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BIM: das neue Miteinander

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BIM: das neue Miteinander

Ein Koch, ein Menü – das ist überschaubar, war jedoch gestern. Jetzt kommt BIM. Es bringt alle Projektbeteiligten auf den selben Stand, zum Beispiel Planer und Handwerker. In Skandinavien ist das bereits Alltag. Was ist BIM oder Building Information Modelling eigentlich? Ein Überblick.

 

BIM: Drei Buchstaben, ein ganzer Wälzer voller Rätsel. »Schon seit 25 Jahren reden alle von BIM«, verrät Frank Ackermann, Schreinermeister und Geschäftsführer der Ackermann GmbH in Wiesenbronn bei Würzburg. Die Schreinerei beschäftigt 125 Mitarbeiter und gilt als 3D-Spezialist. »Doch bis dato ist wenig passiert«. Es liege an den Planern, meint er, die nicht bereit wären, sich zu engagieren. »Und die fehlenden Schnittstellen der Software«, meinen die Planer. Wer wirklich der Sündenbock ist, weiß letzten Endes keiner genau. Sicher aber ist mittlerweile, dass BIM kommt und zwar bald. Im deutschsprachigen Raum nutzen bis dato jedoch nur eine Handvoll Planer und Bauunternehmen BIM. Im englischsprachigen Ausland allerdings und im Norden Europas gehört BIM schon lange zum Standard. Diese Länder müssen nicht erst aufrüsten, wenn sich die Gesetzgebung ändert. Sie sind bereit. »Wir sind es auch«, sagt Frank Ackermann. Damit ist er einer der ganz wenigen, der jenseits der Planungsbranche überhaupt mit den drei Buchstaben BIM etwas anzufangen weiß.

BIM, wie funktioniert das?
Building Information Modelling, so die Langfassung von BIM, ist laut Wikipedia eine Methode der optimierten Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden mithilfe von Software. In der Praxis bedeutet dies, dass Pläne nicht von verschiedenen Seiten – unabhängig voneinander – entwickelt werden. Stattdessen gibt es ein einziges dreidimensionales Datenmodell, das Schritt für Schritt von allen nach bestimmten Regeln mit Informationen bestückt und weiterentwickelt wird. Dabei arbeiten die verschiedenen am Bau beteiligten Unternehmen Hand in Hand, um das Datenmodell zu vervollständigen und letztlich zu realisieren.
Ein Beispiel: Eine mit BIM geplante Türöffnung ist nicht nur eine mit einem Längen- und Höhenmaß kombinierte Lücke zwischen zwei Begrenzungen der Wandzeichnung. Sie ist stattdessen verknüpft mit Zargen- und Türblattdetails, mit Materialangaben und gegebenenfalls sogar Kosten, und kann so – in der Idealvorstellung – direkt von der Planung in die Produktion gehen, später bestens gewartet und auf Basis der Daten sogar optimal zurückgebaut werden.
»Unser Einstieg in diese Welt war projektbedingt«, erzählt Manfred Weid, Produktionsleiter CAD-CAM-CNC bei der Ackermann GmbH in Wiesenbronn. »Wir haben einen Schrank in 3D gezeichnet, die Dateninformationen am Computer in Einzelteile zerlegt, dann direkt in die CNC-Maschine eingeleitet und die damit produzierten Einzelteile später nur noch zusammengebaut.« Auf dieses erste Projekt folgte der Auftrag für ein Architekturmodell der Elbphilharmonie. Und damit Druck, Prozesse klar zu definieren und neue Strukturen einzuüben. Gerade hat das Unternehmen einen Pavillon für die Art Basel in Miami geplant und gefertigt. »In 2D wäre dieses Freiformgebilde nicht abzubilden und damit nicht baubar gewesen«, fährt der Produktionsleiter fort. Zudem wäre der knappe Zeitplan nicht einzuhalten gewesen. »Da wir dank 3D die Details schon vor dem Bau geklärt haben, waren später nur wenige Unwägbarkeiten vorhanden. Das hat Zeit gespart.«
Viele Beteiligte, ein 3D-Modell
Zwar nutzt auch Ackermann noch nicht BIM im eigentlichen Sinn, denn die Schnittstelle zu den Programmen der Innenarchitekten und Architekten fehlt noch. Doch schon jetzt profitiert das Unternehmen von der dreidimensionalen Planung. Im Betrieb stehen PCs für die Fertigungsmitarbeiter. Sie können Daten erheben, Maße erfassen und jedes Problem und jedes Detail in 3D betrachten und an der Zeichnung lösen, bevor sie diese Lösung handwerklich umsetzen, »wobei die Kommunikation zwischen den betreffenden Menschen einen äußerst wichtigen Stellenwert einnimmt«, bedeutet Weid. »Sonst definieren zwei Kollegen Plattenformate und der dritte weiß davon nichts.« Das praktiziert die Schreinerei nicht nur intern, sondern über Server auch mit Partnerbetrieben, Datendienstleistern und Planungsbüros. So kann sie komplexe Projekte, wie den KaDeWe-Ausbau in Berlin, leichter stemmen (siehe Seite 22).
Der Nachteil dabei: Der Aufwand steigt auf der Planungsseite enorm. Doch der sich im selben Zuge reduzierende Gesamtaufwand macht diesen Zeitverlust mehr als wett. »Während wir bei einem für den altherkömmlichen Fertigungsweg mit angenommen 200 Stunden kalkulierten Projekt rund 50 Stunden für die Planung veranschlagten, müssen wir mit der 3D-Planung beziehungsweise BIM auf 80 Stunden hochgehen. Aber für die Fertigung sind 70 Stunden genug«, zieht Frank Ackermann Bilanz.
Und noch eine Bilanz hat er gezogen: Mit der Einführung jener neuen Arbeits- und Denkweise entwickelten und qualifizierten sich auch unsere Mitarbeiter weiter. Jetzt haben wir mehr Planer und Koordinatoren im Team und weniger reine Handwerker. Geplant war davon nichts, lächelt der Geschäftsführer. »Wir waren eine kleine Schreinerei, wie es viele gibt. Wir haben irgendwann gemerkt, dass wir, wenn wir im Baugewerbe mithalten wollen, den Schritt zu CAD-CAM und CNC sowie BIM machen müssen. Also haben wir es getan.«

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Manfred Weid Schreinerei Ackermann
»BIM erleichtert interne Abläufe und bindet sogar Partner mit ein.«

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Christine Ryll ist Architektin und schreibt als Architekturjournalistin über die Themen Bau, Architektur und Immobilien. In dds stellt sie immer wieder ungewöhnliche, vom Schreiner gefertigte Treppen vor.

Hintergrund

2017 tritt die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in Kraft. Ziel ist das Offenlegen von Daten zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen. 2021 folgt die EU-Direktive EPBD. Sie schreibt für öffentliche Gebäude einen Niedrigstenergiestandard vor. Auch dafür braucht es Daten. Europa soll Recyclinggesellschaft werden und BIM ist Mittel zum Zweck. Das Europäische Parlament plant BIM bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge vorauszusetzen.
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