Die aktuelle Ausbildungsordnung für Tischler und Schreiner wurde 2006 in Kraft gesetzt. Dies war notwendig, da die Verordnung aus dem Jahr 1997 als Übergang gedacht war. Mit der Verordnung von 2006 hat dann auch die Handlungsorientierung Einzug gehalten und damit eine Reihe von Formulierungen, an die sich das Gewerk erst gewöhnen musste. So wurden die Begriffe Arbeitsaufgabe I und II erneut heiß diskutiert, auch wenn sie in der Verordnung von 1997 bereits Arbeitsprobe und Gesellenstück ersetzt haben. Auch das Fachgespräch und der Wegfall der Sperrfachregelungen in der Gesellenprüfung waren Gegenstand der Diskussion. Die zeitlichen Vorgaben für die Ausbildungsinhalte des Ausbildungsrahmenplans (ARP) sind seit 2006 nicht mehr nach Ausbildungsjahren gegliedert, die Gliederung erfolgt nun in die erste oder die zweite Hälfte der Ausbildung. So lassen sich Inhalte angepasst an die Auftragslage oder den jeweiligen Ausbildungsstand der Auszubildenden innerhalb von 18 Monaten verschieben. Hier war die alte Verordnung mit der Einteilung in Jahre und Halbjahre deutlich starrer!
Inhalte neu sortiert
Bei der Neuordnung sind einzelne Inhalte im ARP nicht mehr so exponiert gefasst. Hierzu gehört unter anderem das Thema Furnieren, das zum Beispiel für Betriebe, die ausschließlich Bauelemente herstellen, schwierig umzusetzen war. Früher war das Furnieren noch eine eigene Position mit zwei Wochen Zeitvorgabe, jetzt ist es in zwei Unterpositionen der Ausbildungsposition 9 der Verordnung gefasst. Es sind also keine Inhalte herausgefallen, sondern im Rahmen der Handlungsorientierung neu sortiert worden. Viele Arbeitsabläufe sind im ARP nun klarer geordnet. Es beginnt in der Pos. 6 mit Gestalten und Konstruieren von Erzeugnissen und endet mit qualitätssichernden Maßnahmen unter Pos. 17 mit Inhalten zur Qualitätssicherung. Die Inhalte zu Maschinenbedienung, Maschinenwartung und Maschinenpflege sind unter Position 12 Einrichten, Bedienen und Instandhalten von Werkzeugen, Geräten, Maschinen, Anlagen und Vorrichtungen zusammengefasst. Der ARP spiegelt damit klar den betrieblichen Fertigungsprozess wider – und zwar unabhängig davon, ob ein Fenster oder ein Nachttisch hergestellt wird.
Stichwort Fensterbau
Die aktuell gültige Ausbildungsverordnung rückt die Handlungsorientierung stärker in den Vordergrund. Es wird kompetentes berufliches Handeln vermittelt, das ein selbständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren von Arbeitstätigkeiten umfasst. Durch einen betrieblichen Ausbildungsrahmenplan ermöglicht die handlungsorientierte Ausbildung die individuelle Anpassung an die Struktur der Ausbildungsbetriebe. So finden sich alle wichtigen Ausbildungsinhalte in der aktuellen Ausbildungsverordnung (AVO) wieder, auch die für den Bau von Fenstern und Türen. Nun werden zwar im Fensterbau Kanteln nicht mehr Falz für Falz gefräst, sondern mit einem Werkzeugsatz in einem Arbeitsgang, was aber keine einschneidende Auswirkung auf die Ausbildung hat – bei genauerer Betrachtung der 120 Einzelpositionen im ARP zeigt sich, dass 95 davon durch den Fensterbauer allein in der Fertigung abgedeckt werden. Wird die Montage als wichtiger Aufgabenbereich des Fensterbaus noch dazu genommen, liegt die Übereinstimmung mit dem ARP deutlich über 80 Prozent.
Mehr Spielraum
Mit dem häufig benutzten Begriff Erzeugnis sind alle wie auch immer gearteten Produkte des Tischler- und Schreinerhandwerks erfasst: Fenster, Türen, Treppen, Möbel und Innenausbau sowie der Trockenbau. Der Begriff findet sich folgerichtig auch in der praktischen Prüfung wieder. Durch die offenen Formulierungen der Positionen im Ausbildungsberufsbild bis hin zur Prüfungsordnung bietet die aktuelle Verordnung eine hohe Flexibilität und den notwendigen Gestaltungsspielraum für die Ausbildungsbetriebe.
Die beteiligten Sachverständigen waren sich im Neuordnungsverfahren 2006 darüber im Klaren, dass Handlungsorientierung und offene Formulierungen erklärungsbedürftig sind. Aus diesem Grund wurden Erläuterungen zur AVO verfasst. Diese enthalten zu einzelnen Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten weitere Erklärungen und stehen im internen Bereich auf der Webseite von Tischler Schreiner Deutschland.
Insgesamt betrachtet ist TSD der Auffassung, dass die Tischler- und Schreinerausbildung durch die 2006 in Kraft gesetzte Verordnung flexibler geworden ist und auch für Fensterbaubetriebe eine solide Basis für eine gute Ausbildung bietet. Es bleibt zu hoffen, dass auch bisher nichtausbildende Betriebe dem Fachkräftemangel von morgen durch die Ausbildung aktiv entgegentreten, um das Gewerk zukunftssicher aufzustellen. Die Lehrlingswarte der Innungen, die Berater der Landesverbände und Tischler Schreiner Deutschland stehen für alle Fragen zur Ausbildung als Ansprechpartner gern zur Verfügung!
Arne Bretschneider ist Abteilungsleiter für Berufsbildung und Technik beim Bundesinnungsverband Tischler Schreiner Deutschland (TSD) und war an der Ausbildungsordnung von 2006 konzeptionell maßgeblich beteiligt.
Steckbrief
Die Ausbildungsverordnung zum Beruf des Tischlers und Schreiners in der derzeit gültigen Fassung trat im August 2006 in Kraft. Neuerungen waren unter anderem Öffnung der Tätigkeitsfelder, Änderungen bei der Bestehensregelung sowie eine Zeitreduzierung bei der Arbeitsaufgabe II (Gesellenstück) auf 100 Stunden.
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