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Geschickt geschlagen

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Geschickt geschlagen

Welche Methoden der Holzfeuchtemessung erweisen sich als zuverlässig und praktikabel? dds befragte Dr. Johannes Welling, Forscher zum Bereich Holztrocknung am Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI) in Hamburg.

Wie genau arbeiten elektrische Holzfeuchtemessgeräte?

Zunächst einmal ist die elektrische Holzfeuchtemessung gängige Praxis und das aus gutem Grund. Sei es mittels Widerstandsmessung mit Einschlagelektroden oder kapazitiv durch Auflegen eines Gerätes. Beide Verfahren liefern sehr schnell Ergebnisse und sind dabei weitestgehend zerstörungsfrei. Die Darrmethode ist zwar präzise, aber immer nur an wenigen Stellen. Durch die zerstörende Prüfung sucht man natürlich Stellen am Holz aus, das man sowieso nicht verwenden möchte. Durch die Auswahl des Stückes ist immer schon das Risiko gegeben, dass die Probe für die gesamte Charge nicht repräsentativ ist. An den etablierten Verfahren der elektrischen Holzfeuchtemessung geht so schnell kein Weg daran vorbei. Sie eignen sich für 95 Prozent aller Fälle, vorausgesetzt der Messende ist sich über die Verfahrensabläufe und Grundsätze im Klaren. Er kann natürlich viele Fehler machen.
Sie sind kein Freund der Darrprobe?
Praxistaugliche Darröfen mit integrierter Waage kosten weit über 1000 Euro. Und es dauert einfach lange, bis man das Ergebnis für ein Stück Holz erhält. Wenn man elektrisch an mehreren Stellen misst, hat man schneller Ergebnisse mit hohem Informationswert.
Inwieweit unterscheidet sich die tatsächliche Holzfeuchte vom gemessenen Wert?
Das kann man so generell gar nicht beantworten. Bei einer Holzfeuchte zwischen etwa 7 und 25 Prozent sind die Messungen recht verlässlich, sprich auf ±1 bis 1,5 Prozent genau. Aber es kommt maßgeblich auf die richtige Anwendung an.
Worauf ist denn zu achten?
Nehmen wir als Beispiel eine 70 mm dicke Eichenbohle, die noch nicht ausreichend durchgetrocknet ist. Die hat an der Oberfläche acht und in der Mitte 18 Prozent Feuchte. Wenn Sie jetzt mit einer Zehn-Millimeter-Nadel nur die oberflächennahen Bereiche messen, dann bekommen Sie vielleicht zehn oder zwölf Prozent Holzfeuchte angezeigt. Schlagen sie eine lange Nadel auf ein Drittel der Holzdicke ein, zeigt das Gerät vielleicht 15 Prozent an. Und wenn Sie bis in die Mitte durchschlagen erreichen Sie die 18 Prozent. Mit ein und derselben Methode an demselben Stück können sie völlig unterschiedliche Messergebnisse erzielen. Wenn ich aus den drei Messungen den Mittelwert bilde, erhalte ich annähernd die tatsächliche Holzfeuchte. Wähle ich ein Drittel der Brettdicke als Einschlagtiefe, so erreiche ich etwa das Gleiche. Nur, das ist für den Schreiner auch nicht die Erkenntnis, die ihm weiterhilft. Denn von einer mittleren Holzfeuchte hat er nichts, wenn sich das Holz während oder nach der Verarbeitung noch verformt. Der Praktiker muss etwas über die Feuchteverteilung im Holz wissen und sollte deshalb an verschiedenen Stellen und in unterschiedlichen Tiefen messen.
Welchen Einfluss hat die Holztemperatur auf die elektrische Holzfeuchtemessung?
Einen sehr großen. Die Holzfeuchte selbst ändert sich nicht, aber die Anzeige des Holzfeuchtemessgerätes ändert sich mit der Temperatur. Deshalb muss man Temperatur des Holzes auf mindestens zehn Grad – besser noch genauer – schätzen und am Messgerät einstellen. Dann kompensiert das Gerät bei der Messung den Temperatureinfluss. Als Daumenwert gilt: pro zehn Grad falsch geschätzte Temperatur verfälscht sich das Messergebnis um ein Prozent. Aber wir haben überhaupt noch nicht über die kapazitive Messmethode gesprochen, die ja das Holz nicht beschädigt. Nur durch Auflegen des Gerätes auf die Oberfläche lässt sich so näherungsweise eine mittlere Holzfeuchte bestimmen. Ein elegantes Verfahren in der Weiterverarbeitung, wenn es schon glatte Flächen gibt und nichts mehr kaputt gemacht werden darf. Die kapazitive Messung ist sehr schnell und bei richtiger Anwendung auch recht genau.
Aber nur für den oberflächennahen Bereich?
Nein, bei modernen Messgeräten lässt sich die Materialdicke einstellen, und das je nach Gerät in einem Bereich von 10 bis 25 mm.
Und wie exakt messen die kapazitiven Handgeräte?
Sie sind in etwa so genau wie die elektrischen Widerstandsmessgeräte. Allerdings gibt es andere Einflussfaktoren. Die Geräte erkennen die Menge des Wassers in der Nähe des Sensors, nicht den Anteil des Wassers am Holz. Daraus folgt, dass die Dichte des Holzes bekannt sein muss. Man muss das Gerät also auf die mittlere Dichte des Materials einstellen.
Die besseren Widerstandsmessgeräte berücksichtigen die Holzart. Was mache ich, wenn ich zum Beispiel Teakholz messen muss?
Es gibt ganz einfache Messgeräte für 25 Euro, bei denen man gar nichts einstellen kann. Die eignen sich allenfalls für Brennholz. Für einen Profi geht es bei einem Widerstandsmessgerät los, wenn das Gerät eine Temperaturkompensation und eine Holzartenkorrektur hat. In aller Regel sind das mindestens vier Gruppen, in welche die verschiedenen Holzarten eingeteilt sind. Den Gruppen liegen Widerstandskennlinien zugrunde, für Holzarten, die sich elektrisch ähnlich verhalten. Dem Messgerät liegt eine lange Liste der Holzarten mit der Gruppenzuordnung bei. Das sollte zu einem vernünftigen Ergebnis führen. Dann gibt es Geräte, die durch die Digitaltechnik in der Lage sind, Hunderte von Kennlinien aufzunehmen. Und dadurch ergibt sich die Möglichkeit, eine Holzart durch eine eigene Kennlinie genauer zu beschreiben. Bei der kapazitiven Methode kommen entsprechend Kennlinien der Darrdichten und Listen mit Holzarten einer ähnlichen mittleren Dichte zur Anwendung.
Und wenn ich nun eine Holzart habe, die nicht in den Listen auftaucht – muss ich schätzen?
Ja, wobei man dann bei der elektrischen Messmethode ziemlich daneben liegen kann, weil es hier vor allem auf die Holzinhaltsstoffe ankommt. Dann ist die kapazitive Messung besser.
Geräucherte Eiche soll sich elektrisch nicht messen lassen. Auch die Darrprobe ist umstritten Können Sie das erklären?
Richtig ist, dass bei mit Ammoniak geräucherten Hölzern eine elektrische Widerstandsmessung nicht anwendbar ist. Ammoniak ist ein polares Gasmolekül, ähnlich dem Wasser. Es lagert sich im Holz an den gleichen Stellen wie Wasser an. Genauso wie Wasser lässt es das Holz quellen und schwinden. Bei der Darrmethode tritt nicht nur Wasser, sondern auch Ammoniak aus. Es ist über die Darrmethode nicht erkennbar, welcher Anteil Wasser und Ammoniak ausgetreten ist. Wegen der Mischung zwischen Ammoniak- und Wassergehalt muss also das Holz gut ausgelüftet sein. Nur dann lässt sich näherungsweise mit der Darrmethode die Holzfeuchte von geräuchertem Holz bestimmen.
Und die kapazitive Messung?
Die hat das gleiche Problem, weil die Verfälschung durch das polare Ammoniak-Gas ganz erheblich ist. Die Darrprobe scheint mir hier die geeignete Variante zu sein. Wenn das Holz beim Entweichen des Ammoniaks schwindet, dann ist es für den Schreiner ja völlig egal, ob Ammoniak oder Wasser. Es hat die gleiche praktische Konsequenz. Es ist nicht bekannt, ob je ein Teil Wasser und Ammoniak auch zu je einem Teil für das Schwinden und Quellen verantwortlich sind.
Unterschätzen wir den Einfluss von Ammoniak?
Klar ist nur, dass beide in die gleiche Richtung wirken. Vor kurzem habe ich einen Versuch gemacht und dabei klimatisierte Holzproben über mehrere Stunden intensiv mit Ammoniak behandelt. Dabei hat sich gezeigt, dass die sieben Zentimeter breiten Probestreifen nach der Begasung um etwa zwei Millimeter gequollen waren, ohne dass dabei Wasser im Spiel war. Das heißt: Ammoniak lässt das Holz stark quellen. Damit ist die praktische Konsequenz: schlecht abgelüftetes Material führt genauso wie zu hoher Wassergehalt zu enormen Schwierigkeiten in der Praxis. Und: die Prüfung nach der Darrmethode wird zunehmend genauer, je besser das Ammoniak aus dem Holz herausgetreten ist.
Das Interview führte Christian Härtel
»Den Praktiker interessiert vor allem die Feuchteverteilung im Holz. Er sollte deshalb an verschiedenen Stellen und in unterschiedlichen Tiefen messen.«
Dr. Johannes Welling

