Jeder kennt das Treppchen bei der Olympiade: Gold, Silber, Bronze und drumherum zu Recht viele enttäuschte Gesichter. Leistungen, die um Bruchteile von Sekunden auseinanderliegen, entscheiden über Ehre, Förderungen und oft auch über Wendepunkte in Biografien. Bei der Guten Form auf Innungsebene müssen wir uns diesem Ranking nicht unterwerfen: Hier zählt es, alles Lobenswerte unbedingt zu loben – niemand hindert uns daran, Preise aufzuteilen, wenn Leistungen sehr nahe beieinanderliegen oder mit Sonderpreisen den Fokus auf Bestimmtes zu legen: etwa eine exzellente Fertigungsqualität, besondere Oberflächengestaltung oder Entwicklungsleistungen im Detail. Belobigungen können darüber hinaus Teilaspekte eines Gesellenstücks hervorheben. In der Tischlerinnung Wesel hat es bereits Tradition, bei der Guten Form mit ernst gemeinten Auszeichnungen nicht zu geizen: Strahlende Gesichter und die Freude über ein schönes Gestaltungsbuch bestätigen bei der Preisverleihung diesen eingeschlagenen Kurs.
dds-Redakteur Johannes Niestrath war als Mitglied der Jury Gute Form Wesel vor Ort und einmal mehr begeistert von dem großen gestalterischen Potenzial, das in vermeintlich einfachen Möbeltypen steckt.
Auch wenn nur ein Gesellenstück zum Landeswettbewerb aufrücken kann, ist jede Anerkennung Rückenwind für den weiteren Weg im Handwerk – und wer könnte den nicht gebrauchen! Wichtig dabei ist, aufrichtig zu benennen, was man als Jury besonders anerkennen möchte, denn noch entscheidender als Lob ist das Gefühl, ernst genommen zu werden. So kann manche Juryrunde sich sinnvoller mit der Frage beschäftigen, »Was wollen wir noch hervorheben?«, als damit, wer leer ausgeht, weil es eben nur drei Preise gibt.
Sechs Preise, drei Belobigungen
Bei der Jurierung der Guten Form Wesel haben wir uns im Juni dafür entschieden, neben dem ersten und dem dritten Preis zwei zweite und zwei Sonderpreise zu vergeben und darüber hinaus drei Belobigungen auszusprechen – macht neun Anerkennungen für besondere Leistungen! In diesem Beitrag zeigen wir einen der beiden zweiten Preise: Das Highboard von Leon Röstel in Kirschbaum fällt auf durch die seitlich in den Korpus eingesetzten Leisten, die sich über ein Flachprofil aus Messing zu Beinpaaren verbinden. Den weiteren zweiten sowie den ersten und dritten Preis zeigen wir dann in der Oktoberausgabe.
Weiter geht es mit Sonderpreisen für »Handwerkliche Perfektion« und »Technisch konstruktive Entwicklung« sowie zwei Belobigungen, die wir in dieser Ausgabe vorstellen: Eine Belobigung erhält Lennart Klos für die besondere Zargenkonstruktion eines Tisches aus massivem Ahorn, bei dem die linoleumbelegte Platte flächenbündig in das Gestell eingelassen ist. Belobigt wurde auch das Lowboard mit konischem Grundriss und abgerundeten Stirnseiten von Timon Wienhold, der richtungslose schwarze MDF mit einer vertikalen Gliederung der horizontal verlaufenden Maserung an dem zebranofurnierten Rollladen kombiniert – ihm ist ein wirkungsvoller Eyecatcher gelungen, mit dem wir diesen Beitrag aufmachen.
Handwerklich nahezu perfekt ausgeführt ist der klar gestaltete Schreibtisch von Maximilian Blank in Esche, HPL und Leder: Hier stimmt jede Fügung und jedes Detail, was die Jury zu einem Sonderpreis für »Handwerkliche Perfektion« bewogen hat. Anders geht Jonas Sütel an sein Gesellenstück heran: Hier ist ein improvisierter Charakter stilbildend. Die Jury erkennt in der sich selbst sichernden Höhenverstellung die »Technisch konstruktive Entwicklung« an.
In Wesel hat es sich bewährt, Sonderpreise immer nach den vorhandenen Stücken zu definieren. Es ist häufiger der Fall, dass Kategorien bereits festgelegt sind, insbesondere, wenn Sponsoren im Hintergrund stehen. Für ein authentisches Ergebnis ist es jedoch besser, Preise frei vergeben zu können.
Videotipp
Ausgewählte Gesellenstücke zur Guten Form auf Innungsebene Wesel zeigen wir auch als Reel/Video auf Instagram. Vorbeischauen lohnt sich!
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Sofa mit Stauraum
