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Überzogen oder zu Recht?

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Überzogen oder zu Recht?

Was darf der Bauherr von einer Innen- oder Wohnungseingangstür erwarten? Horst Kastner grenzt die tatsächlichen Mängel von der unberechtigten Forderung ab.

Die Anforderungen an Türen werden auf Bundes-, Landes- und Fachebene in unterschiedlichsten Normen, Regelwerken und Richtlinien geregelt. So sind z. B. die baurechtlichen Anforderungen in den Landesbauordnungen der Länder und in verschiedenen Sonderbauverordnungen wie Versammlungsstätten- oder Verkaufsstättenverordnungen geregelt. Darüber hinaus gibt es noch Richtlinien und Erlasse, die von den Gemeindeunfallversicherungsverbänden herausgegeben werden.

Die nachfolgenden Ausführungen sollen dem Auftragnehmer eine Hilfestellung geben, um besser beurteilen zu können, was tatsächlich als Mangel zu bewerten oder als ungerechtfertigte Forderung abzublocken ist.
Schallschutz reicht nicht aus. Die Mindestanforderungen bezüglich der Schalldämmung von Türen zwischen bestimmten Bereichen und Räumen werden in der DIN 4109 »Schallschutz im Hochbau« aufgeführt. Diese Norm ist in allen Bundesländern als technische Baubestimmung baurechtlich eingeführt und muss, auch ohne dass sie vertraglich vereinbart ist, vom Auftragnehmer eingehalten werden.
Komfort lässt sich vereinbaren
Lediglich über die Anforderungen der DIN hinausgehende, erhöhte Schalldämmwerte wie beispielsweise die Einhaltung eines üblichen Komfortstandards oder eines Zustandes, in dem die Bewohner »im allgemeinen Ruhe finden« müssen mit dem Auftragnehmer vertraglich vereinbart werden. In diesem Fall kann das Beiblatt 2 zur DIN 4109 Anhaltspunkte liefern.
Zu beachtet ist, dass die Mindestanforderungen (erf. Rw) vom gesamten Türelement (Türblatt und Futter) im eingebauten Zustand zu erfüllen sind.
Für die Praxis heißt dies: Wird auf der Baustelle eine Schalldämmung von 27 dB gefordert, muss mindestens ein Element mit Rw,P = 32 dB eingesetzt werden.
Türblatt verzogen. Eine der wohl häufigsten Reklamationen bei Wohnungseingangstüren ist ein verzogenes Türblatt. Unterschiedliche klimatische Verhältnisse zwischen Flur/Treppenhaus (3 °C/85 % RLF) und dem beheizten Wohnraum (23 °C/30 % RLF) führen zu Spannungen in den äußeren Schichten der Türblätter, was wiederum eine Verformung zur Folge hat.
Derzeit gibt es für Türen keine gültige Norm, die die maximal zulässige Verformung eines Türblattes vorgibt. Lediglich in den RAL-Güterichtlinien RAL-RG 426 ist festgelegt, dass sich eine Tür unter Laborbedingungen nicht mehr als 4 mm im Mittel von drei Türblättern und maximal 5,5 mm verformen darf. Wohlgemerkt unter Laborbedingungen, das heißt dieser Wert ist für den eingebauten Zustand und in der Praxis nur bedingt zu verwenden. In der Praxis hat sich ein Wert von 3,5 mm für die zulässige Türblattverformung etabliert. Ist dieser Wert nach der zweiten Heizperiode überschritten, kann von einem Mangel gesprochen werden. Unabhängig von diesem zulässigen Toleranzwert muss die Funktion der Tür in Bezug auf Schalldämmung und Dichtigkeit grundsätzlich erfüllt werden, auch wenn das Türblatt weniger als 3,5 mm verzogen ist.
Bei der Bewertung von Türverformungen sollte jedoch immer der Blick nach der Ursache, dem Nutzungsverhalten und der vertraglichen Vereinbarung vorangestellt werden.
Für Wohnungseingangstüren sollten nur Türen der Klimaklasse III verwendet werden. Fordert der Auftraggeber eine geringere Klimaklasse, sind entsprechend § 4 (4) VOB/B schriftlich Bedenken geltend zu machen.
Zarge gegenüber dem Fliesenboden nicht abgedichtet. In der DIN 68706-2: 2000-07 steht die Forderung: »Beim Einsatz von Zargen auf Fußbodenbelägen, die feucht gewischt werden können, ist die Fuge zwischen Zarge und Fußbodenbelag beim Einbau gegen Feuchtigkeit zu schützen, z. B. durch Verfugen mit einer dauerelastischen Masse.«
Wer versiegelt die Zarge?
