1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite » Allgemein »

Interview mit dem neuen Häfele-Vorsitzenden Gregor Riekena

Interview mit dem neuen Häfele-Vorsitzenden Gregor Riekena
Produkte für die Welt

Gregor Riekena ist seit Januar 2023 Vorsitzender der Geschäftsleitung bei Häfele. Im Gespräch mit dds formuliert er die strategische Ausrichtung des Unternehmens für die Zukunft.

Herr Riekena, Sie übernehmen die Geschäftsführung bei Häfele an einem markanten Punkt der Unternehmensgeschichte, die 1923 begann. Was bedeutet es für Sie persönlich, Häfele in die nächsten 100 Jahre zu führen?

Wir haben uns bewusst entschieden, den Geschäftsführerwechsel als Wegmarke an den Anfang des Jubiläumsjahres zu setzen. Diesen neuen Abschnitt mit einem neuen Gesicht zu beginnen, ist eine große Chance. Ich durfte die letzten 12 Jahre bereits mitgestalten und bin voller Respekt und Wertschätzung für die Vergangenheit des Unternehmens. Keine zwei Prozent aller Unternehmen in Deutschland bestehen länger als 100 Jahre. Es ist daher eine besondere Verantwortung und Freude, gemeinsam mit einem starken Team den Grundstein für das nächste Kapitel zu legen!


»Wir möchten es Tischlern und Schreinern ermöglichen, für ihre Kunden Mehrwert zu schaffen.«

Gregor Riekena

 

 


Welche Ziele sind Ihnen ganz besonders wichtig?

Wir bei Häfele möchten diese Wegmarke als Rückblick und Ausblick nutzen: Was hat das Unternehmen erfolgreich gemacht? Ich habe die Strategieentwicklung im Januar 2022 gemeinsam mt Sibylle Thierer aufgenommen und gemeinsam haben wir die Strategie 2030 entwickelt, die wir auf der Interzum vorstellen werden. Im Mittelpunkt steht unser Leistungsversprechen, das wir aus Perspektive unserer Kunden überprüft und reflektiert haben, was aktuelle Themen sind. Wir haben diesen Prozess nicht am Schreibtisch entwickelt, sondern weltweit Interviews geführt: Was hat die Partnerschaft mit Häfele in den letzten Jahren ausgemacht, was kann anders werden? Was beschäftigt unsere Partner aktuell und was ist für die Zukunft wichtig? Wir wollen Zukunft gestalten, daraus leiten sich Unternehmenskultur und letztlich der Unternehmenszweck ab: Was treibt uns an, unsere Lebensenergie hier und nicht woanders einzubringen? Gemeinsam mit unseren Partnern wollen wir Lebensräume, Arbeits- und Wohnräume hochwertig gestalten. Unsere Kunden sind dann erfolgreich, wenn wir ihnen helfen, einen guten Job zu machen. Das betrifft auch die Investoren hinter den Projekten, auch die nehmen wir in den Blick und wollen, dass sie Erfolg haben.

Anfang des Jahres legte ein Cyberangriff die Geschäftstätigkeit bei Häfele lahm. Ist das bereits überstanden und haben sich daraus Veränderungen für Ihre Kunden ergeben?

Wir haben von Kunden weltweit positive Resonanz auf unsere transparente Kommunikation und viel Verständnis für vorübergehende Einschränkungen erfahren. Der Neuaufbau der Strukturen ist weitgehend abgeschlossen und unsere Leistungsfähigkeit wiederhergestellt. Bis auf ein Reset der Passwörter bleibt auf Kundenseite alles unverändert. Wir haben diese Herausforderung gemeistert und sind umso mehr in Aufbruchstimmung, unsere Energie gemeinsam mit unseren Kunden auf die kommenden Meilensteine zu richten!

Häfele hat 2022 einen Jahresumsatz von rund 1,87 Mrd. Euro erwirtschaftet. In welchem Markt sehen Sie derzeit das größte Potenzial für weiteres Wachstum?

