Schwarzer Humor

Das Leinwandhaus zählt zu den wenigen gotischen Steinhäusern in Frankfurt und entstand im 14. Jahrhundert. Seit Oktober 2008 sind hier die Zeichnungen und Karikaturen einiger der bedeutendsten deutschen Nachkriegszeichner ausgestellt. Für die Sammlung der so genannten »Neuen Frankfurter Schule« wurde in der großen und fast sieben Meter hohen Halle im Erdgeschoss des denkmalgeschützten Gebäudes ein Raum im Raum mit zwei Stockwerken errichtet. Die Kulisse aus schwarz durchgefärbter MDF nimmt sich als Raumstruktur zu Gunsten der Kunst zurück. Die inneren Stellwände sind an einer Stahlschienenkonstruktion in der Decke geführt und lassen sich nach Bedarf konfigurieren. Exponate auf der Galerieebene werden in einer umlaufenden Tischvitrine präsentiert.

Schreinerei Neiser hat insgesamt über 400 Quadratmeter Wand- und Deckenverkleidung, variable Trennwände, eine Kassen- und eine Verkaufstheke sowie eine Galerie mit Treppenaufgang und Ausstellungsvitrine angefertigt – alles aus durchgefärbter MDF »Topan colour black« von Glunz. Den Auftrag erhielt der Schreinermeister durch Teilnahme an einer öffentlichen Ausschreibung. Er ist mit dem vorgegebenen Werkstoff bestens zurechtgekommen. Auf Grund der Durchfärbung ist das Material auch an den Kanten einfach zu bearbeiten. Die bis zu sechs Quadratmeter großen Platten der Wandverkleidung sind im montierten Zustand ein Gradmesser der Präzision, da nur 3 mm breite Fugen erlaubt waren. Die Platten wurden mit Halteleisten in die Unterkonstruktion eingehängt. Ab Werk sind die Platten zwar kalibriert, sorgfältiges Schleifen ist aber für ein überzeugendes Finish unerlässlich – und noch keine Garantie dafür, dass das Oberflächenmaterial gleichmäßig aufgenommen wird.

Martin Neiser rät, MDF auf jeden Fall mit PU-Grund abzusperren. So lässt sich eine »scheckige« Fläche vermeiden, die durch einen unterschiedlich saugenden Untergrund entsteht. Im konkreten Fall ist nur die Oberfläche der Möbel von der Schreinerei Neiser ausgeführt worden, für den Rest wurde ein Maler beauftragt. »Durchgefärbt« ist kein Synonym für »endbehandelt« – der Aufwand für eine hochwertige Oberfläche sollte daher auch bei diesem Werkstoff weder in der Ausschreibung noch vom Verarbeiter unterschätzt werden.

Bei der Konstruktion der Vitrine auf der Galerie war Präzision gefragt, denn sie wurde umlaufend mit einer Länge von 54 Metern gefertigt. Um im Inneren möglichst wenig Stöße zu sehen, wurde die mit weißem Melamin beschichtete Platte in 5600 mm Länge verarbeitet. Die fertige Vitrine zeigt einen umlaufenden Innenraum ohne Zwischenwände. Dazu musste bei den Abmessungen so genau wie möglich gearbeitet werden, da nicht hier und da noch ausgeglichen werden konnte. Die in den Rand der Abdeckung integrierten LED-Stränge inszenieren ja neben der Kunst jede Ungenauigkeit der Verarbeitung. Teil der Ausschreibung war auch, eine Lösung für die bequeme Bestückung der Vitrine zu finden. Die Scheiben sollten sich aufstellen lassen und Fronten geöffnet werden können. Martin Neiser lackierte die Scheiben im Randbereich und klebte, von oben nicht sichtbar, ein Halbrundprofil auf. Dieses Profil liegt in einer entsprechenden Hohlkehle und dient als Scharnier. Die geöffneten Scheiben werden mit einem Stab gesichert. Von außen ist nur der Korpus und die Abdeckung zu sehen.

Nach rund fünfmonatiger Arbeit in der Werkstatt und vor Ort konnte die Komische Kunst ins Museum einziehen. Die »schwarze« Handwerkskunst bildet einen perfekten Hintergrund. JN