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Richtig lüften

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Richtig lüften

Fensterbauer werden von ihren Kunden häufig gefragt, wie man richtig lüftet und damit Schimmelprobleme vermeidet. Der Sachverständige Guido Straßer fasst die wichtigsten Aspekte zusammen.

Dipl.-Ing. (FH) Guido Straßer

Stoßlüften über die Fenster ist prinzipiell ein probates Mittel, um einen ausreichenden Luftwechsel in einem Wohngebäude sicherzustellen. Doch was tun, wenn niemand da ist der diese Arbeit erledigen kann? Und wie ist die Lüftung während der Nachtstunden zu bewerkstelligen, wenn ein Luftwechsel von 0,5 1/h nach DIN 4108–2 eingehalten werden soll, was bedeuten würde, dass das Luftvolumen einer Wohnung alle zwei Stunden vollständig erneuert wird.
Nicht zuletzt deshalb wird seit einiger Zeit darüber diskutiert, ob das Fenster bei der heutigen luftdichten, energiesparenden Bauweise als alleinige »Lüftungsanlage« ausreicht und ob bei Neubauten nicht generell eine mechanische Lüftungsanlage eingebaut werden sollte. Der Verordnungsgeber bzw. die Baubehörden sehen offenbar keinen Handlungsbedarf, wenn auch die Gesundheitsgefährdung durch Schimmelpilze, die gerade in Neubauten und sanierten Bestandsbauten häufig anzutreffen sind, bekannt ist und einen beachtlichen Umfang angenommen hat.
Was heißt »Stoßlüften«?
Stoßlüften bedeutet, dass der Fensterflügel vollständig geöffnet wird. Dabei ist zu beachten, dass vor dem Öffnen des Fensters die Heizung vollständig herunter zu drehen ist. Entsprechend dem Temperaturgefälle von Innen nach Außen findet der Luftaustausch schneller oder langsamer statt. Bei hinreichend niedrigen Außentemperaturen kann ein entsprechender Luftwechsel bereits nach wenigen Minuten erreicht werden.
Die angegeben Lüftungszeiten sind entsprechend den örtlichen Gegebenheiten sinnvoll anzupassen und sollten nicht überschritten werden, um ein Auskühlen der Räume zu vermeiden. Bei Bedarf ist es günstiger häufiger Stoß zu lüften, da dann nur die ausgetauschte Luft erwärmt werden muss und nicht unnötig Energie für das Wiedererwärmen der Bauteile, Wandoberflächen, etc. zu verwenden ist. Letztlich kommt es darauf, an die feuchte Raumluft durch kühlere Außenluft zu ersetzen, die bei Erwärmung dann die Feuchte des Raumes aufnehmen kann. Aber woher kommt die Feuchtigkeit eigentlich?
Ein Drei- bis Vier-Personen-Haushalt produziert ein bis zwei Kilogramm Wasserdampf pro Tag durch die Atmung und zusätzlich zwei bis drei Kilogramm durch das Kochen. Hinzu kommen weitere Feuchteproduzenten wie Pflanzen, Aquarien etc., sowie z. B. eine übermäßige Badbenutzung. Für eine Wohnung mit 75 m² Grundfläche bedeutet dies: Das Luftvolumen muss drei bis fünf mal am Tag vollständig ausgetauscht werden.
Hierfür bietet sich Stoßlüften aus den oben genannten Gründen an. Zur Beschleunigung des Lüftungsvorgangs können auch gegenüberliegende Fenster kurz geöffnet werden, um dadurch eine Querlüftung in der Wohnung zu erreichen. Vermieden werden sollten sogenannte Spaltlüftungen, d. h. geringfügiges Anlehnen der Fensterflügel oder Kippen der Fensterflügel über einen längeren Zeitraum, da dann in der kalten Jahreszeit die Räume und damit die Wandoberflächen auskühlen und die Gefahr der Tauwasser- und Schimmelpilzbildung ansteigt.
Was bringen Falzlüfter?
Nach DIN 4108–2 sind Undichtheiten in der Gebäudehülle nicht für den erforderlichen Luftaustausch (Luftwechsel) heranzuziehen. In Neubauten sind die nicht zu vermeidenden Undichtheiten in der Regel so gering, dass dadurch auch nicht annähernd der erforderliche Luftwechsel eingehalten werden kann. Ähnliches gilt für die sogenannten Spaltlüfter, die in Fensterfälze eingebracht, die Fenster wieder undicht werden lassen. Zwar schließen diese in der Regel bei Winddruck, so dass es wenigsten nicht zu unangenehmen Zugerscheinungen kommt, der erforderliche Luftwechsel wird mit diesen Systemen gewöhnlich jedoch nicht erreicht. Ohnehin ist der geforderte Luftwechsel von 0,5 pro Stunde gemäß DIN 4108–2 als Orientierungswert anzusehen, da letztlich das sich einstellende Innenraumklima von Bedeutung ist. Nach DIN 4108 sollte das Innenraumklima eine Lufttemperatur von 20 °C und dabei eine relative Luftfeuchte von max. 50 % aufweisen. Die relative Luftfeuchte von 50 % ist dabei aus bauphysikalischer Sicht als Grenzwert zu sehen, der nicht überschritten werden sollte.
Problemfall Schlafzimmer
