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Herr über 300 Dekore

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Herr über 300 Dekore

Täglich 10 000 Küchenfronten, davon 4000 in Losgröße 1, und das in 300 Dekoren, just in time fünf bzw. drei Tage nach Auftragseingang. Mit dem konventionellen Plattenlager war es Schiermeier & Niermann immer schwerer gefallen, die rasant wachsende Dekorvielfalt zu beherrschen. Jetzt hat das Unternehmen seine Materialwirtschaft komplett neu organisiert .

Unsere Kunden, die Küchenmöbelhersteller, nehmen zu jeder Ordermesse im Herbst neue zusätzliche Frontendekore in ihr Programm auf. Inzwischen führen wir als Frontenlieferant das achte Weiß und das siebte Magnolia. Ohne Zulieferer wäre für den Küchenhersteller eine Straffung des Dekorangebots sicherlich wirtschaftlich geboten. Unsere hohen Stückzahlen erlauben es uns, mittlerweile etwa 300 verschiedene Dekore vorzuhalten. Diese Vielzahl machte allerdings inzwischen selbst uns zu schaffen, sodass wir eine komplett neue Logistik und Lagerhaltungsstrategie entwickeln mussten. Wir haben gerade ein automatisches Plattenlager für Kommissionsteile in Betrieb genommen und installieren zurzeit eine übergeordnete Materialwirtschaftssoftware«, sagt Meiko Schiermeier. Gemeinsam mit Gerd Niermann betreibt er die Schiermeier & Niermann CNC-Holzverarbeitung GmbH Möbelfronten in Melle. Das vor 100 Jahren als Dorftischlerei gegründete Unternehmen arbeitet seit 1970 als Zulieferer der Möbelindustrie und beschäftigt zurzeit insgesamt 70 Mitarbeiter. Täglich fertigen sie unter anderem rund 10 000 Küchenmöbelfronten, davon 4000 Stück in Losgröße 1. Dazu teilen sie auf drei liegenden Druckbalkensägen etwa 600 Halbformatplatten mit den Abmessungen von etwa 2,7 x 2,10 m zu. In Kürze geht die vierte Plattensäge in Betrieb.

