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Viel Erfahrung erforderlich

Technik
Viel Erfahrung erforderlich

Dia-Werkzeuge zum Schnäppchenpreis? So manches Angebot ist zwar billig, aber noch lange nicht wirtschaftlich. Thomas Ruprecht von der Prewi Schneidwerkzeuge GmbH beschreibt, was ein Werkzeug guter Qualität ausmacht.

Thomas Ruprecht Prewi Schneidwerkzeuge GmbH

Die landläufig weit verbreitete Bezeichnung »Dia-Werkzeug« meint Werkzeuge, welche mit einem speziellen Schneidstoff bestückt sind. Die richtige Bezeichnung ist »DP Werkzeug«. Bei diesem Schneidstoff handelt es sich um polykristalline Diamanten, eine Schicht von vielen kleinen Diamantkristallen, welche unter einem hohen Energieaufwand auf einem Hartmetallträger gepresst worden sind. Diese einzelnen Kristalle sind untereinander durch Diffusion und spezielle Zuschlagstoffe verbunden. Durch Variieren der Fertigungsparameter und der Zuschlagstoffe lassen sich verschiedene Sorten herstellen, die entsprechend den Anforderungen an das Werkzeug abgestimmt sind, vergleichbar mit der Varianz bei Hartmetallsorten. Das Pressen auf einem Hartmetallträger ist unabdingbar, denn dieser Hartmetallträger bildet das Bindeglied zwischen Schneidstoff und Werkzeuggrundkörper. Das Hartmetall lässt sich in einem speziellen Verfahren auf dem Grundkörper auflöten, das DP nicht.
Qualität hat ihren Preis
In den letzten Jahren unterliegen diese Werkzeuge, sowohl im Bereich Neuwerkzeug als auch im Bereich Nachschärfen, einem enormen Preisverfall, welcher ursächlich im Angebot von Werkzeugen in minderwertiger Qualität zu finden ist. Diese Hersteller kopieren halbherzig die notwendigen Technologien und liefern dementsprechend schlechte Qualität. Am Aufwand für das Nachschärfen eines DP-Fügefräsers mit 63 mm Schnittbreite mit Z=3 soll in diesem Beitrag aufgezeigt werden, wie aufwendig und anspruchsvoll dieser Vorgang ist.
Wenn das Werkzeug in der Servicestelle angekommen ist, wird es zuerst durch Ultraschall oder Abstrahlen gereinigt. Im Falle des Strahlens muss das Strahlmittel zwar einerseits aggressiv sein, um die Verschmutzungen mechanisch entfernen zu können, darf aber andererseits nicht die Schneiden und den Grundkörper, hier speziell die Bohrung, welche einer Fertigungstoleranz von ca. 0,013 mm unterliegt, nicht beschädigen. Der Zeitaufwand für ein sachgerechtes und schonendes Reinigen ist erheblich.
Zeitaufwendiges Schärfen
Dann wird das Werkzeug auf den Grad seiner Abstumpfung hin beurteilt. Wie viel Schneidstoff muss abgetragen werden, damit wieder eine scharfe Schneide entsteht? Ist es eventuell sinnvoller, einzelne Schneiden mit großen Ausbrüchen durch Neue zu ersetzen, als einen erheblichen Abtrag am gesamten Werkzeug durchzuführen? Das hat maßgeblichen Einfluss auf die dann noch verbleibende Nachschärfzone und somit auf die Lebensdauer des Werkzeuges. Muss eventuell erst der Grundkörper nachgearbeitet werden, um nach dem Schärfen noch einen ausreichenden Freischnitt der Schneiden gegenüber dem Grundkörper zu haben?
