1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite » Allgemein »

Sympathischer Realo

Allgemein
Sympathischer Realo

»Ein bewusster Umgang mit Umwelt und Ressourcen sollten für einen Schreiner eigentlich selbstverständlich sein«, sagt Kurt Alber, Inhaber der Schreinerei Alber in Filderstadt. Der Unternehmer steht für einen pragmatischen Umgang mit dem Thema Umweltschutz, fernab jedes ökologischen Fundamentalismus.

Herr Alber, was bedeutet Umweltschutz für Sie als Unternehmer im Schreinerhandwerk?

Das Thema beschäftigt uns, seit wir den Betrieb vor fast 20 Jahren übernommen haben. Wir versuchen, Umweltschutz umfassend zu betrachten. Das betrifft nicht nur die eingesetzten Materialien, also das, was wir in der Wohnung des Kunden verbauen, sondern auch die Prozesse im Betrieb und die Arbeitsplätze der Mitarbeiter.
Das heißt konkret …?
Zunächst mal finden wir es wichtig, nur Holz aus nachhaltigem Anbau zu verwenden. Wir setzen wenn möglich einheimisches Holz aus regionalen Wäldern ein, bei tropischen Hölzern sollte es für einen Schreiner eigentlich selbstverständlich sein, zertifizierte Ware einzukaufen. Beim Plattenmaterial sind wir sehr sensibel in Bezug auf den Formaldehydgehalt. Schon E1-Spanplatten können theoretisch zur Überschreitung des EU-Grenzwertes führen, wenn zuviel belastetes Material in einem Raum mit wenig Luftaustausch verbaut wird. Wir arbeiten mit vielen verschiedenen Plattenwerkstoffen, auch Tischler-, Dreischicht- und Furnierplatten. Leider spielen die Lieferanten nicht immer so mit, FSC-zertifiziertes Holz z. B. ist teilweise kaum zu bekommen.
Sie sind Mitglied in der Umweltgemeinschaft des Tischler- und Schreinerhandwerks. Welche Aktivitäten finden hier statt?
Neben dem regelmäßigen Austausch mit den Kollegen haben wir z.B im Frühjahr einen Workshop »Lösemittelarme Oberflächen« durchgeführt. Ganz aktuell läuft ein Projekt, bei dem es um Schimmelpilzbildung hinter Möbeln an Außenwänden geht. Ziel ist, eine konkrete Handlungsempfehlung für uns Schreiner zu erarbeiten.
Ihr Betrieb hat sich nach dem System des »Eco-Mapping« zertifizieren lassen. Was hat es damit auf sich?
Als Mitglied der Umweltgemeinschaft unterziehen wir uns alle zwei Jahre einer Nachzertifizierung, in der die ökologische Ausrichtung des Betriebes geprüft wird. Dabei geht es um Abfallbeseitigung, Energieverbrauch, Zustand der Fahrzeuge, Umweltverträglichkeit der eingesetzten Materialien usw. Dabei kam erstmals das Eco-Mapping zum Einsatz. Dieses ziemlich neue Verfahren zielt darauf ab, die Mitarbeiter in die Umsetzung und Einhaltung der beschlossenen Maßnahmen zu integrieren. Das Verfahren soll in Zukunft bei allen Mitgliedern der Umweltgemeinschaft eingesetzt werden.
Was bringt die Qualifizierung zum »Fachbetrieb Gesundes Wohnen«, die Sie jüngst absolviert haben?
Na ja, sie sensibilisiert zunächst mal für das Thema Wohnraumbelastung durch Schimmelpilze, Formaldehyd usw. und gibt einen Überblick über wichtige bauphysikalische Zusammenhänge. Das Wichtigste für mich war eigentlich, dass ich dadurch mehr Sicherheit in der Beratung bekommen habe.
Wie vermarkten Sie Ihr Engagement für die Umwelt in Richtung Kunden?
Bisher tun wir das nur begrenzt. Auf unserer Internetseite verweisen wir auf das Thema, ansonsten sind es ja auch Sachen, die eigentlich selbstverständlich sein sollten. Was z. B. die Oberflächen angeht, versuchen wir schon in Richtung Öl/Wachs zu beraten, weisen aber auch darauf hin, dass regelmäßig nachgeölt werden muss.
Werden Ihre Bemühungen von den Kunden honoriert, sprich zahlen sie sich auch durch zusätzlichen Umsatz oder neue Zielgruppen aus?
Schwierige Frage. Es gibt sicher nur wenige Kunden, die uns aufgrund unseres Umweltengagements beauftragen. Ich sage mal so: es ist imagefördernd, aber nicht konkret verkaufsfördernd. Außerdem gibt es in einem Betrieb unserer Größenordnung immer Zeiten, in denen man unbedingt Arbeit braucht. Im Zweifelsfall muss man nehmen, was kommt. Da sagen wir dann auch nicht »Nee, lackierte Oberflächen mögen wir nicht so, gehen Sie doch woanders hin«. Trotzdem haben wir – speziell als Schreiner – eine Verantwortung für unser Material und für das was wir tun. Übrigens: Vieles was ökologisch sinnvoll ist, ist letztlich auch wirtschaftlich sinnvoll. Man muss bereit sein, sich neutral mit den Themen auseinanderzusetzen.
Das Interview führte dds-Chefredakteur Hans Graffé