Es ist allerdings nicht geregelt, welches Gewerk für die Versiegelung zuständig ist. Lediglich in der DIN 18 355 »Tischlerarbeiten« ist das Herstellen von nachträglichen Fugendichtungen als »Besondere Leistung« beschrieben. Unabhängig davon, wer die Versiegelung übernimmt, die Leistung muss auf alle Fälle vom Auftraggeber honoriert werden und ist keine »Gratisleistung« des Auftragnehmers.
Weisen Sie stets auf die Notwendigkeit der Versiegelungen hin, auch wenn diese von einem anderen Gewerk, z. B. Fliesenleger, ausgeführt werden.
Unterer Luftspalt zu groß. Das Maß für die untere Bodenluft ergibt sich rechnerisch aus der DIN 18101 »Türen – Türen für den Wohnungsbau« mit einem Nennmaß von 7,0 mm. Unter Berücksichtigung der zulässigen Abweichung für das Türblatt von 0 bis 2 mm entsprechend DIN 68 706-1 kann der untere Luftspalt bis zu 9,0 mm betragen. Die Kontrolle der Bodenluft erfolgt bei einem Öffnungswinkel des Türblattes von etwa 5 und 90°. Achten Sie dabei auch auf eventuell steigenden oder fallenden Fußboden.
Die zulässigen Ebenheitstoleranzen für »Flächenfertige Böden« sind in der DIN 18202 »Toleranzen im Hochbau« in der Tabelle 3 beschrieben.
Falzluft zu groß, zu klein oder ungleichmäßig. Entsprechend der DIN 18101 ergibt sich aus der Addition der zulässigen Abweichungen von Türblattfalzmaß und lichter Zargenbreite im Falz sowie eines funktionsnotwendigen Luftspaltes für die Längsseiten ein Gesamtluftspalt von maximal 9,0 mm und minimal 5,0 mm. Der einzelne Luftspalt darf 2,5 mm nicht unter- und 6,5 mm nicht überschreiten. Der obere Luftspalt zwischen Türflügel und Türzarge darf 2,0 mm nicht unter- und 6,5 mm nicht überschreiten.
Stahlzargen von Schallschutztüren sind nicht vollständig hinterfüllt. Die DIN 18111-2004 »Stahlzargen – Standardzargen für gefälzte Türen« fordert, dass die Zarge mit Mörtel nach DIN 1053-1 vollständig zu hinterfüllen ist. Aus diesem Grund werden von Kunden vielfach hohl klingende Stellen zwischen der Zarge und der Mauerleibung bemängelt.
Stahlzarge darf sich lösen
Die Richtlinie für den Einbau von Stahlzargen vom Industrieverband Tore, Türen, Zargen schreibt dazu: »Durch die Eigenspannung des kaltverformten Bleches und durch Schrumpfungsprozesse der Hinterfüllstoffe kann es im Leibungsbereich der Zargen zur Trennung zwischen Blechfläche und Hinterfüllstoff kommen. Daraus kann ein Einbaumangel nicht hergeleitet werden.« Darüber hinaus ist die Zarge lot- und waagerecht auszurichten. Die Abweichung von der waagerechten oder vertikalen Solllage, darf jeweils ±1 mm pro Meter betragen.
Öffnungswinkel kleiner als 90°. Zu dieser Forderung gibt es kein entsprechendes Regelwerk. Das ehemalige Prüfinstitut Türentechnik und Einbruchsicherheit von R. Müller in Rosenheim gibt in seinen Institutsrichtlinien folgende Empfehlung: Wohnungsabschlusstüren sollten sich bei einer Türblattbreite von 86 cm mindestens 85° und bei einer Türblattbreite von 98,5 cm um mindestens 80° öffnen lassen.
Können aus baulichen Gründen die empfohlenen Mindestöffnungswinkel nicht eingehalten werden, muss der Bauherr unter Bezug auf die Hinweispflicht auf diesen Umstand schriftlich hingewiesen werden.
Türblatt bleibt nicht im Öffnungswinkel stehen. Auch dazu gibt es kein Regelwerk in dem gefordert wird, dass das Türblatt in jedem Öffnungswinkel stehenzubleiben hat. Wird dieser Umstand jedoch bemängelt, muss erst mal geprüft werden, ob die Zargen lotrecht eingebaut wurden. Dies gilt als erfüllt, wenn die Abweichung von der Lotrechten nicht mehr als 1,5 mm/m, maximal jedoch 3 mm bis 3 m Elementhöhe beträgt. Ist dies der Fall, kann daraus kein Mangel abgeleitet werden. Gerade bei den heute eingesetzten, leichtgängigen Bändern kann nicht immer garantiert werden, dass die Türe im Öffnungswinkel stehen bleibt. Sind die Bänder verstellbar, kann die Tür eventuell neu eingestellt werden, ansonsten muss der Kunde aber mit diesem Umstand leben.
