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Nullfuge jetzt auch mit Plasmatechnik

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Nullfuge jetzt auch mit Plasmatechnik

Eine fast fugenfrei angefahrene Kante – Homag und Ima realisieren das mit Lasertechnik. Ein dünner schmelzbarer Polymerfilm und eine präzise Temperatursteuerung machen es möglich. Ähnlich arbeitet das neue Düstec- Plasmaverfahren für Neumaschinen oder zum Nachrüsten. Es soll bald auch für Handwerker erschwinglich sein.

Die Erfindung der Plasma-Kantenanleimtechnik ergab sich zufällig. Der Seniorchef von Niemann Möbelteile Wilfried Niemann und sein Entwicklungsleiter Reinhard Schumacher befassten sich im Herbst 2008 mit der damals neuen Lasertechnik. Laserprojektoren erhitzen kurz vor der Andruckrolle eine hauchdünne Polymerschicht auf der Kantenbandrückseite. Die exakte Temperatur unmittelbar vor dem Andruck und die dünne Polymerschicht führen zu der hervorragenden Verklebung, die in der Branche Nullfuge heißt. Als die beiden so eine Anlage besichtigten, fiel ihnen ein Ereignis aus dem Jahr 2006 ein, dem sie damals keine große Bedeutung beimaßen: Ihre Plasmaanlage, die sie seit 2001 zum Reinigen von Aluminiumkantenbändern benutzen, wurde damals überholt. Beim Wiedereinfahren der Anlage fing eine Alukante Feuer. Das Plasma hatte das Aluminium auf den Siedepunkt von fast 2500 °C erwärmt. Reinhard Schumacher führte das auf eine Überdimensionierung des Aggregates zurück, was sich leicht korrigieren ließ. Beim Betrachten des Laser-Kantenanleimprozesses war beiden schlagartig klar, was der Laser kann, nämlich einen Polymer- oder Klebstofffilm exakt dosiert erwärmen, kann die Plasmadüse auch, und das zu günstigeren Anlagenkosten, mit geringerem Energieverbrauch. Außerdem waren die Probleme mit unterschiedlicher, kantendesignabhängiger Reflexion des Lasers nicht zu erwarten. Niemann und Schumacher entschieden sich, eine eigene Entwicklung voranzutreiben.

Niemann nahm den Hersteller seiner Plasmaanlage, Plasmatreat, und den Klebstoffhersteller Jowat mit ins Boot. Plasmatreat entwickelte ein passendes Plasmatool samt Generator und Transformator, die das an eine Schweißbrennerflamme erinnernde Plasma auf das Kantenmaterial richtet. Jowat entwickelte einen thermoplastischen Polyurethan-Klebstoff (TPU), einen EVA- und einen APAO-Klebstoff auf Polyolefinbasis. Der EVA-Kleber eignet sich für Hochgeschwindigkeitsanlagen mit bis zu 90 m/min, der TPU für die Nullfugenkante und der zurzeit noch nicht erhältliche APAO für eine mittlere Qualität.
Zum Sommer drei Pilotanlagen
Plasmatreat baute bei Niemann eine bestehende Kantenanleimmaschine um, sodass sich die Beleimstation mit wenigen Handgriffen gegen die Plasmadüse austauschen lässt. Mit Plasmadüse eignet sich die Maschine für einen Vorschub von 30 m/min und eine Kantenbandbreite von 22 mm. Die Umrüstkosten liegen deutlich unter 100 000 Euro. Niemann und Plasmatreat entwickeln zurzeit eine weitere Lösung für handwerkliche Anwender die auf lediglich 10 m/min ausgelegt ist, aber dafür deutlich günstiger im Preis sein soll. Außerdem entsteht gleichzeitig eine Hochleistungsmaschine mit 90 m/min. Beide Anlagen sollen bis zum Sommer fertig sein. Darüber hinaus wollen die Beteiligten auch BAZ-Verleimteile auf Plasma umrüsten.
Die Plasmatechnik eignet sich sowohl für die Nullfuge als auch für den Hochgeschwindigkeitsbetrieb und ist deutlich preiswerter als die Lasertechnik. Außerdem verbraucht sie nur 7,5 kW Strom statt 17 wie bei einem Schmelzkleberbecken üblich. Auch schwankende Werkstoffeigenschaften, wie Material, Glanzgrad, Farbe, Reflexionsverhalten oder Dicke bewältigt die Plasmatechnik ohne Probleme.
Die Marke Düstec
Niemann hat die verfahrens-/vorrichtungstechnischen Erfindungen zum Patent angemeldet. Plasmatreat stellt die Düsentechnik her, Jowat liefert die Kleberkomponenten. Die Maschinenhersteller und Plasmatreat nehmen die Neuinstallationen und Nachrüstungen vor. Ima wird das Düstec-Verfahren auf der Messe Xylexpo vom 4. bis 8. Mai in Mailand präsentieren. Um die Technologie zu etablieren, gründete Niemann die Düstec GmbH, sie hält die weltweiten Vermarktungsrechte. Düstec fungiert als Marke für das Verfahren. Ziel ist es, möglichst viele Partner aus den Bereichen Maschinen- und Kantenherstellung, sowie Dienstleister und Händler zu gewinnen. Über das Düstec-Logo, das die Systemkompatibilität garantiert, wacht die Düstec GmbH. GM

Service Die bisherigen Kooperationspartner
  • Düstec GmbH, www.duestec.de
  • Jowat AG, www.jowat.de
  • Ima Klessmann GmbH, www.ima.de
  • Plasmatreat, www.plasmatreat.de
  • Döllken GmbH, www.surteco.com
  • Rehau AG, www.rehau.de

  • Hintergrund Das Plasmaverfahren für die Nullfugenkante
    Plasma schmelzt die Klebeschicht des Kantenbandes kurz vor dem Andruck.
    Energiezufuhr ändert die Aggregatzustände: Aus fest wird flüssig, aus flüssig wird gasförmig. Wird einem Gas weitere Energie zugeführt, ionisiert es und wird zu Plasma (Gas in einem angeregten Zustand), dem sogenannten vierten Aggregatzustand. Bei der Plasma-Kantenanleimtechnik wird das aus einer Düse austretende Luftplasma auf die Rückseite eines beschichteten Kantenmaterials gerichtet. Dort wirkt die Plasmaenergie auf die Moleküle der aktivierbaren (Klebstoff)-Beschichtung, erwärmt diese und macht sie klebrig.
    Die Plasmatechnik kommt von der Plasmatreat GmbH und heißt »Openair«-Plasmatechnik. Üblicherweise wird mit der Plasmatechnologie Openair die Oberflächenenergie von Kunststoffen, Metallen oder Glas um ein Vielfaches erhöht. Damit lassen sich nachgeschaltete Prozessschritte wie beispielsweise das Beschichten, Bedrucken oder Kleben in einer sehr rationellen, effizienten und umweltschonenden Weise durchführen.
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