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Ordnung in der Schreinerwerkstatt

Allgemein
Lagermanagement für Tischler

Fast jede Schreinerei kennt die Situation. Kaum ist die Werkstatt an Weihnachten bestens auf Hochglanz gebracht, ist von der neuen Ordnung spätestens Ende Januar nichts mehr zu erkennen. Woran das liegt, und wie sich das verhindern lässt, weiß Andreas Landwehr.

Andreas Landwehr, Lignum Consulting

Die Plattenreste sammeln sich an den Wänden, Leisten- und Kantholzabschnitte stehen ungeordnet in allen verfügbaren Ecken herum und das mühsam geordnete Kantenregal quillt auch schon wieder über von Resten. Ganz zu schweigen davon, dass die gerade benötigten Schrauben mal wieder ausgegangen sind, weil sich keiner zuständig fühlt, bei Entnahme des letzten Paketes nachzubestellen.
Die Unordnung hat im Wesentlichen zwei Ursachen: Die erste ist die Angst vor dem Wegwerfen. Man könnte von den Resten ja irgendwann nochmal etwas gebrauchen, und schließlich hat das alles auch mal was gekostet. Ohne den tatsächlichen Bedarf zu überschlagen, wird gerne mal mehr bestellt, weil die Konditionen dann besser sind. Die Kosten für das Lagern und Suchen dagegen haben die wenigsten berechnet. Die zweite Ursache ist die nicht organisierte, direkte Lagerhaltung vor Ort. Oft ist nicht festgelegt, welches Material wo, wie und in welchen Mengen gelagert wird. Geschweige denn, dass Regeln für die Handhabung und Verwaltung von Resten festgelegt sind.

Basis für langfristige Ordnung

Der erste Schritt in eine geordnete Lagerhaltung ist die Festlegung von Standards, die alle verstehen und an die sich alle zu halten haben. Die Belegschaft hält nur das ein, was tatsächlich merkliche Vorteile bringt:
  • das Material ist schnell auffindbar
  • das Material ist schnell greifbar
  • es ist klar, wie mit Resten umgegangen wird
  • Standardmaterialien sind immer verfügbar
  • jeder erkennt, was zu welchem Auftrag gehört
Grundsätzlich helfen dabei natürlich die branchenüblichen Softwarepakete bei der Bestandsführung und Bestellabwicklung. In der Regel beinhalten sie ein Materialwirtschaftsmodul, das keine Wünsche offenlässt. Die Lagerordnung vor Ort übernimmt aber kein Programm der Welt.
Zunächst sollte man festlegen, welche Materialien stets verfügbar sein sollen und welche auftragsbezogen bestellt werden. Diese Frage muss jeder Betrieb für sich selbst beantworten. In einer Excel-Tabelle lassen sich beispielsweise die auftragsunabhängig zu bevorratenden Plattenbestände samt Kantenbänder mit den jeweiligen Mindest- und Bestellmengen auflisten. Diese Übersicht hilft jedem, der einen Auftrag bearbeitet, den Überblick zu bewahren, was bestellt werden muss und was aus dem Bestand genommen werden kann. Wer keine Branchensoftware besitzt, macht das Ganze einfach in einem Tabellenkalkulationsprogramm. Ansonsten bieten die Branchenprogramme in der Regel die Möglichkeit, für die verschiedenen Materialgruppen entsprechende Kennzeichen für Lager- bzw. Kommissionsware zu setzen.
Im folgenden einige praxiserprobte Beispiele für die Lagerhaltung und das Handling der verschiedenen Materialien sowie den Umgang mit Resten.
Plattenlagerung. Grundsätzlich sind heute automatische, liegende Plattenlager auch für das Handwerk zu erschwinglichen Preisen zu bekommen. In Kombination mit einer liegenden Plattensäge und entsprechenden Programmen für Schnittoptimierung und Resteverwaltung ist dies sicher eine der besten Möglichkeiten, Plattenwerkstoffe zu lagern.