Bisher gab es ein Blocklager, aus dem die Sägen per Gabelstapler beschickt wurden. Für die Stückzahl-1-Fertigung mussten die Mitarbeiter die Halbformatplatten von Hand vorkommissionieren. Der Arbeitsvorbereiter hat die Stücklisten, die die Küchenindustriekunden direkt in das ERP-System Profacto ihres Zulieferers einlaufen lassen, nach Dekoren und Kantenmaterial zu Fertigungspulks gebündelt und die Aufteilpläne mit der Zuschnittoptimierung Schnittprofit von Holzma erzeugt. Die Zuschnittpläne wurden samt Plattenstapel an die Sägen verteilt.
Das Kantenmaterial musste bei der Pulkbildung berücksichtigt werden, weil das ERP-System der Plattenaufteiloptimierung nicht die Information zum Kantenmaterial für den Etikettendrucker überreicht hat. Das führte zu erhöhtem Verschnitt und unnötigen Resten, die für den nächsten Optimierungsgang aufwendig in das System einzupflegen waren. Meiko Schiermeier und Gerd Niermann wollten die Restriktionen bei der Pulkbindung, den Aufwand für die manuelle Kommissionierung und die Unsicherheiten, die sich durch die kalkulatorische Fortschreibung der Plattenbestände ergaben, nicht mehr länger hinnehmen und entschlossen sich, ein ganz neues Logistikkonzept mit übergeordneter Lagersoftware und einem automatischen Lager für die Kommissionsteile umzusetzen.
Eine Software für drei Lager
Das Materialwirtschaftssystem sollte die Materialversorgung für zwei verschiedene Auftragsarten organisieren, und zwar für Lagerware und für Kommissionsware. Die Lagerware, deren Bestellung durch die Erreichung eines Mindestbestandes ausgelöst wird, ist in großen Losen zu fertigen und innerhalb von fünf Tagen auszuliefern. Die Kommissionsware ist für konkrete Küchen bestimmt, die der Küchenhersteller bereits verkauft hat, ist in Losgröße 1 zu fertigen und muss innerhalb von drei Tagen zugestellt sein. Täglich fallen 6000 Lager- und 4000 Kommissionsteile an.
Es sollte eine übergeordnete Lagerwirtschaftssoftware geben, die in jedem Lager sämtliche Plattenzu- und -abgänge per Barcodescanner erfasst, stets über die tatsächliche Bestände informiert ist und über die das Bestellwesen organisiert werden sollte. Diese Software sollte ein Blocklager für die Lagerware und Vorlager für die Kommissionsware, ein vollautomatisches Plattenlager für die Kommissionsteile und das Restelager verwalten. Diese Lagersoftware hat die 3Tec Automation GmbH speziell für den Frontenhersteller programmiert und führt sie zurzeit in den Betrieb ein.
Automatisches Regallager
Das automatische Plattenlager samt Steuerungssoftware, die in Zukunft nur noch über die 3Tec-Software angesprochen werden soll, läuft bereits seit zwei Monaten. Schiermeier und Niermann haben sich für das »Volkslager« von Systraplan entschieden, weil es mit etwa nur der Hälfte des Platzes auskommt, den ein normales Plattenlager benötigt. Gerd Niermann sagt: »Wir benötigen für dieselbe Anzahl an Stapelplätzen mit dem Volkslager zwar nur etwa die halbe Grundfläche, können aber wegen der begrenzten Fachhöhe auch nur deutlich niedrigere Stapel bilden. Daher müssen wir unser Blocklager auch als Vorlager für die Kommissionsteile nutzen.
Es besteht aus zwei gegenüber aufgestellten Regalen mit automatischem Bediengerät. Um an die benötigten Platten zu kommen, ist bei Flächenlagern mit bis zu zwei Meter hohen Stapeln immer wieder ein zeit- und energieraubendes Umstapeln erforderlich. Anders beim Volkslager: Bei niedrigen Stapeln greift das Bediengerät auf das Plattenmaterial direkt oder mit nur sehr wenigen Umstapelvorgängen zu. Solange es nicht mehr verschiedene Plattentypen als Regalfächer gibt, arbeitet das Volkslager mit dem Direktzugriff. Erst wenn alle Fächer belegt sind, teilt die Lagersoftware chaotische Lagerplätze zu.
Herzstück der Anlage ist ein zwischen den Regalen fahrbares Portal mit einem Vakuumsaugrahmen. Dieser bewegt sich sowohl auf- und abwärts als auch über einen Teleskopmechanismus seitlich in die Regalfächer hinein, hebt jeweils eine einzelne Platte sicher vom Stapel im Regal und legt sie auf die mitfahrende Kommissionierplattform. Sie ist im Grundrahmen eingebaut und mit angetriebenen Rollenbahnen ausgestattet. Diese Rollenlaufbahn befindet sich auf der Höhe der unteren Regalfächer, der Station für die Beschickung mit dem Gabelstapler und des Transports zur Säge, die allesamt als angetriebene Rollenbahnen ausgeführt sind.
Von der Gabelstaplerstation lassen sich über die Kommissionierplattform ganze Stapel in alle unteren Regalfächer und zur Säge fahren. Lediglich die oberen Regalfächer lassen sich nur Platte für Platte mit dem Vakuumsaugrahmen erreichen.
Schiermeier & Niermann hat seine Regalfächer auf 50 cm Stapelhöhe bzw. jeweils 25 Platten eingeteilt. Es gibt 103 Stapelplätze, von denen zurzeit 97 für einen bestimmten Plattentyp reserviert sind. Sechs Plätze verwaltet das System chaotisch. Während das Gros der Platten grundsätzlich in 25ger-Paketen bestellt und angeliefert wird, gibt es einige Exoten, die in Fünfer- oder Zehnerpacken geordert und in die chaotischen Plätze einsortiert werden.
Das Volkslager ist nur mit einer der drei Plattensägen über eine angetriebene Rollenbahn verbunden. Das Lager kann einzelne Platten oder einen Plattenstapel übergeben. Wenn die eine Plattensäge mit dem Zuschnitt der Kommissionsteile nicht nachkommt, besteht die Möglichkeit, auch für andere Sägen Kommissionsstapel zu bilden und diese über die Beschickstation mit dem Gabelstapler zu übergeben. Alle Sägen sind mit dem Lager vernetzt, sodass das Lager gleichzeitig die Beschreibung des Plattenstapels an die Säge übergeben kann. »Diese Lösung gibt uns einen sehr großen Spielraum, auf Nachfrageschwankungen oder Störungen zu reagiren«, sagt Meiko Schiermeier, »Auch Schnellschüsse sind jederzeit innerhalb weniger Minuten problemlos machbar. Weiterhin können wir jetzt schon feststellen, dass es zu keinen Stillstandszeiten an der Säge kommt, weil kein Material da ist.«
Aufwand und Nutzen
Das Investitionsvolumen für die Umstrukturierung, die Programmierung der Lagersoftware und das Volkslager von Systraplan liegt insgesamt bei etwa 500 000 Euro. Der Nutzen: optimierte Plattenbestände mit weitgehend automatisiertem Bestellwesen, höhere Materialausbeuten, sichere Informationen über die verfügbaren Plattenbestände, keine Wartezeiten an den Sägen, eine hohes Maß an Flexibilität bei Auftragsschwankungen oder Schnellschüssen sowie eine Arbeitszeitersparnis von täglich etwa 24 Sunden. GM
»Unsere neue Materialwirtschaft gibt uns neue Schlagkraft auf dem Markt.«
Meiko Schiermeier
»Wir können uns auf unsere Bestandsdaten verlassen. Es gibt keine Wartezeiten an den Sägen.«
Gerd Niermann

Die Lager bei Schiermeier & Niermann
Anwender: Schiermeier & Niermann 49328 Melle, Tel.: (05226) 594959-0, Fax: -21, www.niermann-gmbh.de Volkslager: Systraplan GmbH & Co. KG 32052 Herford, Tel.: (05221) 7677-0, Fax: -77 www.niermann-gmbh.de Programmierung der Lagersoftware: 3Tec Automation GmbH & Co. KG 32602 Vlotho, Tel.: (05733) 8712-0, Fax: 960007, www.niermann-gmbh.de
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