittelfristig wohl Mischkonstruktionen durchsetzen.
Die grundsätzlich mit dem Leichtbauansatz verbundene Einsparung von Energie- wie Werkstoffressourcen ist ein Gebot der Vernunft. Damit allerdings die aktuellen Entwicklungen begründen zu wollen, wäre so untauglich wie der Versuch, die Erscheinung des Minirocks in den frühen 60er-Jahren auf den Zwang Material einzusparen zurückzuführen. Seine Erfinderin, Mary Quant, hatte damals vielmehr die evidenten soziokulturellen Kontextverschiebungen fraglos mutig, aber eben doch nachhaltig erfolgreich richtig interpretiert. Weniger ist eben nicht selten mehr.
Prof. Dipl.-Ing. Martin Stosch
Den Trend zum Leichtbau nur mit der Ressourceneinsparung zu begründen, wäre etwa so, als würde man die Erscheinung des Minirocks in den 60er-Jahren auf den Zwang Material einzusparen zurückführen
Die Gewichtsreduzierung ist nur der Anfang. Mittelfristig werden viele verschiedene technische Features in Plattenmittellagen integriert werden
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