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Zweigeschossiger Kubus entwickelt von Architektin Wallie Heinisch

Wohnhaus mit Finesse und nachhaltigem Energiekonzept
Der überschirmte Kubus

Die Satteldachform der benachbarten Scheunen findet sich als Referenz an die ländlichen Bauformen der Umgebung Tübingens wieder. Die Scheunenkontur über dem kubisch-modernen Bau passt in den dörflichen Kontext – ohne sich anzubiedern.

Felldorf ist ein kleines Dorf, im Landkreis Tübingen. Es ist ländlich geprägt und hat kaum mehr als 750 Einwohner. Ein Ackerstreifen entlang der mit Apfelbäumen bestandenen Ortsausfahrt, wird von der Gemeinde als kleinere Baulandfläche ausgewiesen. Das letzte Grundstück ist im Besitz der Familie des Bauherrn und durfte zu einem kleinen Teil bebaut werden.

Die Landstraße, an der das Grundstück liegt, führt, mit Böschungen und abfallendem Gelände, in den Ort hinein. Oberhalb der Straße, dem höchsten Bereich von Felldorf, eröffnet sich der weitläufige Blick über die weichwellige Landschaft, mit seinen eingestreuten Gehöften, Waldinseln und Feldern. Jetzt ist das neue Wohnhaus das erste Haus am Dorfeingang, bisher war das eine bewitterte Scheune.

Ersatz für eine bewitterte Scheune

Dem Bauherrn, der selbst Tragwerksplaner und der Bauherrin, die im Bereich der erneuerbaren Energie unternehmerisch tätig ist, schwebten ein modernistisches, kubisches Wohnhaus vor, getragen von einem zukunftsfähigen Gebäudekonzept. Außenbezug sollte das Haus besitzen, mit diversen Terrassen, um die Blickbeziehungen in die Landschaft zu genießen.

Gemeinsam mit der Bauherrschaft entwickelte Architektin Wallie Heinisch ein architektonisches Konzept: Ein zukunftsfähiges Gebäude, unter Einsatz regenerativer Energien, natürliche Belüftung und möglichst geringem anlagentechnischen Aufwand. Wichtig war eine optimale Bezugnahme des Wohnraumes auf die Landschaft, mit gut nutzbaren Außenbereichen. Die besondere Lage des Gebäudes am Dorfeingang war einzubinden. Straßenzugewandt war ein Sichtschutz von Eingang und Wohnräumen gefordert.

Es entstand eine überraschende Erschließung. Zur Straße hin abgeböscht, liegt der bebaubare Teil des Grundstücks oberhalb des Straßenniveaus. Von hier eröffnet sich erst oberhalb der Böschung ein beeindruckender Blick über die Landschaft. Dieses Überraschungsmoment sollte in die Konzeption des Gebäudes einfließen. Daher führt der Zugang zum Haus über einen, in die Böschung eingegrabenen Zugangshof, welcher neben der Zufahrt in die Tiefgarage den geschützten Vorbereich des Eingangs umfasst.

Der, wie auf das Gelände aufgesetzt, kubische und homogen wirkende Baukörper, überschiebt das Tiefgeschoss so, dass über seine Länge eine überdachte Erschließung des Hauses entsteht. Aus der Diele im Tiefgeschoss steigt man über eine einläufige Treppe in die Wohnräume auf und wird von dem Eindruck der landschaftlichen Weite in Empfang genommen.

Wie auf dem Schiffsdeck

Die gewünschte Terrasse mit Blick von höherer Warte aus, wurde plakativ durch das Belegen der gesamten Dachfläche des Gebäudekubus mit Robinienholzdielen erreicht, welches das Gefühl vermittelt, auf einem Schiffsdeck zu stehen. Damit der Aufenthalt auf dem Dach sonnen-, und witterungsgeschützt möglich ist, wurde eine in Richtung Südwesten orientierte schirmende Überdachung aus Stahl konstruiert.

Die Überdachung des Baukörpers entwickelt sich in Form eines angedeuteten Satteldachs aus der Straßenfassade heraus, neigt sich über große Teile der Dachterrasse und bezieht den Treppenaufgang mit ein. Mit dieser Überschirmung macht der kubisch-moderne Grundkörper des Hauses eine Referenz an die ländlichen Bauformen und passt gut in den Kontext, ohne sich dem dörflichen Baustil anzubiedern.