Man spricht viel über das Wachstumspotenzial in Asien, doch kann man auch anderswo wachsen. Aus meiner Sicht gibt es nicht mehr den einen Wachstumsmarkt. Daher versuchen wir, uns möglichst breit aufzustellen. In Mittel- und Lateinamerika liegen große Wachstumschancen, aber auch in Europa und Osteuropa. Tatsächlich gibt es einen großen Bedarf in Südostasien, angepasst an den Entwicklungsgrad der Gesellschaften. Die Metathemen sind in Asien die gleichen wie in Europa. Auch in Deutschland kann man wachsen, wenn man fragt: Was können wir neu entwickeln, wo sind die Potenziale? Ein Beispiel: Betreiber von Businesshotels könnten resignieren, dass weniger gereist wird. Wir fragen, welche Chancen sich daraus ergeben: Hotelzimmer lassen sich auch multifunktional nutzen, etwa als Coworking-Space, wenn man sie entsprechend ausstattet.

Der Häfele Kosmos wird immer komplexer: Mit Nimbus ist ein Beleuchtungsspezialist hinzugekommen und mit Moebelplus kann man über Häfele Elektrogeräte beziehen. Wie nimmt das Handwerk diese Sparten an?

Über den Beschlag hinaus Möbel wertvoller zu gestalten, kommt gut an, das Geschäft entwickelt sich. Für wen machen wir das? Für den Handwerker, der die Möbel baut, für denjenigen, der mit diesen Möbeln Lebensräume gestaltet und letztlich für alle, die sie in ihrer Funktionalität nutzen. Wir profitieren von dem, was wir uns aufgebaut haben, aber wir wollen auch einen guten Teil der Energie aufwenden für Impulse, die in die Zukunft führen. Zum Beispiel Licht als durchgängiges Angebot, weil es das so noch nicht gibt.

Konnektivität im Innenausbau haben viele Handwerker noch kaum im Blick. Verschlafen Tischler und Schreiner hier eine potenziell umsatzstarke Entwicklung?

Das Thema ist lange in den Startlöchern und hat noch nicht abgehoben. Das wird es aber, davon sind wir überzeugt. Wichtig ist, zu unterscheiden, was Spielerei ist und was wirklich Sinn macht. Licht ist dafür ein ideales Beispiel: Umfassende Lichtszenen auf ein Bedürfnisprofil anzupassen, ist durch Vernetzung erst möglich geworden. Häfele bietet vernetzte Lichtanwendungen im Möbel und im Raum auf 24-V-Basis, die sich in einem Standard konfigurieren, programmieren und per Schalter oder App bedienen lassen. Damit können Tischler und Schreiner für ihre Kunden einen bedeutenden Mehrwert schaffen.

Es geht nicht mehr allein um konkrete Produkte wie Beschläge, es kommen auch Dienstleistungen wie die Häfele Plus-Services hinzu. Wie vermitteln Sie diese Fülle?

Es geht dabei um die Prozesseffizienz unserer Kunden. Wir versetzen uns in die Prozesse hinein mit dem Ziel, Bausteine zu übernehmen, die den Tischlern und Schreinern das Leben erleichtern. Wir fokussieren uns auf Themen, wo wir uns sinnvoll einklinken können, um eine möglichst komplette Wertschöpfung zu ermöglichen. Licht im Möbel mit Licht im Raum zu verschmelzen, ist so ein Ansatzpunkt. Es gibt Pioniere, die das Potenzial erkennen und die begeistert solche Impulse aufnehmen.

Die Häfele-Akademie bietet interaktive Schulungsprogramme zu Möbel- und Ausbauthemen an, etwa zu Schiebetüren und Licht. Wie entwickelt sich dieser Bereich?

