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Der lange Weg zum PK 15

Der Tischler und Möbeldesigner Poul Kjærholm im Porträt, zweiter Teil
Der lange Weg zum PK 15

Wenn die Entwurfsidee den technischen Möglichkeiten vorauseilt: Zweiter Teil des Porträts über den Tischler und Designer Poul Kjærholm.

Franz Agapitus Bankosegger-Heimerl

Angeregt durch die intensive Zusammenarbeit mit Ejnar Pedersen und dem Team von PP Møbler griff Poul Kjærholm 1979 die Idee wieder auf, einen Bugholzstuhl zu entwerfen. Ein früherer Entwurf aus dem Jahr 1961 scheiterte noch an den technischen Möglichkeiten in Holz und wurde 1964 in Stahlrohr mit gepolstertem oder geflochtenem Sitz als PK 12 für E. Kold Christensen umgesetzt. Mit dem Entwurf des PK 15 übertrug Kjærholm die Silhouette des PK 12 in einen dampfgebogenen Armlehnstuhl in Buche und verwendete für die Vorder- und Hinterbeine jeweils einen Stab. Beide wurden vor dem Biegen gedrechselt und an der Stelle, an der sie vom Bein im Winkel von 90 Grad zur Armlehne übergingen, kaum merklich verjüngt. Dadurch konnte das Holz gebogen werden, ohne zu brechen. An der Rückseite des Stuhls wurden beide Elemente mit einem kleinen, flachen Stück Holz verbunden und verstärkten so die Rückenlehne. Ein massiver Ring, nach hinten gewölbt und vorne abgeflacht, verband die vier Beine. Die Sitzfläche aus Rohrgeflecht sorgte für die optische Leichtigkeit. Das Band darunter stabilisierte die Beine.

Einen 2 m langen Holzstabes zu biegen, war auch für PP Møbler eine Herausforderung. Unterstützung holten sich Ejnar Pedersen und Poul Kjærholm bei der Gimla Möbelfabrik in Schweden mit umfassenden Erfahrungen im Dampfbiegen. Poul Kjærholm war inzwischen Professor für Möbeldesign und Raumkunst an der Architekturschule der Royal Academy of Fine Arts in Kopenhagen und hatte den Betrieb im Rahmen einer Studienfahrt 1979 besucht.

1980 produzierte PP Møbler zwanzig Exemplare des PK 15. Kjærholm’s Tod unterbrach die Arbeit. Sie bekam Ende der 1980er-Jahre neuen Aufschwung, als dänische Ingenieure eine Technik entwickelten, Holz vor dem Biegen zu komprimieren – das sogenannte Compwood-System.

Neue Möglichkeiten

Die Forschungen zum Compwood-System wurden von Schreinermeister Søren Holst Pedersen, zweite Generation bei PP Møbler, aufmerksam verfolgt. Als sie zu einer nutzbaren Technologie führten, entwickelte PP Møbler den ersten Prototypen und 1990 war es Poul Kjærholm’s PK 15, der erstmals aus komprimiertem Holz gefertigt wurde. Die neue Biegetechnik verwendete ausgesuchte geradfaserige, bis zu 3 m lange gehobelte Kanthölzer, die aufgewärmt und plastifiziert und anschließend in Längsrichtung auf 80 Prozent ihrer ursprünglichen Länge komprimiert wurden. Ein 3 m langes Kantholz wird dabei auf 2,40 m Länge zusammengedrückt. Nach der Entlastung dehnt sich das gestauchte Holz, es verbleibt jedoch eine Verkürzung von etwa 5 Prozent bezogen auf die ursprüngliche Länge. Mikroskopisch betrachtet verändern sich die Holzfasern zu einer Zick-Zack-Form. Durch die Veränderung der Zellen wird das Aussehen des Holzes nicht beeinträchtigt, doch wird es deutlich flexibler. Gebogene Teile aus gestauchtem Holz müssen wie bei der traditionellen Technik in einer Stützform fixiert werden, wobei die Teile nochmals auf 70 bis 100° C aufgewärmt, getrocknet und abgekühlt werden.

Übernahme durch Fritz Hansen

Zwischen 1990 und 2003 produzierte PP Møbler etwa dreihundert Stühle und bot sie in Natur, rot oder schwarz lackiert an. Dann wurde die Herstellung erneut unterbrochen, bis die Firma Fritz Hansen Interesse bekundete, die Produktion fortzusetzen und PP Møbler die Lizenz für den PK 15 an Fritz Hansen verkaufte. Im September 2023 erweiterte Fritz Hansen offiziell seine seit 1982 bestehende Poul-Kjærholm-Collection um den PK 15; angeboten in natur- oder schwarz lackierter Esche mit französischem Sitzgeflecht, wahlweise auch mit Lederpolster.

Angesprochen auf die hohen Preise seiner Möbel sagte Poul Kjærholm einmal: »Meine Objekte sind sehr teuer, werden es aber nicht immer sein.« Da irrte er sich: Der ab dem Frühjahr erhältliche Bugholzstuhl PK 15 kostet je nach Ausführung um 2900 Euro, Originale in Flachstahl, Leder und Peddigrohr aus der Zeit der Zusammenarbeit mit E. Kold Christensen kosten ein Vielfaches!

Thomas Kjærholm, der Sohn von Poul Kjærholm, sagte in einem Interview über seinen Vater: »Obwohl er Professor an der Royal Academy war, mochte er die Bezeichnung Schreiner, auf Dänisch Møbelsnedker. Es war seine erste Ausbildung; sie vermittelte ihm ein Verständnis für die Form und Funktion von Materialien. Er hatte eine Affinität zu Holz und übertrug diese dann auf Stahl. In den 1970er-Jahren kehrte er dann zum Holz zurück«.


Steckbrief

Ergänzende Inhalte zu diesem Beitrag sowie den ersten Teil
finden Sie auf ddsPlus:

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Der Designer

Poul Kjærholm
(1929–1980) war gelernter Tischler und Designer der skandinavischen Moderne

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