An der Meisterschule Ebern entstand ein extravaganter Sekretär. Die spinnenhafte Anmutung ist originell, doch wie steht es um die Funktionalität? Prof. Peter Litzlbauer hat sich mit dem Meisterstück befasst.
Prof. Dipl.-Ing. Peter Litzlbauer
Jürgen Ruhl wollte ein raumsparendes elegantes Schreibmöbel entwickeln. Dabei entdeckte er einen fast vergessenen Möbeltyp neu: den Sekretär.
Es entstand eine schatullenartige „Kiste“, die in acht schmale, U-förmige Rahmen, Spinnenbeinen ähnlich, eingelassen ist. Werden die formalen und funktionalen Ansprüche erfüllt?
- Der Überstand des nach hinten öffnenden winkelförmigen Deckels erfordert zusätzlichen Platz im Raum.
- Wie wird dieser Deckel zurückgeholt?
- Die freiliegende Schreibfläche wird durch die Korpuswangen seitlich stark eingeengt. Die Einbindung der Wangen in den Deckel wäre vorteilhaft.
- Die Bandwahl und das Verriegelungsgestänge werden dem Anspruch der Eleganz nicht gerecht.
- Die schlichte Erscheinung des allseitig auf Gehrung zusammengesetzten Behältnisses wird durch die überstehenden Bänder und die aufgesetzte Griffleiste gestört.
- Der elegant geführte Schwung in den Untergestell-Rahmen verliert durch das Einklinken des Korpusses seine Wirkung.
- Das konstruktiv richtige Einklinken der innenliegenden Rahmen in die Kufenleiste sollte auch bei den äußeren Rahmen angewandt werden.
- Die innere Gestaltung ist auf wenige Elemente reduziert. Offene Fächer, liegend und stehend angeordnet für Briefpapier und Kuverts, kombiniert mit zwei Schubkästen. Somit kann nur ein geringes Grundsortiment untergebracht werden, was die Frage nach Sinn und Zweck des Sekretärs offen lässt.
- Die klassische Schubladenführung ist sicher eine handwerkliche Herausforderung. Eine hängende Führung wäre jedoch zweckmäßiger.
Das Stück zeigt handwerkliches Können. Es wird jedoch deutlich, dass die anfangs formulierten Entwurfskriterien inhaltlich und im Detail mit der Metapher „Tarantula“ nicht ganz in Einklang zu bringen waren.
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Sind 15 cm ein Muss?