Die mit Abstand zum Kubus vorgesetzte, straßenzugewandte Fassade verläuft übergangslos ins schirmende Dach. Die Wahl des Materials fiel auf Cortenstahl, der ähnlich wie die benachbarte hölzerne Scheune, eine schöne sich wandelnde Patina ausbildet. Auf drei Gebäudeseiten, zur Landschaft hin ausgerichtet, zeigt sich der Kubus. Die Fuge zwischen straßenseitiger Cortenstahlfassade und Kubus ist nicht nur für die Lesbarkeit der Gebäudefigur von Bedeutung, sondern ist auch für das Raumerleben im Inneren des Hauses essenziell.

Eine ablesbare Gebäudestruktur

Der zweigeschossige Kubus, der auf dem Tiefgeschoss aufsitzt, bildet den Kern des Wohnhauses mit Wohn-und Arbeitsbereichen im Erdgeschoss und den Schlaf-Fitnessräumen mit Bad und Sauna im Obergeschoss. Die Ebenen sind offen miteinander verbunden, können aber durch Schiebetüren und Faltwände bei Bedarf geschlossen werden. Durch zwei architektonisch ausgeprägte Lufträume stehen die Räume untereinander auch vertikal in Verbindung. So entstehen ein höchst kommunikatives Raumgefüge und eine dynamisch anpassbare Raumaufteilung.

Alle Staumöbel und Schrankräume sind baulich integriert, als Einbauschränke, raumbegleitende Lowboards oder als Brüstungsumwehrungen. Barrierefreie Bäder und eine Aufzugsvorhaltung ermöglichen den Bauherren auch im Alter noch in ihrem Haus wohnen zu können. Eine einläufige Sichtbetontreppe führt aus der im Tiefhof gelegenen Diele dem Licht entgegen, hinauf in die Wohnebene. Der ungehinderte Blick in die Landschaft, der den Besucher am Treppenausstieg zwischen Küche und Essbereich empfängt, ist ein besonderes Ereignis in der Choreografie des Hauses.

Der Wohnbereich organisiert sich, als offener Grundriss um den Betonkern herum. Über dem Essbereich weitet sich der Raum nach oben offen mit Bezug ins Obergeschoss. In Verlängerung des Essbereiches schließt sich der überdachte Außenessplatz an der Gebäudeecke an, abgewinkelt hierzu verläuft der Wohnbereich, der in eine andere Blickrichtung der Landschaft weist.

Dynamische Raumaufteilung

Der Wohnbereich überschneidet sich mit dem zweigeschossig hohen, gestreckten inneren Raum von besonderer räumlicher Qualität: Er ist die räumliche Fuge zwischen Straßenfassade im Südwesten und dem eigentlichen Gebäudekubus, der in dieser Raumfuge seine innere Fassade zeigt. Dieser Raum wirkt zugleich als »Filter« mit straßenseitig geschlossenen, nur mit unregelmäßigen Fensterschlitzen versehenen Südwestfassade und als ein »inneres Foyer« für den Kubus.

Die Raumfuge, die bis in den Übergang der Dachfläche hinein verlaufend, innen mit einer horizontalen Lärchenholzleiste verkleidet ist, puffert die direkte südwestliche Sonneneinstrahlung ab, lässt aber durch die schmalen Öffnungen über die ganze Innenfassade unregelmäßig verteilt, effektvolle Lichtreflexe im Raum entstehen

Effektvolle Lichtreflexe im Raum

Die Treppe zum Obergeschoss führt wieder auf die landschaftszugewandte Seite des Hauses. Hier blickt man am Luftraum, welcher durch ein angehobenes Staumöbel umwehrt ist, hinab in den Essbereich. Es schließt sich ein offener Ruhebereich an, der mit der Sauna und dem Bad verbunden ist. Das Bad erhält seine Atmosphäre durch eine interne Fensteröffnung aus dem holzlamellenverkleideten Atrium.

Hinauf auf die Dachterrasse gelangt man über eine offene Stahltreppe mit Blockstufen aus Lärchenholz . Das Licht des Austritts fällt durch die offene Treppenkonstruktion in das Obergeschosses und trägt auch hier dazu bei, dass das Haus mit einer Raumtiefe von zwölf Meter in allen Bereichen hell und freundlich wirkt. Die durchgängige Materialwahl von satiniertem Sichtbeton und rustikalem Lärchenholzboden, lässt das Haus in zeitgemäßer Formsprache, aber nie unnahbar und kühl erscheinen. –HN


Steckbrief

Architektur/Objektplanung
METARAUM Architekten –
Wallie Heinisch, Stuttgart
www.metaraum.de

Innenausbau/Schreinerarbeiten
Bernhard Volk
72181 Starzach-Felldorf
www.schreinerei-volk.de


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