Die Eigentümer eines viktorianischen Reihenhauses in Holland Park im Londoner Stadtteil Kensington erweiterten ihr Zuhause, indem sie den Keller um- und ausbauen ließen und darin mithilfe großflächiger Abböschungen und zahlreicher, zum Teil bodentiefer Fenster ein zusätzliches Wohngeschoss mit Kino, Fitnessraum, Sauna, Küche, Essbereich und Haupteingangshalle erschufen.
Anstelle der sperrigen Bestandstreppe bauten die Planer von Michaelis Boyd eine leichtere, moderne Treppenkonstruktion aus Eichenholz ein, die das seitlich einfallende Tageslicht durch alle Geschosse hindurchfließen lässt. Ihr statisches und konstruktives Konzept basiert auf einem Gitternetz aus aneinandergereihten Eichenholzstäben und den über Schwalbenschwanzverbindungen damit verbundenen Treppenstufen.
Die von der obersten Bodenplatte abgehängten Eichenholzstäbe verlaufen über drei Stockwerke hinweg geradlinig bis zur untersten Ebene weiter und sind über insgesamt 67 Schwalbenschwanzverbindungen mit den Trittstufen der Treppe verknüpft: Jeder Stab bindet somit pro Stockwerk eine und insgesamt drei Treppenstufen in die Konstruktion ein und dient dabei gleichzeitig als Geländer. Die fast 9 m langen Eichenholzstäbe sind aus mehreren Stücken zusammengeschäftet, das heißt aus im sehr spitzen Winkel abgelängten Hölzern zusammengeleimt.
Fast drei Stockwerke hohe Stäbe
Dank der sich nach außen verjüngenden Kanten der trapezförmigen Profile der Stäbe wirkt die Eichenstabreihe schlank und grazil, wobei sich die Schwalbenschwanzverbindungen deutlich erkennen lassen. Darüber hinaus weist diese Verbindung noch einen weiteren Vorteil auf: Werden die Stufen belastet, führt dies automatisch dazu, dass die Treppe steifer und unbeweglicher wird – und so jegliches Knarzen und Knirschen unterbunden wird.
Die drei untersten Treppenstufen kragen aus den Seitenwänden einer am Boden montierten Kommode aus – und betonen so die Leichtigkeit der abgehängten Treppenkonstruktion noch. Als Handlauf dient ein an der Wand verlaufendes, dünnes, geschwärztes Metallrohr. Metallrundrohre unterhalb der Treppenstufen koppeln die Balustrade mit der Wand und steifen die Konstruktion aus. Gefertigt wurde die Treppe von Fowler & Co., einem britischen Handwerksbetrieb, der auch hochwertige Möbel produziert und daher Techniken aus der Möbelproduktion in die Treppenkonstruktion einfließen ließ.
Mit Einzelteilen zur Baustelle
Die Schreiner fertigten die Einzelteile der drei Stockwerke hohen Treppenanlage in der Werkstatt und setzten sie dort auch probeweise zusammen. Im Anschluss transportierten sie die wieder in ihre Einzelteile zerlegte Konstruktion auf die Baustelle und bauten sie dort endgültig auf.
Christine Ryll ist Architektin und schreibt als Architekturjournalistin über die Themen Bau, Architektur und Immobilien. In dds hat sie bereits häufiger ausgefallene oder besondere Treppen vorgestellt.