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Am selben Ende des Stranges ziehen

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Am selben Ende des Stranges ziehen

Auf Einladung der ZEG Zentraleinkauf Holz + Kunststoff eG trafen sich Ende 2011 hochkarätige Branchenvertreter zu einem Expertengespräch in Frankfurt. Thema: Wie können Handwerk, Handel und Industrie gemeinsam den Wandel gestalten? Louis Schnabl hat die wichtigsten Aspekte zusammengefasst.

Louis Schnabl, Institut für Kommunikation Bau und Technik IKBT

Die Branche ist im Umbruch. Was gestern noch selbstverständlich war, ist heute infrage gestellt, und niemand weiß, was morgen von traditionellen Strukturen noch übrig bleibt. Welchen Erwartungen muss die Industrie gerecht werden? Wer versorgt künftig das Handwerk: Genossenschaft und Fachgroßhandel oder Baumarktketten? Und welches Handwerk – den klassischen Schreiner mit Werkstatt und eigenem Lager oder den »fahrenden Schreiner« mit Montagefahrzeug und Laptop?
Sichere, zukunftsfähige Versorgungskonzepte für das holzverarbeitende Handwerk – kaum eine Leistung stellt Industrie und Handel gegenwärtig und noch mehr in naher Zukunft vor vergleichbare Herausforderungen. Die Rahmenbedingungen und die Anforderungen ändern sich dramatisch. Ein zentraler Punkt hierbei: die Logistik.
Datenflut und Verkehrsstaus
Immer schneller mit E-Logistik, immer langsamer mit dem Lkw. Während die virtuellen Waren blitzschnell durchs Netz geschoben werden, tobt auf den Straßen der Wettbewerb um freie Fahrt. Immer mehr Fahrzeuge tummeln sich auf einem Straßennetz, das für diesen Verkehr nicht ausgelegt ist und das realistischerweise mit dem Wachstum des Verkehrsaufkommens nicht Schritt halten kann. Die Nachfrage nach immer kleineren Losgrößen und immer schnellerer Verfügbarkeit tut ein Übriges. Um die schnelle Verfügbarkeit flächendeckend in der Region sicherzustellen, wird sich vieles verändern. Liegt die Zukunft im großen Zentrallager, in der dezentralen Lagerhaltung vor Ort oder im rollenden Lager auf der Ladefläche? Oder im vernetzten System kleiner Läger mit zentralem Durchgriff? Letztlich wird wohl die Dezentralisierung der Läger weiter fortschreiten. Das allerdings geht unter dem Kostenaspekt nur in Verbindung mit einer intelligent gesteuerten Vernetzung mit zentralen Lägern und mit intelligenter Disposition.
Der Handel als Dienstleister
An diesem Beispiel wird deutlich, dass sich der Fachhandel künftig völlig neuen Anforderungen zu stellen hat. Ist der konventionelle Fachhandel, so wie er heute agiert, bald Legende? Provozierend gefragt: Brauchen wir ihn überhaupt noch? Sicherlich nicht in der überlieferten Form. Er muss sich neben seinen Beschaffungs- und Lagerhalterfunktionen zwingend zum umfassenden Dienstleister entwickeln, der sich von den Baumarktketten abhebt. Ob Finanzierung, Versicherung, Schulung, Marketing-Kommunikation, ob Ausschreibungshilfen im Objektgeschäft und anschließend passgenaue Kommissionierung und Lieferung auf die Baustelle – es gibt viel zu tun, was die Händler, die den Strukturwandel bis heute überstanden haben, entweder schon in Teilen umgesetzt haben oder umsetzen müssen, um auch künftig im Geschäft mitzumischen. Sicher nicht als Insellösung – die würde auch den leistungsfähigen Fachhändler überfordern –, sondern in enger Verzahnung vor allem mit der Industrie.
Megatrend Nachhaltigkeit
Die Industrie ist auch gefordert, wenn es um einen anderen Megatrend geht: Bauen und Sanieren mit Zukunft heißt Nachhaltigkeit, also in Konsequenz umweltgerechte Bauprodukte. Wie können wir in Deutschland wirklich Vorreiter und Beispielgeber für umweltgerechtes Bauen werden? Welche Anforderungen müssen wir erfüllen? Wie können wir nachhaltiges Bauen und Sanieren in Breite und Tiefe unserer gemeinsamen Leistung verankern? Wie wirken sich umweltgerechte Baustoffe auf die Kosten aus? Wie leistungsfähig sind Bauindustrie, Planer, Handel und Verarbeiter in der schnellen Umsetzung dieses neuen Denkens im Markt?
Immer neue Anforderungen kommen hier auf die Baubeteiligten und den Bauherren zu. Wobei häufig das Bekenntnis mit großen Worten das Papier nicht wert ist, auf dem diese stehen. Hier kommt auf die Industrie etwas zu, worauf sie sich, wenn nicht schon geschehen, schon jetzt gut vorbereiten sollte.
Ab 2013 verlangt die EU für Bauprodukte einen Nachhaltigkeitsnachweis. Hier hat die Holzbranche gute Karten. Holz hat in Sachen Nachhaltigkeit ein hervorragendes Image – in dieser Hinsicht haben andere Werkstoffe es deutlich schwerer. Man muss nur mit diesem Pfund auch wuchern. Und es auch in der Marktkommunikation emotional deutlich mehr auf die Schiene bringen als bisher. Nicht nur da, wo es um Kaufentscheidungen der Endverbraucher geht. Sondern auch da, wo Menschen eine Berufsentscheidung treffen.
Knappe Ressource Mensch
Denn damit die Branche – Verarbeiter ebenso wie Industrie und Handel – nachhaltig Zukunft entwickeln kann, sind nicht nur nachhaltige und innovative Produkte gefragt, sondern auch innovative Menschen, die eine nachhaltige Geschäftsentwicklung ermöglichen.
Haben wir heute die richtigen Konzepte für die Ausbildung der benötigten Spezialisten am Bau, damit Innovationsprojekte in Deutschland nicht an der demographischen Realität scheitern? Hat unser Handwerk überhaupt die personelle Basis für eine erfolgreiche Zukunft? Wo kommen die Spezialisten im Handwerk her, die die Herausforderungen neuer Bauabläufe, innovativer Materialien und Systeme oder die Mehrwertkonzepte der Industrie annehmen?
Nachdem »die Ressource Mensch« angesichts des demografischen Wandels zunehmend zur »Mangelware« wird, steht die Branche nicht nur im Wettbewerb um den Kunden, sondern auch im Wettbewerb um den qualifizierten und motivierten Nachwuchs.
Wo Industrie und Handel es noch etwas leichter haben, schlägt im Handwerk der Strukturwandel negativ zu Buche. »Fahrende Schreiner« fallen als Ausbildungsbetriebe aus. Die klassischen Betriebe, ohnehin durch hohe Kosten belastet, müssen über ihren eigenen Bedarf hinaus einspringen. Wobei auch Azubis aufs Jahr gerechnet einen fünfstelligen Kostenfaktor darstellen. Oder einen Investitionsfaktor? Das ist nicht nur eine Frage des Blickwinkels, sondern auch eine Frage der Imagepflege.
Potenzial für positives Image
Ausbildung als Beitrag zu nachhaltiger gesellschaftlicher Entwicklung ist ebenso eine Botschaft wie die Nachhaltigkeit im Produktbereich. Dass die Ausbildungsleistung der Branche in der PR-Arbeit nicht viel stärker genutzt wird, ist eine sträfliche Vernachlässigung. In dieser Hinsicht gibt es noch viel Potenzial. Zukunftsfähigkeit hängt jedoch nicht nur vom Vorhandensein geeigneter Potenziale ab, sondern auch davon, wie sie erschlossen und genutzt werden.

