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Treppe mit Aussicht

Technik
Treppe mit Aussicht

Damit die Spindeltreppe im Bergfried der Burg Dagestein funktioniert, mussten Schreiner und Schlosser Hand in Hand arbeiten: Unsichtbare Stahlstäbe befestigen die Stufen an der Spindel.

Vom Einsturz bedroht und schwer zu erhalten: So lautete noch vor wenigen Jahren die Diagnose des um 1200 n. Chr. erbauten Bergfrieds der Burg Dagestein. Bis sich die Stadt Vilseck, Oberpfalz, entschloss, das Denkmal statisch instand zu setzen und zu einem Aussichtsturm umzugestalten. In diesem Zusammenhang ließen Johann Ernst und Urban Meiller von dem mit der Sanierung beauftragten Büro em.Architekten nicht nur den Turmhelm anheben, sondern auch aus alten und neu errichteten Treppen ein funktionierendes Erschließungssystem gestalten. Der Hauptzugang zum Aussichtsturm führt durch den ehemaligen Stadtvorbau des Bergfrieds vom Erdgeschoss über das Obergeschoss geradewegs nach oben in das Dachgeschoss. Dazu musste der Bergfried zunächst entkernt werden, wobei hinter neueren Anbauten romanische Stufenportale und gotische Stützmauern freigelegt wurden.

Um die unterschiedlichen – historischen wie neu errichteten – Niveaus erschließen zu können, kam nur eine einzige Treppenkonstruktion in Frage: eine Spindeltreppe mit diversen Zwischenpodesten. Und zwar in F 30 und damit fast zwangsläufig aus hartem, geöltem Eichenholz. Das verleimte die Holzwerkstatt Philipp Lindner aus jeweils 20° umspannenden Leisten zu einem hohlen Holzrohr mit 30 cm Durchmesser. Leiste für Leiste münden die Stufen in die Spindel. Ihre Faltwerkkonstruktion ist in sich verleimt. Doch weil sie sich selbst nicht tragen kann, durchbohrte der Schreinermeister jede 45 mm dicke Trittstufe, und der Schlosser schob durch diese Bohrlöcher Stahlstäbe – je einen pro Stufe – hindurch, um die Stufen mit der Spindel zu verspannen. Anschließend wurden die Setzstufen genutet, gefedert und mit den Trittstufen verleimt. L für L montierte Lindner die Stufen im Betrieb. Stück für Stück richtete er sie vor Ort auf, bis zuletzt eine durchgehende Treppenkonstruktion entstanden war. Auch die Bohrungen in der Spindel hatte er bereits im Betrieb gesetzt, so dass auf der Baustelle nur noch montiert und geschraubt werden musste. Und mit Nussbaumpfropfen die Bohrlöcher verstöpselt, damit kundige Betrachter erraten können, wie die eigentlich unmögliche Treppenkonstruktion dieser Spindeltreppe doch möglich wurde.
Christine Ryll
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