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Vorsicht Nebel!

Technik
Vorsicht Nebel!

Das Spritzpistolenangebot wächst ständig – damit aber auch die Unsicherheit, ob man noch zeitgemäß lackiert. Vielen Tischler könnten große Lackmengen einsparen und die VOC-Belastung reduzieren.

Uwe Günter und Dipl.-Ing. (FH) Dittmar Siebert, Bad Wildungen

Lackzerstäubende Techniken sind nach wie vor geeignet, mit geringem Aufwand hochwertige Oberflächen zu schaffen. Das Prinzip ist einfach: Beim Austritt aus einer Düse wird der Lack in feinste Tröpfchen zerstäubt; diese benetzen die Oberfläche des Werkstücks und vereinen sich zu einem geschlossenen Film. Es gibt unterschiedliche Luftspritzverfahren: das Niederdruckverfahren (HVLP), das optimierte Hochdruck-verfahren (RP) und das Hochdruckspritzverfahren (HP). Zudem gibt es das luftfreie Airless-Gerät und das luftunterstützte Airmix-Spritzgerät.
Die Lackübertragungsrate bzw. die Lackausbeute hängt von vielen Faktoren und Randbedingungen wie z.B. Viskosität, Temperatur, Druck oder Wahl der Düse ab. Herstellerangaben kann man nur als grobe Anhaltspunkte heranziehen. Gibt ein Hersteller sehr hohe Raten von über 80 Prozent an, macht es Sinn, nach den entsprechenden Randbedingungen zu fragen.
Niederdruckverfahren. HVLP ist die Abkürzung für High Volume Low Pressure und bedeutet, dass der Düsen- innendruck bei HVLP-Lackierpistolen bei maximal 0,7 bar liegt, wodurch die Lackübertragungsrate, abhängig vom Spritzmaterial und dem Spritzgut, auf über 65 Prozent ansteigt.
Der Anteil an Overspray wird deutlich minimiert und damit die Wirtschaftlichkeit erhöht. Man kann so bei der Verarbeitung bis zu 30 Prozent Lackmaterial einsparen. Die Qualität der Lackierung hängt wesentlich vom Zusammenwirken der Luftmenge, der Viskosität des Lackes und der ausgewählten Düsenweite ab. Je nach Spritzmaterial werden in der Regel Düsenweiten von 1 bis 2 mm verwendet. Man kann auch dünnflüssige Beizen spritztechnisch rationell verarbeiten. Die Düsenweiten liegen bei 0,8 bis 1,0 mm.
Um mit HVLP-Pistolen ein hervorragendes Lackierergebnis zu erzielen, wird ein höheres Luftvolumen zur Zerstäubung benötigt. Für Betriebe, die nur über einen kleinen Kompressor verfügen, sind deshalb Lackierpistolen mit RP-Technologie meist besser geeignet.
Mitteldruckverfahren. RP ist die Abkürzung für Reduced Pressure (reduzierter Druck). Hier wird mit einem Zerstäuberdruck von maximal 2 bar gearbeitet. RP-Spritzpistolen sind optimierte Hochdruckpistolen. Ihre Übertragungsraten liegen nur geringfügig unter denen der HVLP-Pistolen. RP-Verfahren erleichtern den Umstieg von konventionellen Hochdruck-Pistolen auf die sparsamere, VOC-konforme Technik, da sie dem Lackierer weiterhin das Hochdruckfeeling vermitteln. Die Verarbeitungsgeschwindigkeit ist sehr hoch, der Luftverbrauch erheblich niedriger (statt 430 l/min rund 290 l/min).
Hochdruckverfahren. HP bedeutet High Pressure (Hochdruck). Dieses Spritzverfahren mit Druckluft von 2,5 bis 6 bar wird heute im professionellen Bereich nicht mehr so stark eingesetzt, da diese Technik selbst bei einem optimalen Zerstäuberdruck von 3,3 bis 4,3 bar nicht mehr VOC-konform ist. Die Arbeitsgeschwindigkeit ist zwar sehr hoch. Die Materialübertragungsrate liegt jedoch nur bei 35 bis 40 Prozent. Der Anteil an Overspray und Sprühnebel ist erheblich höher, die Wirtschaftlichkeit entsprechend geringer.
