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Leben im Untergrund

Technik
Leben im Untergrund

Bei Schäden an Parkettböden liegen die Ursachen oft unter der Oberfläche. Im vorliegenden Fall war der Bodenleger vorsichtig: Er weigerte sich, Parkett auf einen Anhydridestrich zu legen – zu Recht, wie sich zeigte.

Bei einem neu verlegten Anhydridestrich, unter dem eine Fußbodenheizung verlief, stellte der Parkettleger fest, dass der Großteil der Estrichfläche mit bis zu 10 mm hohen Beulen übersät war. Da diese außerhalb der zulässigen Toleranz lagen, meldete er Bedenken gegenüber dem Vorgewerk an.

Bei der Untersuchung des Bodens kam folgender Aufbau zu Tage: Rohdecke, Dämmung mit Alukaschierung, Fußbodenheizung, 45 mm Anhydridestrich. Bei diesem Aufbau war nur zu beanstanden, dass der Estrichleger keine Trennlage zwischen Alukaschierung und Estrich eingebracht hatte, wie es die DIN 18560 eigentlich fordert. Er verwies auf eine Empfehlung des Systemherstellers, die besagt, dass die Alukaschierung gleichzeitig die Trennlage darstellen kann. Außerdem habe er bereits enorme Mengen an Estrichflächen mit diesem Aufbau ohne Probleme verarbeitet. Nachfragen bei einem Bauphysiker ergaben, dass ein Anhydridestrich in Kontakt mit Aluminium reagiert. Es entstehen Gase, die Blasen im Untergrund bilden und den Estrich aufwölben.
Dieser Sachverhalt ist den Systemherstellern natürlich bekannt, weshalb sie die Alukaschierung mit einem Speziallack zum Schutz vor unerwünschten Reaktionen beschichten. Beschädigungen der Lackschicht können also Reaktionen des Estrichs mit dem Aluminium zur Folge haben.
Der Hersteller empfiehlt …
Bei genauer Betrachtung besagt die oben erwähnte Empfehlung des Systemherstellers lediglich, dass das direkte Aufbringen des Estrichs auf den kaschierten Dämmstoff (theoretisch) möglich ist. Praktisch sind allerdings beim Einbringen bzw. der Verlegung der Heizschlangen Beschädigungen vorprogrammiert.
Die Beulen waren also tatsächlich durch eine Reaktion zwischen Aluminium und Anhydridestrich entstanden, und zwar an den Stellen, an denen der Speziallack durch Verlegung oder Einbau wohl beschädigt war. Die so entstandenen Gase verursachten die Beulen in der Estrichfläche.
… manchmal Mist!
Der Estrichleger war in diesem Fall der Dumme, weil er (blindlings?) den Empfehlungen der Industrie vertraute und auf eine Trennlage verzichtete.
Interessant ist der Fall deshalb, weil die Reaktion zwischen Alu und Estrich genauso gut erst nach Verlegung des Parketts hätte entstehen können und zu Aufwölbungen oder Verwerfungen geführt hätte. Der Parkettleger hätte dann vermutlich nachweisen müssen, dass er fehlerfrei gearbeitet hat.
Sind Sie in einen ähnlichen Schadensfall verwickelt, sollten Sie vom Sachverständigen unbedingt folgende Dinge prüfen lassen:
• Beschaffenheit des Dämmstoffs
• Trennlage vorhanden?
• Estrichstärke
• Wurde der Estrich gezwängt?
Nur durch diese grundlegenden Prü- fungen kann die Ursache gefunden, der Verursacher zur Verantwortung gezogen und eine Sanierungsmaßnahme erstellt werden.
Vorsicht bei Anhydridestrich
Anhydridestrich wird im Gegensatz zu Zementestrich Gips zugesetzt. Bei der vergleichsweise schnellen Trocknung werden Wassermoleküle in Kristalle eingebunden. Dieses gebundene Wasser kann sich unter bestimmten äußeren Einflüssen wieder abspalten – auch nach Jahren noch. Die frei werdende Feuchtigkeit wird dann unter Umständen vom Parkettboden aufgenommen und führt zu Phänomenen wie Schüsselung oder Aufwölbung. Ungünstige Einflüsse auf den Estrich sind direkte oder indirekte Feuchteaufnahme und starke Temperatureinwirkungen. Anhydridestriche sind daher z.B. für Bäder und Feuchträume nicht geeignet.
Wilfried Berger

Der Autor
Wilfried Berger ist Schreinermeister und ö.b.u.v. Sachverständiger der HWK Ulm
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