Im Kampf gegen die Überhitzung der Welt ruft Professor Dr. Hans Joachim Schellnhuber, Gründungsdirektor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), zu einer »globalen Bauwende und einer Transformation der gebauten Umwelt« auf. Ein neues Bauwesen müsse umgehend auf nachwachsende Rohstoffe setzen. Der Klimaforscher sowie Gründer und Co-Geschäftsführer der Initiative »Bauhaus Erde« war am 31. August als Keynote-Speaker in der Landesvertretung Hessen bei der Europäischen Union (EU) in Brüssel Gast der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Schellnhuber skizzierte Möglichkeiten, wie mit Holz der Weg zu mehr Klimaschutz beim Bau gelingen kann: »Die Rechnung ist simpel«, so Schellnhuber. »Wenn ein Baum wächst, nimmt er das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) auf. Bauen wir daraus ein Haus, wird nicht nur klimaschädlicher Stahlbeton substituiert, sondern auch CO2 langfristig gespeichert.« Schellnhuber fordert, »die gebaute Umwelt viel stärker ins Visier« zu nehmen. Denn weltweit habe der Gebäudesektor – vom Bauen über Konstruktion und Betrieb bis hin zum Abriss – einen Anteil von rund 40 Prozent an allen Treibhausgas-Emissionen. Und sogar 70 Prozent des Rohstoff- und Ressourcenverbrauchs werden durch den Bausektor verursacht. Es gebe Lösungswege zum Schutz vor Erderwärmung. Schellnhuber fordert, »die Klimakrise mithilfe natürlicher und gemanagter Kohlenstoffsenken zu überwinden – indem neben Landnutzung und Forstwirtschaft auch der Bausektor transformiert wird und in eine neue Ära führt.«
CO2 dauerhaft verbauen
»Global könnte man rund zwei Milliarden Gebäude aus Biomasse erschaffen – mit Baustoffen wie Bambus oder Holz. Auf diese Weise würde man in den nächsten 100 bis 200 Jahren ein Klima wie in vorindustrieller Zeit herstellen können«, so der Klimaforscher. Gefragt sind jetzt also die großen Lösungen, ein gemeinsamer, global abgestimmter und dauerhafter Veränderungsprozess. Und so nennt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde den künftigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen der Erde »eine Schlüsselfrage für die Menschheit«. Dabei spielt das Bauwesen eine zentrale Rolle. Aus Sicht der DBU habe Holz als nachwachsender Rohstoff eine besondere Bedeutung – vor allem mit Blick auf die Initiative »Neues Europäisches Bauhaus«. Damit möchte die EU-Kommission für für mehr Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit sowie Ästhetik in der gebauten Umwelt sorgen und positioniert sich in der Fortsetzung der Bauhausbewegung des 20. Jahrhunderts.
Kreislaufwirtschaft im Bau fördern
Bonde: »Wie wir leben und wohnen, hat erheblichen Einfluss auf den Klimawandel.« Die DBU widmet sich schon seit ihrer Gründung vor 30 Jahren der Architektur und fördert das klima- und ressourcenschonende Bauen. Referatsleiterin Sabine Djahanschah sieht großes Potenzial sowie Herausforderungen: »Wir müssen auch ran an den alten Gebäudebestand, die umfassende Kreislaufwirtschaft muss zur Leitidee im Bauwesen werden.« Tatsächlich ist das Einsparpotenzial riesig. Allein hierzulande wurden fast zwei Drittel der Gebäude vor 1977 und damit ohne nennenswerte Dämmung errichtet. Hinzu kommt die Option zur Aufstockung weiterer Etagen und Nachverdichtung im urbanen Raum in Holzbauweise.
Nach den Zielen der Bundesregierung sollen bis 2045 die Gebäude in Deutschland klimaneutral sein, also ohne Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase. Ähnlich ambitioniert ist die EU, die bis 2050 einen klimaneutralen Kontinent erreichen will. Der europäische Grüne Deal und das sogenannte Fit-for-55-Klimapaket sollen den Weg dahin ebnen. Teil des Pakets ist eine Novellierung der Gebäuderichtlinie, die Ende 2021 seitens der EU-Kommission vorgelegt wurde und unter anderem zu einer höheren Renovierungsrate führen soll.
Seit vielen Jahren verfolgt dds-Chefredakteur Christian Gahle die Diskussionen um nachhaltige, nachwachsende Werkstoffe. Nun ist es an der Zeit für wegweisende Entscheidungen, um überhaupt noch etwas bewirken zu können.
Klimaprämie in Bayern
Im Rahmen der Klimaoffensive »Klimaland Bayern« fördert der Freistaat den Einsatz von Holz im Hochbau. Die Zuwendungshöhe beträgt 500 Euro je Tonne der in den Holzbauelementen und -dämmstoffen gebundenen Kohlenstoffmenge. Die Förderung beträgt bis zu 200 000 Euro je Baumaßnahme. Um die Förderung zu erhalten, sind verschiedene Kriterien zu erfüllen und die Anträge müssen bis zum 31.12.2022 bei der Bewilligungsstelle eingegangen sein. Die Auszahlung erfolgt dann bis Ende 2023.
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