Kontrastprogramm

Seefahrer verstehen unter Passage eine Durchfahrt, die Architekten eine überdachte Ladenstraße, Musiker und Literaten im weitesten Sinne die Sequenz einer Komposition. Die Kölner Passagen können all diese Definitionen auf sich vereinen.

190 verschiedene Locations, verteilt über die Innenstadt von Köln und auf diverse Vororte, warten jährlich parallel zur Möbelmesse mit den unterschiedlichsten Beiträgen zum Thema Design und Interior auf. Im Januar 2009 gab es mehr Teilnehmer als je zuvor: Die »Designzone Ehrenfeld« war mit 35 Events ein Highlight der Veranstaltung.

Mehr als 150000 Besucher kamen auf die Passagen, neben internationalen Fachbesuchern ein breites interessiertes Publikum, das die Passagen entweder als Ergänzung oder sogar Alternative zur Messe entdeckt hat. So konnte man bei Focus-Online lesen: »Was als kleine Underground-Bewegung mit Events unter der Rheinbrücke begann, hat sich längst zum Jour Fixe für die Szene entwickelt. Mancher große italienische Möbelhersteller wie Moroso, B&B Italia oder Foscarini spart sich den Messeauftritt und stellt sein Programm nur noch auf den Passagen vor.«

Sabine Voggenreiter arbeitet mit ihrem Team seit zwanzig Jahren am Passagen-Projekt. Dahinter steht ein akribisch gepflegtes und stetig wachsendes Netzwerk. Die Passagen bringen Designer und ihre Arbeit direkt in die Öffentlichkeit, ohne dass vom Publikum die Hürde einer Messehalle genommen werden muss. Während der IMM Cologne, zu der sich die internationale Möbel-Branche in Köln ein Stelldichein gibt, ist das eine fantastische Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen. Dies kann insbesondere für den Design-Nachwuchs ein wichtiger Schritt in das Berufsleben sein. Unter den Novizen befanden sich in diesem Jahr auch erstaunlich viele Schreiner mit gestalterischen Ambitionen. »Die Fülle der positiven Kontakte, die sich hier ergeben, hätte ich vorher nie für möglich gehalten« sagte Jens Wodzak, der seinen Hocker »Wod« vorstellte. »Es gibt eine Reihe von Folgeaufträgen und Kontakten – ich werde nächstes Jahr wieder kommen.« Junge Designer zeigten unter dem Dach der Designers Fair direkt am Rhein ebenfalls Ideen, die auf Absatz warten.

Als ganz besondere Anerkennung der Passagen kann gewertet werden, dass sich die Koelnmesse GmbH erstmalig mit einem Projekt zur Designförderung außerhalb des Messegeländes engagierte, und zwar im Rahmen der Passagen. In einer Kooperation mit der Designpost, den Spichernhöfen und anderen ist eine interessante Location am anderen Rheinufer entstanden. Wie auch immer man zu den ausgestellten Ergebnissen eines Workshops unter der Leitung von Arik Levi stehen mag, diese Initiative weist in die richtige Richtung. Die Messe verlässt ihre Hallen und signalisiert so die Verbindung mit den Passagen. Das unterstreicht den synergetischen Effekt und lässt für die Zukunft auf eine gute Entwicklung für die IMM Cologne, die Passagen und den Designstandort Köln hoffen. Beobachter der Kölner Szene werten den leisen Paradigmenwechsel vom Konkurrenten zum Kooperationspartner als hoffnungsvolles Signal für alle Beteiligten. JN

Die Passagen finden seit 20 Jahren parallel zur Möbelmesse in der Kölner City statt. In verschiedenen Stadtteilen und Locations präsentieren sich Newcomer wie etablierte Labels, die das Passagen-Umfeld den Messehallen vorziehen. Konzipiert und betreut werden die Passagen von Sabine Voggenreiter. www.voggenreiter.com