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Abflug im Geleit

Technik
Abflug im Geleit

Neue Werkstoffe, neue Probleme: Leitz und Wigo entwickelten eine Absaughaube, die sowohl den leichten Staubnebel von Schaumstoffplatten als auch das hochabrasive Spangut mineralischer Platten für den Abflug im Geleit zuverlässig erfasst. Dr. Hans-Jürgen Gittel und Martin Kenntner stellen sie vor.

Neue Werkstoffe erschweren es, die zum Gesundheitsschutz vorgeschriebenen Grenzwerte für Staubemission von Holzbearbeitungsmaschinen einzuhalten. Bei der Bearbeitung moderner Leichtbauwerkstoffe wie z. B. Schaumstoffen entstehen sehr feine und leichte Stäube. Trotz hoher Anfangsgeschwindigkeit enthalten sie nur wenig Energie, sodass sie vom Luftwiderstand relativ rasch abgebremst werden. Sie laden sich statisch auf und bleiben auf Oberflächen kleben. Ganz anders, aber ähnlich problematisch verhält es sich bei schweren Stäuben, wie sie bei der Bearbeitung von Gipskarton-, Gipsfaser- oder Zementfaserplatten anfallen. Diese sind meist sehr fein, haben damit einen geringen Strömungsquerschnitt, aber einen hohen Energiegehalt. Sie sind durch Absaugluft kaum zu beeindrucken. Dort wo ihr Strahl auftrifft, ist mit Erosionsverschleiß zu rechnen und wo sie Gelegenheit haben, sich abzusetzen, neigen sie dazu, mit der Luftfeuchtigkeit neu abzubinden und die Maschine im wahrsten Sinne des Wortes zu versteinern.

Um diese Probleme in den Griff zu bekommen, entwickelte der Werkzeughersteller Leitz die Späneflusssteuerung »Dust-Flow-Control« (DFC) für Werkzeuge und Spänefanghauben. DFC-Werkzeuge haben speziell gestaltete Spanräume, die die Flugrichtung des Spänestrahls vorgeben.
Üblicherweise sind Absaughauben von rechteckiger oder aber von zylindrischer Gestalt, mit der größten Öffnung zum Werkstück hin gewandt. Salopp formuliert handelt es sich um eine Kiste mit Absaugstutzen, die eher einer Schutzfunktion als der Späneentsorgung nachkommt. Die Strömungsgeschwindigkeit am Stutzen beträgt in der Regel 20 bis 35 m/s, während das Werkzeug mit einer Umfangsgeschwindigkeit zwischen 40 und 80 m/s rotiert. Bedingt durch seine Geometrie arbeitet es nicht nur spanabhebend, sondern auch als Radiallüfter und bringt auf diesem Wege effektiv mehr Luft in die Absaughaube ein, als schlussendlich auf Seite des Stutzens entnommen wird.
In der Draufsicht offenbart sich ein weiteres Detail, das dem Spanfluss im Wege steht: Während der Haubenquerschnitt im Bereich der Spanbildung relativ groß ist, verengt sich der Weg in Richtung Absaugstutzen gravierend. Dieser Flaschenhals beeinflusst die Strömungs- und Druckverhältnisse ausgesprochen negativ. Einerseits entsteht auf Seite des Absaugstutzens der gewünschte Unterdruck, dem steht aber ein sich aufbauender Staudruck vor dem Engpass gegenüber, genau dort, wo die Späne entstehen. Außerdem treten Strömungsturbulenzen auf, die die Absaugleistung deutlich schmälern.
Besonders leichte Stäube mit geringer kinetischer Energie zeigen sich sensibel für dieses Luftpolster, indem sie von diesem von der vorgesehenen Bahn Richtung Spänesilo abgelenkt werden und stattdessen sich in der Maschine selbst wiederfinden.
Neue Haube ohne Engpass
Basierend aus diesen Erkenntnissen entwickelte der Werkzeughersteller Leitz die DFC-Haube, die eine vom bisherig Bekannten deutlich abweichende Gestalt aufweist. Die Kontur ist so ausgelegt, dass sich der Querschnitt vom Werkzeug aus in Strömungsrichtung kontinuierlich vergrößert. Das beseitigt den Engpass. Die nun nahezu ungehindert strömende Luft erfasst alle Partikel und führt diese in Richtung Stutzen ab. Versuche mit Wollfäden und mit Rauch bestätigten eine nun tendenziell laminare und damit verlustarme Strömung in der Haube.
Späneschluckende Schnecke
Die DFC-Haube löst auch eine weiteres Problem, und zwar reduziert sie gegen über der konventionellen Haubentechnik Spanschläge im bereits gefrästen Werkstück, die durch umlaufende Späne entstehen. Während konventionelle Hauben neben den Öffnungen zum Werkstück und zur Absaugung eine geschlossene Kontur aufweisen, ist der neue Haubentyp halbseitig halbdurchlässig ausgeführt.
Ein gebogenes und als Schnecke bezeichnetes Leitblech erzeugt einen zur Werkzeugdrehrichtung gegenläufigen Luftwirbel. Dieser bremst die umherlaufenden Späne ab und lenkt sie in Richtung Absaugstutzen. Neben der Vermeidung der Spanschläge wird auf diese Weise die Mehrfachzerspanung des Schnittgutes durch die Werkzeugschneiden unterbunden. Dieses Phänomen resultiert bei Standardhauben aus der Reflektion der Späne von der Haubenwand zurück in den Messerflugkreis. Der Entfall der daraus resultierenden Mehrfachbelastung der Schneiden bei der DFC-Haube wirkt sich positiv auf das Standwegverhalten der Werkzeuge aus.
DFC-Technik nachrüstbar
Die DFC-Haube hat im Rahmen von Versuchen die Erfassungsrate bei der Bearbeitung von leichten Stäuben resultierend aus der Zerspanung von XPS-Schäumen und MDF gegenüber konventioneller Technik deutlich verbessert. Selbst ausgesprochen abrasive Späne und Stäube, wie bei der Bearbeitung von Spanplatten und Verbundwerkstoffen entstehen, wurden mit überragenden Erfassungsraten abgesaugt. Mit der DFC Haube bieten Wigo und Leitz eine kundenspezifische Lösung zur Nachrüstung bestehender Maschinen an.
Dr. Hans-Jürgen Gittel, Leitz, Martin Kenntner, Wigo Werkzeuge

Service Konstruktive Maßnahmen
Praktische Tipps bietet die Zusammenfassung »Konstruktive Maßnahmen zur Reduzierung der Staubemission an spanenden Holzbearbeitungsmaschinen« von E. Westkämper in der Schriftenreihe des Institutes für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik der TU Braunschweig, Vulkan-Verlag 1991.
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