Feuerabschuss ohne Prüfzeugnis. Nach der Musterbauordnung (MBO) müssen bauliche Anlagen so beschaffen sein, dass die Entstehung und Ausbreitung von Feuer und Rauch wirksam vorgebeugt wird. In der allgemeinen Ausführungsverordnung zur Landesbauordnung (LBOAVO) ist im § 14 »Türen, Fenster« festgelegt, wo mindestens dichtschließende, feuerhemmende, feuerbeständige oder rauchdichte Türen eingesetzt werden müssen.
Uneinheitliche Deutungen
Dichtschließende Türen müssen die Rauchausbreitung eine gewisse Zeit behindern. Als dichtschließend gelten einflügelige Türen mit gefälztem, vollwandigem Türblatt und dreiseitig umlaufender Dichtung (Doppelfalz oder Einfachfalz mit zusätzlicher Dichtung). Die Definition für vollwandig oder dichtschließend wird in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich beurteilt. Im Zweifel sollten Einzelfälle mit der zuständigen Baurechtsbehörde und/oder dem Bauherren/Architekten abgestimmt werden.
Die rauchdichte und feuerhemmende Funktion ist vom Hersteller durch das Anbringen eines Kennzeichnungsschildes (an der Bandkante des Türblattes) und durch Vorlage eines Zulassungsbescheides nachzuweisen. Der Nachweis gilt nur für das gesamte Komplettelement mit Türblatt und Zarge. Die Zulassungsgerechte Ausführung wird dabei durch die Übereinstimmungsnachweise ÜZ, Z oder ÜHP bescheinigt.
Rauch- und Brandschutztüren dürfen nur selbst gefertigt werden, wenn der Auftragnehmer im Besitz eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses ist, oder eine bestimmte Bauart in Lizenz nach den Vorgaben eines Systemgebers, z. B. der TSH-System GmbH herstellt.
Optik gefällt nicht. Immer wieder kommt es zu unterschiedlichen Auslegungen der optischen Anforderungen von Türelementen. Um hier eine Bewertungsgrundlage zu schaffen, hat das Institut für Fenstertechnik in Rosenheim eine »Richtlinie zur visuellen Beurteilung von Innentüren aus Holz und Holzwerkstoffen sowie anderen Materialien« herausgegeben. Die Richtlinie regelt die visuelle Beurteilung von Innentüren.
Das Erscheinungsbild im Test
Bei der visuellen Prüfung ist die Ansicht auf das fertig montierte Türelement in der standardmäßigen Nutzung maßgebend. Noch nicht montierte Elemente sind ebenfalls in der standardmäßigen Nutzung aufrecht stehend zu betrachten. Die Prüfung ist in einem Abstand von mindestens 1,0 m zur betrachteten Ebene des Elementes durchzuführen und sollte 1,5 m nicht überschreiten. Hierbei ist der Betrachtungswinkel außerdem der üblichen Raumnutzung anzupassen.
Die Betrachtungshöhe beträgt etwa 1,7 m. Geprüft werden sollte unter Lichtverhältnissen, die denen des Tageslichtes oder der üblichen Raumbeleuchtung entsprechen. Streiflicht, grelles Sonnenlicht, künstliche Beleuchtung oder direkte Bestrahlung z. B. durch Baustrahler, ist nicht zulässig.
Fazit
Viele Mängel lassen sich bereits im Vorfeld vermeiden, indem Auftraggeber und Auftragnehmer sich ausreichend verständigen. Das erfordert eine eindeutige Beschreibung der Anforderungen im Ausschreibungstext seitens des Auftraggebers sowie eine schriftliche Darlegung der Leistungseigenschaften im Angebot. Die Merkmale sollten sich auf Normen und Richtlinien beziehen, z. B. Klassifizierung gemäß RAL RG 426 II/S, Schalldämmung gemäß DIN 4109 Rw,R = 27 dB. Zusätzliche außergewöhnliche Beanspruchungen in Bezug auf Einbruchhemmung, Brand- und Rauchschutz oder eine erhöhte Feuchtebeanspruchung in Nassräumen bringen weitere Hinweise für die Auswahl der richtigen Tür. Horst Kastner

Die häufigsten vermeidbaren Fehler
  • Für Wohnungseingangstüren nur Elemente der Klimaklasse III verwenden, ggf. schriftlich Bedenken einreichen (§ 4 (4) VOB/B)
  • Stets auf die Notwendigkeit der Versiegelung der Zarge bei Wischwasserbelastung hinweisen, auch wenn diese ein anderes Gewerk ausführt
  • Schriftlicher Hinweis an den Bauherrn, wenn sich die empfohlenen Mindestöffnungswinkel nicht einhalten lassen
  • Rauch- und Brandschutztüren bedürfen eines bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses. Eigenfertigung unter der Obhut eines Systemgebers, wie der TSH-System GmbH, möglich

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