Sind diese Punkte entschieden und dementsprechend abgearbeitet, steht das eigentliche Schärfen der Schneiden an. Der Schneidstoff DP lässt sich wirtschaftlich nur durch Erodieren bearbeiten. Bei diesem Verfahren werden gezielt kleinste Partikel durch elektrische Entladungen von dem DP abgesprengt, dementsprechend langwierig ist dieses Verfahren. Beim ersten Arbeitsgang, dem Schruppen, geht es hauptsächlich um das Zerspanen von beschädigtem DP und das Erstellen eines Freiwinkels, meist reicht ein Abtrag von ca. 0,2 mm bei einem Vorschub von ca. 1,2 mm pro Minute. Beim zweiten Arbeitsgang, dem Schlichten, wird eine möglichst geringe Oberflächenrauigkeit an der Schneidkante in Verbindung mit einem zweiten Freiwinkel produziert.
Der Abtrag liegt in einem Bereich von ca. 0,03–0,05 mm bei einem Vorschub von ca. 1,5 mm pro Minute. Bei unserem beispielhaften Fügefräser, welcher über 30°-Achswinkel verfügt, beträgt die reine Erodierzeit somit überschlägig bereits 180 Minuten, inklusive Überschnitt der einzelnen Schneiden untereinander.
Wirtschaftlich, nicht billig
Nach dem Erodieren muss noch auf einer Messoptik mit Vergrößerung kontrolliert werden, ob wirklich alle Schneiden auf ganzer Länge scharf sind und ob der Rundlauffehler der Schneiden in Bezug zur Bohrung innerhalb der vorgegebenen Toleranz liegt, andernfalls ist der Erodiervorgang zu wiederholen. Der ermittelte Durchmesser wird auf der Verpackung des Werkzeuges dokumentiert. Damit stehen dem Anwender sofort maschinenverwertbare Parameter zur Verfügung. Schließlich ist noch die Wuchtgüte (G=2,5 oder besser) zu ermitteln. Gegebenenfalls muss das Werkzeug nachgewuchtet werden. Die Wuchtgüte hat entscheidenden Einfluss auf die Schnittqualität und die Standzeit des Werkzeuges.
Die Arbeitsschritte beim Nachschärfen sind annähernd übertragbar auf die Neuanfertigung eines DP-Werkzeuges. Allerdings kommen noch etliche Arbeitsschritte dazu, die technologisch genauso anspruchsvoll sind.
Nur mit Hilfe von gut geschulten Fachkräften, einem über Jahre hinweg gewachsenem Erfahrungsschatz, ständiger Forschung und Weiterentwicklung und einem umfassenden Maschinenpark möglich ist, DP-Werkzeuge in einer guten Qualität zu fertigen und zu bearbeiten. Jeder Anwender, dessen Arbeit liegen blieb, weil er doch einmal ein Billigwerkzeug ausprobiert hat, kann nachvollziehen, dass nicht billig, sondern wirtschaftlich der Anspruch an DP-Werkzeuge ist.

Service VDMA-Schriftenreihe
  • Im Rahmen der Schriftenreihe »Wertigkeit von Werkzeugen« beschrieben Autoren der Firmen AKE, Jso, Leitz, Leuco und Prewi, wie man qualitativ hochwertige Werkzeuge von minderwertigen Produkten unterscheidet. Die Reihe wird vom Arbeitskreis Maschinenwerkzeuge des Fachverbandes Holzbearbeitungsmaschinen im VDMA herausgegeben und kann ab November unter machines-for-wood.com heruntergeladen werden.

  • Kompakt Darauf sollten Sie achten, wenn Ihr Werkzeug vom Schärfen kommt:
    • Sind Bohrung und Anlageflächen (bei Oberfräsern der Schaft oder die Aufnahme) unbeschädigt?
    • Ist der aktuelle Werkzeugdurchmesser vermerkt?
    • Stehen die DP-Schneiden deutlich über den Grundkörper hinaus und sehen alle scharf aus?
    • Sind am Grundkörper Spuren vom Auswuchten zu erkennen (eine oder mehrere Bohrungen)?
    • Ist das Werkzeug sauber verpackt angeliefert worden?
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