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Formatfrage

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Formatfrage

Entspricht das seit fast 50 Jahren im Holzhandel gängige Plattenformat von ca. 2,75 x 2,10 m noch den Bedürfnissen der Tischler und Schreiner? dds befragte BHKH-Präsident Günter Füllgraf, Claus Seemann, Qualitätsgemeinschaft Holzwerkstoffe und Wodego, sowie Josef Plößl, Holzhandelsverband GD-Holz.

Einigen Tischlern und Schreinern ist das Plattenhandelsformat von etwa 2,75 x 2,10 m viel zu groß und unhandlich, anderen ist es zu klein. Bräuchten wir nicht verschiedene Handelsformate?

Günter Füllgraf: Die richtige Größe einer Platte hängt unter anderem von der Fertigungsmenge, der maschinellen Ausstattung und dem Quadratmeterpreis ab. Hier ist das Tischler- und Schreinerhandwerk äußerst vielfältig. Es gibt eine ganze Reihe von Betrieben mit liegenden Plattensägen und entsprechender Beschickung. Mit größeren Platten erzielen sie höhere Ausbeuten. Andere Tischler und Schreiner bevorzugen kleinere Maße, zum Beispiel Plattengrößen, die auf Baustellen händelbar sind. So gesehen spricht nichts gegen verschiedene Handelsformate. Es muss sich für beide Seiten lohnen.
Welches Alternativformat wünscht sich denn der Tischler und Schreiner?
Füllgraf: Ich denke, der Standard ist gut abgedeckt. Lediglich für den Objektbereich brauchen wir heute Platten bis 3,20 m Länge. Der Handel hat sich darauf zum Teil schon eingestellt.
Welche Vorteile bieten kleinere Platten, welche Nachteile?
Füllgraf: Gutes Handling ist ein klarer Pluspunkt kleinerer Platten, allein schon aus Gründen des Arbeitsschutzes. Passt das Format zudem gut zum betrieblichen Ablauf, stimmt auch der Verschnittsatz. Dies muss aber immer auftragsbezogen gesehen werden. Man darf auch nicht vergessen: Das Handwerk fertigt in vielen Fällen nicht nur vom Design her individuell. Zu einem Innenausbau gibt es immer ein zugehöriges Maß. Auf der anderen Seite erhöhen kleinere Platten den Logistikaufwand der Hersteller. Das dürfte sich im Preis niederschlagen.
Die Kollegen in den USA schneiden gerne auf dem BAZ zu (Nesting). Ihr kleineres Handelsformat von 8 x 6 feet (2,44 x 182 m) macht es möglich, denn sie benötigen auch eine viel kleinere und günstigere Maschine. Bremst hier das große Format nicht viele Betriebe aus?
Füllgraf: Natürlich, neue Technologien wie das Nesting verlangen angepasste Lösungen. Ich glaube jedoch nicht, dass kleine Betriebe durch große Plattenmaße ausgebremst werden. Ich habe noch nie gehört, dass ein richtiger Tischler nicht eine Platte teilen konnte, um sie einlagern zu können.
Sind die Tischler und Schreiner bereit, für die Auswahlmöglichkeit zwischen einem kleinen und einem großen Format einen höheren Quadratmeterpreis zu zahlen?
Füllgraf: Heute hat niemand etwas zu verschenken. Für einen Betrieb muss es sich lohnen, ein kleineres Format zu beziehen. Das hängt unter anderem vom Mindermengenzuschlag und dem Verschnittsatz ab. Unter Berücksichtigung von Lager- und Transportkosten gilt es, ein Optimum zu finden. Ich kann nur sagen: Das Handwerk freut sich immer über attraktive Angebote.
Wäre es sinnvoll, das oder die Handelsformate zu normen?
Füllgraf: Die Abmessungen von Platten zu normen, halte ich nicht für sinnvoll, allein schon aus Kostengründen. Ein Normungsauftrag kostet Geld und bringt viel Aufwand für die notwendige Sacharbeit mit sich. Hier ist eher der Markt gefragt. Manche Dinge sollten Angebot und Nachfrage regeln.
Fragen die Kunden der Holzwerkstoffindustrie alternative Plattenformate nach?
Claus Seemann: Die Plattenbreite beträgt bei den meisten Holzwerkstoffherstellern etwa 2,10 m. Der Handel fragt speziell für seine Kunden aus dem Objektbereich zunehmend nach einer alternativen Plattenlänge zwischen 3,20 und 3,30 m. Es heißt, dass gerade der Objekteinrichter mit dieser Länge seinen Verschnitt deutlich reduzieren kann. Eine große Nachfrage nach kleineren Formaten wie das in den USA und Nordamerika übliche 8 x 6 feet (2,44 x 182 m) ist bei unseren Plattenherstellern kaum zu verzeichnen.
Liegt dies daran, dass kein Bedarf besteht, oder wissen sich die kleineren und werkstattlosen Betriebe anders zu helfen?