Messtechnik Drei Verfahren in Kürze
Zur Ermittlung der Holzfeuchte haben sich in der Praxis drei Verfahren durchgesetzt.
Elektrische Widerstandsmessung. Beim Widerstands-Messverfahren werden zwei Elektroden quer zur Faser in das Holz eingeschlagen. Da der gemessene Widerstand von der Holzart und Holztemperatur abhängig ist, müssen die Geräte mit entsprechenden Wahlmöglichkeiten ausgestattet sein. Geeignet für Messungen der Holzfeuchte bis zum Fasersättigungsbereich.
Kapazitive Messung. Bei der kapazitiven Widerstandsmessung werden Sensoren auf das Holz aufgelegt. Die maximale Eindringtiefe der Hochfrequenzwellen ist für die Güte des Gerätes entscheidend. Für eine exakte Messung muss die Dichte des zu messenden Holzes bekannt sein, auf die das Gerät dann eingestellt wird. Vor allem für dünnere und trockene Hölzer praktikabel.
Darrprobe. Die Darrmethode bestimmt die Holzfeuchte durch gänzliches Verdampfen des im Holz enthaltenen Wassers. Damit das Verfahren exakt sein kann, muss das Anfangsgewicht der Prüfkörper unmittelbar nach der Spanentnahme gewogen werden. Heute gibt es Mini-Darröfen mit integrierter Waage und Anbindung an die EDV. Der Messbereich des Verfahrens ist unbegrenzt. Christian Härtel
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