Abfall ist Definitionssache

Sinnvoll ist es, trotzdem die Mindestabmessungen für aufzubewahrende Reststücke festzulegen. Alles, was kleiner ist, wandert direkt in die Brennholzkiste. Nicht immer ist der Platz für ein horizontales Lager vorhanden. Dann bietet sich die stehende Lagerung an, vor allen auch dann, wenn an einer vertikalen Plattensäge zugeschnitten wird. Vor allem für das Restelager gilt der Grundsatz, dass das Material schnell auffindbar ist und direkt darauf zugegriffen werden kann, sonst wird ganz schnell eine neue Platte genommen und der nächste Rest erzeugt.
Kantenlagerung. Bei der Kantenlagerung ist vor allem der schnelle Zugriff auf die benötigte Kante erforderlich. Eine gute Visualisierung des Lagers hilft dabei enorm, wie die folgenden Beispiele zeigen. Als praxistaugliches Mittel hat sich auch erwiesen, nach dem Gebrauch der Kante (vor allem bei selten benötigten Kanten oder solchen, die nur für einen bestimmten Auftrag benötigt wurden) das letzte Verwendungsdatum direkt auf dieser zu notieren. Wer es perfekt machen möchte, notiert noch die restlichen Laufmeter auf der Rolle; und das geht ganz einfach durch abwiegen. Dazu muss lediglich die neue Rolle mit bekannter Laufmeteranzahl einmalig gewogen werden. Das Gewicht/Meter einfach auf der Kante direkt notieren und schon kann jederzeit die Restmenge bestimmt werden.
Leisten und Kanteln. Und damit das Kantenlager nicht überläuft, hilft eine einfache, klare Regelung für die Handhabung von Kantenresten: Leisten- und Kantelreste eigenen sich hervorragend dafür, einfach in die Ecke gestellt zu werden. Und jeder Schreiner kennt die Sucherei nach einer Zulage.
Eine pragmatische Lösung ist es, die Reste nach Querschnitt oder Farbe sortiert in einem senkrechten Lager einzusortieren. Wählt man die einzelnen Fächer nicht zu groß, bleibt die Übersicht erhalten. So ist ein kleiner Rest schnell zu finden und zu verwenden. Und ist das Fach mal voll, dann gilt auch hier die Regel: Offensichtlich werden die Reste nicht mehr so häufig benötigt, also ab damit in die Bennholzkiste.
Schrauben und Beschläge. Schrauben und Beschläge sind oft in einem Kleinteilemagazin gelagert. Verschiedene Lieferanten bieten einen Auffüllservice (oft Behälterkanban) an, beziehungsweise kommen in regelmäßigen Abständen vorbei und füllen die Regale selbst nach. Mit dem Nachteil, dass die gelagerten Mengen oft zu hoch sind, da der Lieferant ja möglichst viel von seinen Schrauben verkaufen möchte.

Kanbansystem für Kleinteile

Vor allem im Bereich des Kleinteilelagers ist eine übersichtliche und ordentliche Lagerhaltung besonders wichtig. Zum einen sind Beschläge oftmals sehr ähnlich in der Ausführung, sodass es schnell mal zu Verwechslungen kommen kann. Zum anderen lagern dort oft nicht unerhebliche Materialwerte. Es lohnt sich also, gerade auf diesen Bereich ein besonderes Augenmerk zu legen.
Wenn es darauf ankommt Materialien licht- oder staubgeschützt zu lagern, bieten sich geschlossene Lagersysteme an. Sie haben außerdem den Vorteil, dass auf geringem Platz viel gelagert werden kann, der Zugriff auf das Material immer auf Arbeitshöhe erfolgt und ein schneller Zugriff auf das richtige Material möglich ist.

Das Bereitstellungsregal

Aber nicht nur die Bereitstellung und Lagerung der Beschläge für die Werkstatt ist wichtig. Wie oft kommt es vor, dass die Monteure auf die Baustelle fahren und spätestens nach zwei Stunden anrufen, dass man leider ein Teil der Materialien in der Werkstatt vergessen hat. Für die Bereitstellung der Beschläge hat ein Schweizer Ladenbauer sich ein ganz einfaches aber besonders effektives System geschaffen. Jeder Auftrag hat im Bereitstellungsregal ein eigenes Fach. Kleinmaterial- und Beschläge aus dem eigenen Magazin werden in blauen Boxen in das entsprechende Fach gestellt. Dort werden auch auftragsbezogen zugekaufte Artikel, welche in der Werkstatt zur Montage benötig werden, bereitgestellt. Überflüssiges Nachfragen für den Mitarbeiter entfällt, denn alles was im Fach liegt, wird benötigt. Und damit es keine Verwechslungen gibt, wird alles Material, welches bei der externen Montage benötigt wird, einfach in roten Boxen bereitgestellt. Diese gehen komplett mit auf die Baustelle und nichts wird vergessen.

Lagermanagement rechnet sich

Durch eine geplante Lagerhaltung lassen sich Materialkosten in erheblichem Ausmaß einsparen. Doppelbestellungen, nur weil etwas nicht schnell genug gefunden wird, werden vermieden. Unnötiger Stress bleibt aus, weil der Nachschub organisiert ist und man nicht doch plötzlich vor einem leeren Regal steht. Nicht zu vergessen, die niemals in einer Kalkulation auftauchenden Kosten für das Suchen von Material. Und die positive Erkenntnis ist, dass es für eine geplante und übersichtliche Lagerhaltung, egal für welches Material, einfache und pragmatische Lösungen gibt, für die in der Regel keine großen Investitionen erforderlich sind.

Steckbrief

Andreas Landwehr ist Berater bei der Unternehmensberatung Lignum Consulting. Sie entwickelt für Möbelhersteller in Industrie und Handwerk gesamtheitliche Lösungen in den Bereichen Strategie, Technik/Produktion sowie Organisation.

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Lignum Consulting
»Die fehlende Organisation der Lager kostet viel Geld und legt so manchen Betrieb lahm.«
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