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Teamarbeit für Deutschland

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Teamarbeit für Deutschland

Christian Elissavitis Lilge ist Mitglied der Initiative Teamarbeit für Deutschland, die unter dem Motto „gemeinsam gegen Arbeitslosigkeit“ Menschen unterstützt, die einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz suchen. Weitere Informationen unter www.teamarbeit-fuer-deutschland.de


Eigentlich bin ich Tischler
Christian Elissavitis Lilge arbeitet als freischaffender Künstler und ist für deutsche Verhältnisse ungewöhnlich zufrieden damit. Wir haben ihn in der Berliner Zillestraße 69 besucht. Klartext aus dem Hinterhof.
Christian Elissavitis Lilge (Protokoll: Johannes Niestrath)
Wer sagt „ich bearbeite mein Holz nur mit dem Hobel“, dem sage ich, Kollege, du lügst. Diese Verklärung finde ich gefährlich. Ich finde es schön, wenn das Handwerk mit Würde existiert, aber im Grunde ist es nicht romantisch. Nicht „wie mache ich etwas“, sondern „warum mache ich es “ ist interessant für mich. Die Sachen müssen sich selbst erklären. Es liegt alles auf dem Tisch. Ein Vollauszug aus Holz ist von vorne bis hinten an der Fräse gemacht. Wenn ich einen Vollauszug will, kaufe ich mir einen, der bei jedem Wetter läuft.
Wenn man Fantasie hat, gibt es keine Konkurrenz. Entwürfe sind eher da, als ein Kunde danach fragt. Es geht um die Atmosphäre, die ein Stück erzeugt. Form und Funktion dienen der Atmosphäre. Wenn jemand ein Krenov-Buch kauft und in den Wald geht, bringt das noch gar nichts. Manchmal lasse ich mich vom Holz zur Idee führen. Ein anderes Mal inspiriert mich ein Schmetterling.
Ich gehe zu den Leuten und sehe mir die Wohnung an. Versuche, möglichst viel in Erfahrung zu bringen. Die Dinge verwandeln sich dann im Gespräch in Formen, auf der persönlichen Ebene. Manche haben zum ersten Mal ein echtes Stück Holz in der Hand. Sie zeigen mir ihre Möbel und meinen, es wäre Holz, weil im Katalog „in Buche“ stand. Aufklärungsarbeit ist wichtig!
Schade finde ich, dass sich der staatliche Apparat nicht für das Handwerk interessiert. Museum für Kunstgewerbe? Vitra Klassiker-reproduktionen. Industriedesign und alte Meister. Was ist mit dem lebenden Potential? In Amerika werden von zeitgenössischen Handwerkern ganze Häuser mit Unikaten ausgestattet und dann als Sammlung verkauft.
Ich mag diese Trennung nicht: Sind sie Künstler? Angewandter? Eigentlich bin ich Tischler. Meine Steuerberaterin sagte vor einer ganzen Weile, wenn ich so weiter mache, gelte ich als Liebhaber. Liebhaber? Gerne!
Die Realität ist keine Romantik. Immer wieder muss man den Ausgleich finden. War ich heute schon im Café, Zeitung lesen? „Ist Christian schon wieder im Schleusenkrug?“, heißt es dann. Wenn ich im Café sitze, ist das für mich unter Umständen richtige Arbeit. Die Pausen sind wichtig.
1998 brauchte ich für Miete, Werkstattmiete und Essen etwa 500 Euro. Und 9000 Euro für die Fünffach-Kombinierte von Felder. Wenn man sich mal überlegt, dass das eine Ausstattung ist, mit der man anfangen kann zu arbeiten! Für amerikanische Verhältnisse wäre das ein Traum. Die Felder ist keine Trümmermaschine, richtige Uhrwerke für feine Arbeiten sind das. Säge, Langloch, Fräse, Hobel, Abrichte. Mit Drehfuß. Wenn ich lange Teile habe, mache ich die Tür auf.
Nebenan haben wir die alte Schmiede in eine Galerie verwandelt: nou-berlin. Ein Gemeinschaftsprojekt von Thomas Rieser und mir. „nou“ (griechisch) heißt Geist. Mein Ziel ist es, noch in diesem Jahr eine Ausstellung zu machen, Möbel nur für die Ausstellung zu bauen. Einen Schmetterlingsschrank zum Beispiel, der wird überhaupt nicht funktionieren. Wenn man den aufmacht, sieht man auf einen Schrein aus Planken.
Es geht mir so gut wie nie zuvor. Ich habe viele Freunde, die Künstler sind, und wir tauschen Ideen aus. Wenn ich Tischler treffe, reden wir mehr über das Warum der Arbeit als über das Wie. Es ist gut, wenn man keinen Blumenstrauß dafür erwartet, dass man sein Handwerk beherrscht. Wichtig ist, was entsteht. Es gibt viel zu tun. Mein Lehrmeister hat oft gesagt: Hier ist ein Stück Holz. Du bist Tischler. Also, wo ist dein Problem?
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