1. ZEG-Expertengespräch Die Teilnehmer:
Gerd Fähler, Vorstand Vertrieb und Marketing ZEG, Stuttgart Louis Schnabl, Institut für Kommunikation Bau und Technik IKBT, Düsseldorf Hans Peters, Geschäftsführer Institut Bauen und Umwelt e.V., Königswinter Ulrich Simon, Simon Schreinerwerkstätte GmbH, Hupperath Thomas Göbel, Geschäftsführer Gesamtverband Deutscher Holzhandel e.V., Berlin Sven Mischel, Geschäftsführer Creative Partner GmbH & Co. KG, Leonberg Prof. Dr. Matthias Zscheile, FH Rosenheim
Rainer Zumholte, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing Pfleiderer Industrie GmbH und Wodego GmbH, Gütersloh

1. ZEG-Expertengespräch Hintergrund
Die ZEG Zentraleinkauf Holz + Kunststoff eG mit Sitz in Stuttgart ist eine Genossenschaft, »die im Sinne des genossenschaftlichen Gedankens holzverarbeitende Betriebe bei der Wahrnehmung ihrer Interessen unterstützt«. Rund 3300 Mitglieder kaufen derzeit bei der ZEG Schnittholz und Furnier, Platten, Türen, Bau- und Möbelbeschläge, Handwerkszeug u.v.m. Die ZEG verfügt in Deutschland über 15 Standorte und beschäftigt rund 800 Mitarbeiter.
ZEG Zentraleinkauf Holz + Kunststoff eG 70435 Stuttgart Tel. (0711) 13666-0, Fax: -410 www.zeg-holz.de
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