Seemann: Vor allem die werkstattlosen Betriebe suchen sich zunehmend Kooperationspartner auf regionaler Ebene, die mit einem leistungsfähigen Maschinenpark ausgestattet sind und kurzfristig Zuschnitte ausführen können.
Sehen einzelne Holzwerkstoffhersteller attraktive Marktchancen in alternativen Formaten?
Seemann: Die Hersteller sitzen in einem Boot, weil sie durch ihre Anlagentechnik allesamt langfristig an die Formate gebunden sind, für die sie sich einmal entschieden hatten.
Welche Spielräume erlaubt denn die Anlagentechnik?
Seemann: Die Herstellung der Rohspanplatten erfolgt in der Regel auf Durchlaufpressen mit einer Breite von rund 2,10 bis 2,80 m. Damit ist eine der beiden Handelsabmessungen festgelegt. Auch die Kanalbreite bei der Imprägnierung ist an die bestehenden Plattenformate angepasst. Die Plattenlänge lässt sich jedoch aufgrund der kontinuierlichen Arbeitsweise beliebig einstellen. Engere Grenzen ergeben sich für dekorativ beschichtete Platten. Hier geben die Kurztaktpressen die Größe vor, bei Wodego beispielsweise 5,31 x 2,10 m, bei anderen 5,60 x 2,07 m. Dieses Vollformat ist besonders beliebt vor allem bei Ladenbauern.
Sie bieten ja auch das neue Objektformat von 3,30 x 2,10 m an. Entsteht Ihnen dabei ein Verschnitt von 2,0 x 2,10 m?
Seemann: Ja, in der Tat erweist es sich als schwierig, diese Reststücke im großen Stil zu vermarkten. Für die aktuell nachgefragten Mengen von 3,30-m-Platten können wir den Verschnitt noch für Verpackungen oder ähnliches verwenden. Wenn jetzt plötzlich die Nachfrage nach dem neuen Format drastisch anstiege, würden wir entweder eine Vermarktungsstrategie für das Reststück entwickeln oder anlagentechnische Veränderungen vornehmen.
Was spricht für eine Normung der Formate, was dagegen.
Seemann: Die Pro-Argumente liegen eher auf der Kundenseite. So würden der Formatvereinheitlichung mittelfristig sicher darauf abgestimmte Maschinenkonzepte folgen, z. B. für das Nesting. Außerdem wären die Angebote der Plattenhersteller leichter zu vergleichen. Gegen die Normung spricht der Umstand, dass das Feld längst bestellt ist. Die Normung ließe sich allenfalls sehr langfristig anvisieren.
Sieht der Handel die Notwendigkeit für neue Plattenformate?
Josef Plößl: Neben dem angesprochenen Halbformat von ca. 2,75 x 2,10 m führen einige große Händler im Rohspanplattenbereich und teilweise auch bei beschichteten Platten weitere 2,10 m breite Formate, und zwar in den größeren Längen 3,20 m, 4,10 m und 5,30 m. Je nach Hersteller weichen die Maße um einige Zentimeter ab.
Das Gros der Holzhändler wird doch wohl kaum neben der Dekorvielfalt ein solches Formatangebot vorhalten können?
Plößl: Kleinere Holzhändler können die Alternativformate relativ kurzfristig über die großen Händler beziehen. Abgesehen von der Frage nach den Handelsformaten zeigt sich der Holzhandel bereits seit Jahren sehr flexibel, wenn es beispielsweise um die Ausführungen von Trennschnitten für den Transport und die Lagerung geht, oder sogar um den Fixmaßzuschnitt einschließlich der Bekantung.
Kann der Holzhändler denn Endformatschnitte in Tischlerqualität ausführen?
Plößl: Ja! Im Holzhandel ist aktuell ein Trend weg von der vertikalen Plattensäge hin zur liegenden und noch präziseren Druckbalkensäge zu erkennen. Außerdem stellt unser Verband seinen Mitgliedsbetrieben eine Software für die Plattenzuschnittoptimierung zur Verfügung. Bei einem Tischler und Schreiner, der Fixmaße ordert, stehen dann auch keine Plattenreste mehr herum, von denen er sich nicht trennen kann, obwohl sie keinen wirklichen Nutzen bringen. Statt kleinere Formate zu bevorraten, bietet fast jeder Holzhändler also ein Dienstleistungsprogramm, das exakt auf die Bedürfnisse seines Kundens abgestimmt ist.
Die Interviews führte dds-Redakteur Georg Molinski
»Es spricht nichts gegen verschiedene Handelsformate. Attraktive Angebote sind stets willkommen«
Günter Füllgraf
»Die Anlagentechnik bindet den Plattenhersteller lange an ein Format. Abweichungen bedeuten Verschnitt.« Claus Seemann
»Der Holzhandel bietet vielfältige Formate, Trennschnitte und Fixmaße. Jeder findet das, was er braucht.« Josef Plößl, Dipl.-Holzwirt
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