Scharfer Schnitt

Wenn ein Friseurladen umgestaltet wird, geht es oft ähnlich zu wie bei einem Haarschnitt: Gefragt ist ein neuer, frischer Stil, doch das Ergebnis darf auch nicht überfordern. Es soll eine Verbindung zur alten Identität bestehen.

Ein unterfränkischer Friseurmeister abonniert seit mehr als 20 Jahren den Playboy, der im Laden ausliegt und von seinen Kunden ganz ungeniert gelesen werden kann. Ein echtes Instrument zur Kundenbindung. Matthias Mangold hat diesen Faden für die Umgestaltung des Ladens aufgenommen und ihn gekonnt weitergesponnen.

Der Raum erscheint durch statisch wichtige Säulen „verbaut“, zumindest so lange, wie man sie als Behinderung betrachtet. Ein Möbelsystem, das sich um die Säulen anordnet und ästhetisch verwöhnten Playboylesern schmeichelt, macht aus der Not eine Tugend. Eine großzügige Sitzecke mit Lesetisch lädt die wartenden Kunden ein, ihrer bedingt literarischen Leidenschaft zu frönen …

Das Möbelsystem ist anspruchsvoll gestaltet, ohne pompös zu wirken. Der Mineralwerkstoff Creanit ermöglicht die fließende skulpturale Form. Stand hier ein Konsolentisch aus dem Jugendstil oder eine Schöne aus dem Playboy Pate? Elegant verjüngt sich die Fläche zu einem einzigen Standbein. Schwarzes MDF, eine Spiegelfläche und Edelstahl vervollständigen das puristisch kühle Materialquartett. Das Frisiermöbel hat einen eigenständigen Stil, der sich nicht aus Versatzstücken bedient. Damit setzt Matthias Mangold den Salon wohltuend vom üblichen Einerlei ab. Besonders erfreulich ist, das sich die Arbeit nicht wie in letzter Zeit so häufig gesehen auf den „großen Wurf“ für den Innenraum beschränkt, sondern den detaillierten Möbelentwurf als ein an den Gestalterschulen fast vergessenes Tischler- und Schreinerthema wiederentdeckt. JN