Wir sind jetzt dabei, das groß aufzuziehen. Ursprünglich waren die Schulungen offline gedacht, dann kam Corona und wie viele andere haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich manches sehr gut online kommunizieren lässt. Dennoch findet Schulung auch vor Ort statt, gewissermaßen als Fortsetzung unserer Roadshow beim Kunden, oder wir laden Teilnehmer zu uns ein. Um Lichtwirkungen anschaulich zu machen, ist die neue Häfele-Location »Blackbox« in Stuttgart perfekt geeignet.

Häfele hat derzeit Niederlassungen in 38 Ländern und beschäftigt rund 8000 Mitarbeiter. Profitieren auch die Kunden in Deutschland von dieser Internationalität?

Was in Deutschland geschieht, hat weltweit Ausstrahlkraft. Ebenso nehmen wir Ideen aus der ganzen Welt auf. Den Impuls für unser Sockelverstellsystem haben wir aus Neuseeland bekommen! Mehr noch als die Endkunden profitieren alle Handwerker von Arbeitsabläufen, die ergonomischer und wirtschaftlicher werden. Wir denken Produkte immer für die Welt! Deutsche Kunden, die im Ausland aktiv sind, profitieren von global zertifizierten Produkten. Das Beispiel Licht im Möbel zeigt, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind.

Der »Große Häfele« ist seit 1971 ein Standardwerk in fast jeder Tischlerei und Schreinerei.  Herr Riekena, wann wird die Website den gedruckten Katalog ablösen?

Es wird weiterhin beides geben. Die Kunden geben vor, was sie brauchen – wir überlegen uns nicht, wann schaffen wir den Katalog ab! Es gibt bei Tischlern und Schreinern ein breites Spektrum zwischen digitaler Avantgarde und eher manuell geprägten Betrieben. Wir passen uns dieser Bedürfnislandschaft an.

Wenn Sie den Messevorhang schon mal einen Spalt weit öffnen: Welche Neuheiten dürfen Tischler und Schreiner auf der Interzum erwarten?

Im Bereich Beleuchtung ist das durchgängige 24-Volt-System unser Highlight. Bei den Beschlägen zeigen wir zum Beispiel den Klappenbeschlag Free Slim, der sich für alle Öffnungsarten am Oberschrank voll in die Korpuswand integrieren lässt. Elektrisch betrieben ist die Aufbauhöhe geringfügig höher. Materialseitig wie fertigungsbezogen ist der Free Slim sehr gut durchdacht, hier haben wir mit Egger und Homag zusammengearbeitet. So ist uns ein echter Innovationsprung gelungen, der den vom Kunden wahrgenommenen Wert der Ausbauleistung deutlich steigern kann.

Mit Blick auf 100 Jahre Häfele: Welche Termine sollten sich Tischler und Schreiner im Kalender notieren?

Die großen zentralen Plattformen sind für uns die beiden Messen Bau und Interzum. Darüber hinaus wird es im Herbst auch noch regionale Formate zum Jubiläum geben.


Das Interview führten dds-Chefredakteur Christian Gahle und dds-Redakteur Johannes Niestrath.


Steckbrief Gregor Riekena

Gregor Riekena ist bei Häfele im Jahr 2011 als Betriebswirt in der Position des Marketingleiters eingestiegen und wurde vier Jahre später als Chief Marketing Officer in die Geschäftsleitung berufen. Seit Januar 2023 ist er als Nachfolger von Sibylle Thierer Vorsitzender der Geschäftsleitung des weltweit agierenden Familienunternehmens.

www.haefele.com


Weitere Beiträge zu Häfele

Aktuelles Heft
Titelbild dds - das magazin für möbel und ausbau 4
Aktuelle Ausgabe
04/2024
EINZELHEFT
ABO
dds-Zulieferforum
Tischlerhandwerk in Zahlen

Zahl der Betriebe im Tischlerhandwerk

dds auf Facebook


dds auf YouTube

Im dds-Channel auf YouTube finden Sie:
– Videos zu Beiträgen aus dds
– Kollegen stellen sich vor
– Praxistipps-Videos
– Maschinen & Werkzeuge

Abonnieren Sie dds auf YouTube »