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Kostspieliger Auftrag

Technik
Kostspieliger Auftrag

Nach einer misslungenen Altparkettüberarbeitung musste der ausführende Handwerker den entstandenen Schaden auf seine Kosten beheben – obwohl der Defekt nicht von ihm zu verantworten war.

IFF-Fußboden-Gutachter Helmut Becker

Ein vor etwa 18 Jahren verlegtes, geklebtes Eiche-Mosaikparkett in einem Einfamilienwohnhaus sollte geschliffen, gekittet und mit einem Wasserlack versiegelt werden. Nach einer Besichtigung erstellte der Auftragnehmer ein Angebot, über die Renovierung der alten und abgenutzten Parkettflächen im Erd- und Obergeschoss (ca. 90 m²). Die Oberflächenbearbeitung erfolgte im Januar und Februar 2005. Der Auftragnehmer gab dem Bauherrn nach der Renovierung eine Reinigungs- und Pflegeanleitung, die darauf hinwies, wie günstige raumklimatische Bedingungen einzuhalten sind. Kurze Zeit später stellte der Bauherr im Kantenbereich hoch stehende, teils regelrecht abgelöste und klappernde einzelne Mosaikparkettlamellen fest. Nachdem diese Ablösungen über das Jahr hin erheblich zunahmen, sollte ein Sachverständiger den Fall klären.
Das Schadensbild
Eine erste optische und akustische Prüfung des alten Bodens zeigte in fast allen Räumen deutlich hoch stehende Längskanten einzelner Parkettlamellen, die hohl lagen. Bei einer nahezu flächendeckenden Überprüfung mit einem Hohlstellensuchgerät wurden viele Ablösungen vom Untergrund festgestellt, teilweise nur über ein bis zwei Lamellen gehend, teilweise aber auch in einer Größenordnung bis zu einem halben Quadratmeter. Schätzungsweise 30 bis 40 Prozent der Parkettfläche waren abgelöst. An diesen Stellen betrug die Fugenbreite bis zu 0,5 mm.
Die Prüfung der Verklebung ergab: Bei nahezu allen Prüfstellen, unabhängig von den Hohlstellen, war beim Ablösen der Mosaikparkettlamellen ein hauchdünner Bruch in der oberen Zone des darunterliegenden Zementestrichs festzustellen.
An der Rückseite der Lamellen haftete der bei der Verlegung aufgetragene Kunstharzdispersionsklebstoff und darunter eine dünne Schicht des Zementestrichs an. Diese dünne Schicht ließ sich mit den Händen ablösen. Gitterritzprüfungen und Drahtbürstenbehandlungen zeigten, dass die obere Estrichzone weich war. Das Parkett lies sich, nachdem ein bis zwei Mosaikparkettlamellen herausgestemmt worden waren, großflächig mit einem Spachtel vom Untergrund ablösen.
Ursache der Parkettschäden
Die obere Estrichzone war zu weich und hätte bereits bei der Verlegung entfernt werden müssen. Bei der mechanischen Beanspruchung des Parketts durch das Schleifen sowie das Quellen des Holzes durch den Wasserlack ist es zu einer Überbeanspruchung und relativ schnell zu Parkettablösungen gekommen.
Die ungenügende Estrichfestigkeit war für den Auftragnehmer, der die neue Oberflächenbearbeitung des Parketts durchgeführt hat, nicht erkennbar. Zu seinen Prüfmaßnahmen vor Durchführung der Oberflächenbearbeitung gehört eine optische Prüfung der Parkettfläche und Abklopfversuche hinsichtlich Hohlstellen sowie ein genaues Hinhören während des Schleifens (Hohlstellen klingen anders). Zerstörerische Prüfmaßnahmen, d. h. das Ablösen einzelner Parkettlamellen ist nur dann erforderlich, wenn bereits Parkettablösungen festgestellt wurden.
Richtig geprüft …
Die beschriebenen Schäden und die Problematik beim Versiegeln von Altparkett sind allgemein bekannt, sodass der Auftragnehmer im Rahmen seiner Sorgfalts- und Hinweispflicht auf diese Sachverhalte bei Auftragsannahme unbedingt hätte hinweisen müssen.
In seinem Gutachten hat der Sachverständige klar ausgeführt, dass die Probleme innerhalb der oberen Zementestrichzone für den Auftragnehmer im Rahmen seiner Sorgfalts- und Prüfungspflichten am Untergrund nicht zu ermitteln waren und somit nicht in den Verantwortungsbereich des beauftragten Handwerkers für Parkettarbeiten fallen.
Trotz allem musste der Handwerker eine vollflächige Neuverlegung des Parkettbodens auf seine Kosten durchführen. Das Gericht wies in der Urteilsbegründung darauf hin, dass der Auftragnehmer seinen Auftraggeber im Rahmen des Verkaufsgesprächs über die Risiken aufklären muss.
… falsch beraten
Grundsätzlich ist Tischlern und Schreinern anzuraten bei der Überarbeitung einer alten Parkettfläche entsprechende Hinweise in schriftlicher Form bereits mit dem Angebot abzugeben, sodass der Auftragnehmer aufgrund von für ihn nicht erkennbaren negativen Sachverhalten, die alte Klebung und den Verlegeuntergrund betreffend, keine Gewährleistung übernehmen kann.
Bei einer Beratung vor Ort ist es ratsam, die Parkettfläche im Hinblick auf Hohlstellen akustisch z. B. mittels Abstreichen mit einem Hammer zu überprüfen und bei feststellbaren Problemen Bedenken anzumelden.
Auch beim Schleifen sollte auf Parkettab- und/oder -anlösungen geachtet werden, sodass dann immer noch die Oberflächenbearbeitung gestoppt werden kann.

Kompakt So sind Sie auf der sicheren Seite:
  • Weisen Sie den Auftraggeber bereits bei Ihrem Angebot schriftlich darauf hin, dass Sie für im Vorfeld nicht erkennbare Schäden bei Untergrund, Klebung etc. keine Gewährleistung übernehmen
  • Prüfen Sie beim Ortstermin das Parkett auf Hohlstellen (Abstreichen mit Hammer). Weisen Sie auf mögliche Probleme hin
  • Vorsicht beim Schleifen des Parketts: Achten Sie auf verdächtige Geräusche, die auf eine partielle Ablösung des Bodenbelages hinweisen könnten und stoppen Sie ggf. sofort die Bearbeitung
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