Wenig beheizte Schlafzimmer weisen an den raumseitigen Außenwänden niedrige Oberflächentemperaturen auf. Oftmals werden diese Räume durch offen stehen lassen der Zimmertüren mit geheizt. In den Nachtstunden kommt es dann zu erheblichen Feuchteeinträgen durch die Ausatmung der Schlafenden. Wenn dann noch der Kleiderschrank an der Außenwand steht und dadurch die Wandoberflächentemperaturen nochmals nach unten gedrückt werden oder aufgrund der kalten Jahreszeit die Lüftung vollständig unterbleibt sind Schimmelpilzkulturen geradezu vorprogrammiert. Auch Schlafzimmer sind ausreichend zu heizen und zu lüften. Sofern eine niedrigere Lufttemperatur in Schlafzimmern gewünscht wird sollte unbedingt die Zimmertüre geschlossen gehalten und auch dann die Lüftung angemessen durchgeführt werden.
Pufferung und Auffeuchtung
Seit einigen Jahren wird auch der Feuchtepufferung verstärkt Beachtung geschenkt. Kurzzeitig erhöhte relative Luftfeuchten, wie diese nach einem Duschbad auftreten können, werden durch die im Raum befindlichen Materialien gepuffert bzw. reduziert. Dabei nehmen Holzvertäfelungen oder Putzlagen kurzeitig die Feuchte auf und geben diese über einen längeren Zeitraum wieder ab. Auch das Mobiliar, der Teppich und sogar die Vorhänge besitzen diese für das Raumklima insgesamt günstige Eigenschaft. Die relative Luftfeuchte bleibt durch die Pufferung unter den kritischen Werten wenngleich auch dadurch auf die Lüftung der Räume nicht verzichtet werden kann.
Kommt es zu anhaltend hohen relativen Luftfeuchten sind neben den schon erwähnten Schäden durch Schimmelpilzbildung auch erhöhte Energieverluste nicht auszuschließen. Aufgrund der anhaltend hohen relativen Luftfeuchte kann es zu Auffeuchtungen kommen in deren Folge sich die Wärmeleitfähigkeit der Außenwand erhöht. Feuchte Wände leiten Wärme deutlich besser nach außen als trockene Wände. Nach neueren Berichten zufolge sollen dadurch selbst Sanierungsmaßnahmen wie ein zusätzlich angebrachtes Wärmedämmverbundsystem und erneuerte Fenster nicht die erhofften Energieeinspareffekte erzielt haben.
Mechanische Lüftungsanlagen
Grundsätzlich ist das Fenster auch heute noch als »Lüftungsanlage« geeignet, wenn die Nutzer die Problematik kennen und entsprechend handeln. Wie beschrieben sollte bei 20 °C Lufttemperatur in Wohnräumen die relative Luftfeuchte nicht über 50 % ansteigen. Mit einer einfachen Wettermessstation kann die Lufttemperatur und die dazugehörige relative Luftfeuchte ermittelt, und bei Bedarf entsprechend gelüftet werden.
Weit komfortabler sind sicherlich mechanische Lüftungsanlagen, die heute keine allzu hohen Energieverbräuche mehr aufweisen und bei entsprechender Wartung und Pflege als unproblematisch anzusehen sind. In bestimmten Fällen sind mechanische Lüftungsanlagen geradezu zu empfehlen. Beispielsweise in Miet- und Eigentumswohnungen, wenn die Wohnungsnutzer gar nicht in der Lage sind bedarfsgerecht zu lüften, da diese einer Beschäftigung nach gehen. Aufgrund der in den letzten Jahren durchgeführten Gutachten kann beim Neubau von Miet- und Eigentumswohnung empfohlen werden generell eine mechanische Lüftungsanlage vorzusehen. Dabei kann es sinnvoll sein, diese dem Zugriff des Nutzers zu entziehen. Vollautomatische, feuchtegesteuerte Lüftungsanlagen, die nur durch das Wartungspersonal oder den Hausmeister bedient werden können, lassen sich so vor gut gemeinten Energiesparattacken (Abschaltungen) schützen.
Planer muss hinweisen
Auf die Notwendigkeit einer bedarfsgerechten Lüftung ist der Bauherr durch den planenden Fensterbauer oder Architekten hinzuweisen. Sofern dem Bauherrn bei einem Neubau die Problematik mit sämtlichen Konsequenzen eingehend erläutert wurde, ist davon auszugehen, dass er eine Fensterlüftung im herkömmlichen Stil bevorzugt. Auch bei Sanierungen sollte die ausführende Firma eingehend informieren.
In jedem Fall hat der Planer (Fensterbauer, Architekt) auch bei Fenstererneuerung eine entsprechende Hinweispflicht. Nicht zuletzt ist es nach neuerer Rechtssprechung den Mietern nicht zumutbar, dass diese mehrmals am Tag lüften (z. B. AG Frankfurt, Urteil vom 30.07.2007, Az: 33 C 1906/06), was schließlich nur bedeuten kann dass der Vermieter die Mieträume so auszustatten hat, dass die Lüftung der Wohnung auch nutzerunabhängig funktioniert.

Kompakt Praxistipps
  • stoß- oder querlüften statt spaltlüften
  • besser mehrmals kurz als einmal lang lüften
  • 50 % relative Luftfeuchte sollte nicht überschritten werden (bei 20° C Raumtemperatur)
  • Schlafzimmer ausreichend heizen oder Zimmertür geschlossen halten
  • Kellerfenster im Sommer tagsüber geschlossen halten, um das eindringen feuchtwarmer Luft zu vermeiden
  • als Fensterbauer den Kunden unbedingt auf die Notwendigkeit bedarfsgerechter Lüftung hinweisen
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