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Ein Virtuose an der Bandsäge

Technik
Ein Virtuose an der Bandsäge

Kaum eine Handvoll Betriebe fertigt in Deutschland Schalllochrosetten und Intarsienbänder für Gitarren. dds besuchte den Spezialisten für Holzornamente Thomas Herrmann in Ludwigsburg. Seine wichtigste Maschine ist die Bandsäge.

Thomas Herrmann fertigt in seiner 150 m2 großen Holzmosaik-Manufaktur jährlich etwa 4000 Schalllochrosetten für Gitarren, über 10 000 m Intarsienornamentbänder zum Einfassen der Resonanzböden und -deckel sowie Einlegeadern für Streichinstrumente (www.purfling.de). Je nach Ausführung liegt der Preis für einen Schalllochring zwischen drei und 30 Euro. Das Gros der Arbeiten erledigt er selbst. Auftragsspitzen fängt er mit ein bis zwei Aushilfskräften auf.

Bevor sich der gelernte Möbelschreiner vor sieben Jahren als Zulieferer für Musikinstrumentenbauer selbstständig machte, arbeitete er einige Jahre bei einem anderen Intarsienspezialisten. Inzwischen hat Herrmann einen Kundenstamm von rund 200 Betrieben im In- und Ausland aufgebaut. Hauptkonkurrenten sind weniger die anderen inländischen Intarsienspezialisten, sondern Hersteller aus Fernost, deren Rosetten zunehmend bei Gitarren im Niedrigpreissegment zu finden sind. Einige Hersteller verwenden Abziehbildrosetten oder verzichten vollständig auf den Schalllochring. Herrmann ist seinen inländischen Wettbewerbern gegenüber recht aufgeschlossen und kooperiert mit einigen in der Materialbeschaffung.
Wichtigstes Material für die Schalllochringe und die Ornamentbordüren sind Furniere in unterschiedlichen Dicken und Farben. Da einige für Ornamentbänder unentbehrliche Furniere schwer zu beschaffen und nur in relativ großen Mengen erhältlich sind, tut sich Herrmann mit einigen Kollegen zusammen und kauft für sie mit ein. Ein wichtiger Lieferant ist die italienische Firma Tabu aus der Lombardei. Sie hat sich darauf spezialisiert, sehr helle Furniere in den verschiedensten Tönen durchzufärben. Für schlanke Adern oder zarte Fischgrätenornamente benötigt der Intarsienspezialist außergewöhnlich dünne Furniere, die nicht dicker als 0,3 mm sein dürfen. Da diese Materialstärken beim Furnierhändler nicht zu haben sind, lässt er die dünnen Blätter im Furnierwerk Schorn und Groh, Karlsruhe, messern. So hat er beispielsweise vor kurzem dort für sich und seine Kollegen einen Ahornstamm in 0,3 mm dünne Blätter aufarbeiten lassen. Wenn man bedenkt, dass eine Rosette nur wenige Kubikmillimeter dieses Materials enthält, handelt es sich um eine wirklich sehr große Anschaffung.
Holzrohr in Scheiben
Die wichtigste Maschine in der Holzmosaik-Manufaktur ist eine besonders präzise Tischlerei-Bandsäge von Hema samt Schränk- und Schärfmaschine. Die Schnittbreite beträgt lediglich 0,5 mm. Für die Rosetten fertigt Herrmann zunächst ein etwa 60 mm langes Holzrohr, von dem er mit der Bandsäge die 1,2 mm dünnen Schalllochringe abtrennt. Da bei der Gitarre das Griffbrett bis zum Schallloch hin reicht, muss die Rosette kein geschlossener Ring sein. Die zu verleimenden Holzschichten können also etwas schmaler sein als der Umfang des Holzrohres, sodass sich eine kleine Lücke in Längsrichtung des Rohres bildet. Das Holzrohr entsteht durch die schichtweise Verleimung mehrerer Holzlagen um einen Aluminiumzylinder mit dem Innendurchmesser der Rosette. Als Spannvorrichtung dient ein flaches, um das Holzrohr gewickeltes und sich selbst durchdringendes Edelstahlband, das mit einem Schraubstock gespannt wird. Die Holzlagen bestehen je nach Muster aus Furnierschichten oder aus komplexeren, aus Furnierstreifen zusammengesetzten Gebilden.
Die Ornamente ähneln Stickmustern, die Herrmann farbig aufgemalt auf kariertem Papier festhält. Das Muster besteht aus verschiedenen sich in Längsrichtung wiederholenden Streifen, beispielsweise nach dem Muster hell-dunkel-dunkel-hell. Für jeden Musterstreifen verleimt Herrmann verschiedenfarbige Furniere zu einer kleinen Platte. Hier erweist sich moderner PU-Leim als sehr hilfreich, weil er wasserfrei ist und die Furniere sich nach dem Beleimen nicht aufrollen. Von der Platte schneidet der Intarsienspezialist mit der Bandsäge dann schmale Streifen, die stirnseitig dem Schnitt durch das Muster entsprechen. In einer Art Setzkasten können nun die verschiedenen Streifen zu dem vollständigen Ornament zusammengesetzt und mit einer Vlieskaschierung fixiert werden. Bis zu einer Dicke von 4 mm lassen sich die Holzschichten problemlos um den Kern wickeln. Bei dickeren Lagen setzt Herrmann keilige Segmente ein, um die Differenz zwischen Innen- und Außendurchmesser auszugleichen. GM
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