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Einfach mal hängen lassen

Meisterstück mit ganz eigenen Beschlägen
Einfach mal hängen lassen

Klappe auf, Klappe zu – so einfach hat es sich Philippe Normann bei seinem Meisterstück nicht gemacht. Seine ganz eigene Möbelkinematik und -dynamik machen das Öffnen und Schließen des Laptopsekretärs für den Benutzer zum Erlebnis.

Sein Meisterstück sollte, wenn es nicht gebraucht wird, möglichst wenig Platz einnehmen, schlicht und elegant sein und als komfortabler Laptoparbeitsplatz dienen. Philippe Normann im oberbayrischen Forstern entschied sich letztes Jahr für einen Laptopsekretär in der Materialkombination Amerikanischer Nussbaum, Linoleum und brüniertes Messing. Der Schüler der Meisterschule München wollte eine raffinierte Beschlaglösung zum Öffnen und Schließen entwickeln. Bereits bei der Planung erkannte Philippe Normann, dass er die Bewegungsabläufe in der Komplexität, die er sich vorgestellt hatte, nicht mit Standardbeschlägen realisieren konnte.

Alle Bewegungsabläufe beim Öffnen und Schließen des Möbelstücks sollten besonders leichtgängig und vor allem gedämpft erfolgen. Der hohe Bewegungskomfort, der vor allem bei Küchenschubladen, -türen und -klappen inzwischen selbstverständlich ist, setzt hohe Maßstäbe.

Aufbau und Funktion

Das Möbelstück sollte aus einem filigran anmutenden Gestell aus massivem Nussbaum und einem Korpus mit massiven Seiten- und Rückwänden sowie einem massiven Vorderstück bestehen. Ober- und Unterböden sollten zwischen den Massivholzteilen sitzen und aus beidseitig mit Linoleum beschichteten Platten bestehen. Entlang einer nach vornehin abfallenden Ebene soll der Korpus in einen Deckel und eine untere Hälfte durchgetrennt werden. Von der Trennline an sollen die Seitenteile um etwa 10° bis zur Ober- und Unterkante abgeschrägt werden. Das macht die Form interessanter und den Korpus leichter. Den Deckel wollte Philippe Normann in einen vorderen und einen etwas schmaleren hinteren Teil unterteilen. Der vordere sollte nach vorne zu klappen sein, um die untere Platte als Arbeitsfläche zu verlängern. Das über ein Scharnier mit der Klappe verbundene Vorderstück sollte dabei nach unten verschwinden. Der aufgestellte hintere Deckel soll als Magnetpinnwand und LED-Leuchte dienen.

Die Scharniere

Um einen Rotationsdämpfer herum konstruierte Philippe Normann mit Vectorworks ein Scharnier mit abgewinkelten Lappen. Damit der Dämpfer keine seitlichen Kräfte aufnehmen muss, hat der Meisterschüler einen 2 mm langen Scharnierzapfen vorgesehen. Kleine Rotationsdämpfer lassen sich nicht einstellen. Daher waren beim Bestellen das Gewicht des Deckels sowie der Abstand des Masseschwerpunkts des Deckels zur Drehachse anzugeben. Den Schwerpunkt hat Philippe Normann mit Vectorworks ermittelt. Der Dämpfer ist für jeweils 90° nach links und rechts ausgelegt. Der Feinmechaniker vor Ort hat das linke Scharnier und das gespiegelte rechte aus Messing auf der CNC gefräst. Das Vorderstück ist mit dem einstellbaren 3D-Scharnier von Häfele am vorderen Deckel angeschlagen. Beim Öffnen senkt es sich automatisch ab. Aussparungen in der unteren Vorderkante des Unterbodens vehindern die Kollision der Scharniere mit dem Unterboden, siehe Bild in der linken Randspalte. Mit dem Dämpfverhalten zum Schluss der Öffnungsbewegung war Philippe Normann noch nicht zufrieden und hat daher für den Benutzer unsichtbare Dämpferstifte in die Köpfe der unteren Seiten eingebohrt, siehe ebenfalls linke Randspalte.

Der Drehschiebebeschlag

Damit der hintere Deckel hochgeklappt nicht an die Wand stößt, hat Normann den vorderen Drehpunkt in der Klappe um 4 cm nach vorne gezogen. Dieser befindet sich in einem in den Deckel eingefrästen 12 mm breiten und 6 cm langen Messingkörper mit Längsschlitz. Ein kürzerer, geschlitzter Messingkörper ist in die Seitenwand eingefräst. Ein gekröpfter, 10 cm langer Messingstreifen verbindet beide Drehpunkte. Im Deckel gibt es an der Hinterkante noch einen dritten Derhpunkt, der über einen Steg mit einer Gleitplatte verbunden ist. Im Seitenteil unterhalb der geschlitzten Abdeckplatte läuft die Gleitplatte auf in der Nut eingeklebte Blechstreifen. Der hintere Drehpunkt wandert beim Öffnen nach vorne, der andere nach oben. Der Beschlag hält die Klappe in der Endlage fest. Die Dämpfung erfolgt unsichtbar über eingebohrte Stiftdämpfer unterhalb der Messingstreifen (siehe Vertikalschnitt auf Seite 45).

Spaß an der Bewegung

Philippe Normann räumt das beiseite, was im Weg steht. Die Kinematik und die mit Dämpfern optimierte Dynamik machen das Öffnen und Schließen des Laptopsekretärs zum Erlebnis. –GM

Vertikalschnitt durch den geschlossenen und den geöffneten Korpus
Foto: Philippe Normann
Foto: Philippe Normann

Steckbrief

Meisterstück: Philippe Normann, woodcraft.normann@gmx.de

Feinmechaniker: Anton Schwinghammer, www.sarp-feinmechanik.de

Dämpfer: Weforma Dämpfungstechnik GmbH, www.weforma.com

3D-Scharnier: Häfele GmbH & Co. KG, www.haefele.de

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