Hintergrund Umweltgemeinschaft im Schreinerhandwerk
Tue Gutes und rede darüber – zuerst mal mit den Kollegen…
Die Umweltgemeinschaft im Tischler- und Schreinerhandwerk ist ein Zusammenschluss umweltbewusster Betriebe in den Bundesländern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Die Gemeinschaft hat einen Kriterienkatalog aufgestellt, dem sich die Mitglieder verpflichtet fühlen. Er enthält u. a. folgende Punkte:
  • Holz nur aus nachhaltigem Anbau, bevorzugt aus regionaler Bewirtschaftung
  • Minimierung der Formaldehyd-Belastung
  • keine Holzschutzmittel in Wohnräumen
  • kein PVC im Innenbereich
  • Vermeidung von Lösemitteln und Gefahrstoffen
  • kein Ärger mit dem Abfall und eine saubere Baustelle
  • persönliche Ansprechpartner für alle Belange der Produktsicherheit und des Umweltschutzes
  • systematische Weiterbildung zu umweltrelevanten Themen
  • Transparenz bezüglich der verwendeten Materialien
Die Einhaltung der Kriterien wird jährlich von einer unabhängigen Stelle kontrolliert. Dabei wird der Betrieb beraten, wie er seine Unternehmensziele umweltgerecht verwirklichen kann.
Ansprechpartner für Fragen zur Umweltgemeinschaft sind die Berater der jeweiligen Landesfachverbände. Informationen gibt es auch unter www.umweltgemeinschaft.de. Der Link zum Fachbetrieb Gesundes Wohnen: www.umweltgemeinschaft.de

Kompakt Kurt Alber, Schreinerei Alber GmbH
Kurt Alber leitet mit seinem Bruder Günther einen Innenausbaubetrieb mit 15 Mitarbeitern in Filderstadt. Neben dem Innenausbau (60 % Privatkunden, 40 % Objekt) hat sich die Schreinerei ein zweites Standbein mit Zulieferprodukten aus Massivholz aufgebaut und ist außerdem im Denkmalschutz tätig.
Aktuelles Heft
Titelbild dds - das magazin für möbel und ausbau 5
Aktuelle Ausgabe
05/2024
EINZELHEFT
ABO
dds-Zulieferforum
Tischlerhandwerk in Zahlen

Zahl der Betriebe im Tischlerhandwerk

dds auf Facebook


dds auf YouTube

Im dds-Channel auf YouTube finden Sie:
– Videos zu Beiträgen aus dds
– Kollegen stellen sich vor
– Praxistipps-Videos
– Maschinen & Werkzeuge

Abonnieren Sie dds auf YouTube »