Airless-Verfahren. Beim Airless-Verfahren wird mittels einer Kolbenpumpe bzw. mit Membrantechnik das Spritzmaterial auf 80 bis 300 bar verdichtet und ohne Luft durch eine Hartmetalldüse mit Bohrungen zwischen 0,2 und 0,6 mm und einem Spritzwinkel von rund 28 bis 35° gedrückt, wobei es sich entspannt und in feinste Tröpfchen zerstäubt. Die Lackteilchen bewegen sich von der Düse direkt auf die Fläche. Ohne Druckluft können auch keine Luftwirbel entstehen, ein Überstrahl durch zurückprallende Druckluft bleibt aus. Man verwendet hochviskose Lacke mit größerem Festkörpergehalt. Die Lösemittelmenge ist geringer.
Mit diesem Spritzverfahren wird eine hohe Nassschichtdicke erreicht. Allerdings ist der Spritzstrahl wesentlich schärfer abgegrenzt, sodass sich Spritzfehler deutlich abzeichnen.
Airmix-Verfahren. Aus diesem Grund wurde das Airmix- bzw. Spraymix-Verfahren entwickelt. Es funktioniert wie das Airless-Verfahren, wobei zur Verbesserung des Spritzstrahles Luft zugegeben wird. Der Spritzstrahl wird weicher, die Übergänge sind besser. Die Anforderungen an den Lackierer sind geringer. Der Spritzdruck kann abhängig vom Spritzbild auf 50 bis 150 bar geregelt werden.
Druckluftversorgung. Oftmals werden die optimalen Voraussetzungen zum Zerstäuben mit Druckluft zu wenig beachtet. Der Kompressor, der die Luft ansaugt und auf den nötigen Druck verdichtet, muss ausreichend dimensioniert und leistungsfähig sein, um nicht dauernd eingeschaltet zu bleiben. Der Windkessel als Vorratsbehälter muss ausreichend groß sein, damit der Druckabfall bei Betätigung der Spritzpistole nicht zu groß wird.
Je präziser und stabiler ein Druckregler funktioniert, umso besser ist die Oberfläche. Das gilt insbesondere für das HVLP-Spritzverfahren.
Die Spritzqualität hängt außer von der Sauberkeit und der Funktion der Spritzpistole vorrangig von der Lackviskosität und der Reinheit der Druckluft ab. Die Luft sollte möglichst wasserfrei sein. Durch eine entsprechende qualitativ hochwertige Wartungseinheit ist dies gewährleistet, wenn man den Öl- und Wasserabscheider täglich entleert.
Es gibt Fließbecherpistolen und Saug-becherpistolen. Letztere sind vorteilhaft bei Spritzobjekten mit häufigem Farbwechsel, bei denen die Spritzpistole schräg gehalten werden muss. Bei großem Durchsatz führt man das Spritzmaterial aus einem Vorratsgefäß über einen Schlauch mit Hilfe von Druckluft oder einer Umwälzpumpe zur Pistole.
Vorwärmen. Alle Spritzgeräte können in Verbindung mit einem Materialvorwärmgerät als Heißspritzgerät verwendet werden. Insbesondere bei der Fensterlackierung hat man gute Erfahrungen mit Airless- bzw. Airmix-Geräten mit vorgewärmten Spritzmaterialien gemacht. Bei der Verarbeitung von Heißwachs kommen noch Düsen- und Becherheizung hinzu, und beim Drucktanksystem müssen der Druckbehälter und der Zuführschlauch beheizt sein. Es gibt eine erhöhte Selbstentzündungsgefahr bei der Verarbeitung von Ölen und Wachsen, die durch entsprechende Sicherheitsvorkehrungen stark eingeschränkt werden kann.
Reinigen. Wesentlich bei einer Spritzpistole ist die gute Reinigung von Luftkappe und Luftgängen, von Farbkanal und Farbnadel. Nach jedem Einsatz ist die Spritzpistole zu zerlegen, sorgfältig mit einem geeigneten Lösemittel auszuwaschen und trocken aufzubewahren.
Um hier wertvolle Arbeitszeit einzusparen, gibt es recht praktische Zusatzgeräte wie Pistolenwaschanlagen. Sie sind nicht gerade preisgünstig, jedoch verringern sie neben der Arbeitszeit auch den Verbrauch von umweltbelastenden Lösemitteln.
Es gibt Weiterentwicklungen, bei denen über ein Druckgefäß ein Reinigungsmittel per Kavitations-Wirbelreinigungseffekt in die Pistole eingebracht wird. Eine schnelle und gründliche Reinigung der Pistole ist auch bei sehr hartnäckigen Anhaftungen möglich.
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