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Soll ich oder soll ich nicht …?

Technik
Soll ich oder soll ich nicht …?

Viele Betriebe tragen sich mit dem Gedanken, in die CNC-Bearbeitung einzusteigen. Roland Fischer beleuchtet das Angebot, stellt Nutzen und Kosten gegenüber und sagt, worauf zu achten ist.

Der Markt der Tischler und Schreiner polarisiert sich zunehmend in Montage- und Fertigungsbetriebe. Schon jetzt und in Zukunft noch mehr, wird die CNC-Maschine zur Schlüsselmaschine in der fertigenden Schreinerei. Da der Markt von CNC-Überkapazitäten gekennzeichnet ist, sollten Betriebe mit Auslastungsproblemen überlegen, CNC-Arbeiten nicht günstiger zu vergeben.

Mit der Anschaffung der CNC fallen Fixkosten an. Bei einem Maschinenpreis von 80 000 Euro und 20 000 Euro für Umbau, Werkzeuge und Raumbedarf fallen da über sechs Jahre verteilt locker 25 000 Euro pro Jahr an. Und wohlgemerkt: Die Fixkosten bilden nur die Bereitschaft zu fertigen. Die variablen Kosten für Löhne, Energie oder Werkzeugschärfen kommen noch hinzu.
Drum prüfe, was sich ewig …
Denken Sie also in die Zukunft mit dem Wissen der Vergangenheit. Und fragen Sie sich: »Bin ich aufgeschlossen für diese technische Neuerung und neue Arbeitsweisen? Kann ich mit den bestehenden Aufträgen diese Kosten decken und zusätzlich noch Gewinn erwirtschaften? Kann ich in der Einarbeitungsphase auch mit weniger Kapazität aber gleicher finanzieller Belastung leben. Wie soll auch in schlechten Zeiten für eine entsprechende Maschinenauslastung gesorgt werden? Vielleicht als Zulieferer von Kollegen oder der Industrie? Oder mit einem zweiten Standbein? Vielleicht mit neuen Produkten oder Käufergruppen?« Wenn Sie nach diesen Überlegungen die CNC-Technik als Chance für Ihren Betrieb sehen, kann diese Technik ihre drei wesentlichen Vorteile klar ausspielen:
Vorteil Nr. 1 der NC-Vorteil. Wer unter Zeit- und Kostendruck flexibel fertigen muss, schätzt die vielen Bearbeitungen in einer Aufspannung, ohne dass das Werkstück neu in die Hand genommen werden muss. Es kann deshalb flexibel auf Anfragen reagiert und kurzfristig gefertigt werden. Und wer schneller liefern kann, muss Aufträge oft nicht mit Konkurrenten teilen. Viele Kunden schätzen das mehr, als niedrige Preise.
Mehr in einer Aufspannung
Schon mit einer vergleichsweise geringen Grundausstattung erlangt man diesen Vorteil: Mit einer 3-Achs-Maschine in Auslegerbauweise (bei der nämlich auch mal überbreite Werkstücke aufgelegt werden können). Mit einem vertikalen XY-Bohrbalken mit 12 Bohrspindeln, einem horizontalen Bohraggregat für drei Richtungen, einer Nutsäge und einer Frässpindel mit mindestens 7,5 kW Leistung, HSK-Aufnahme und 8-fach-Wechsler.
Hierzu brauchen Sie noch Werkzeuge, die die Zeit für das Programmieren und Rüsten so klein und komfortabel wie möglich halten. Eine Wop-Software, die eine werkstückorientierte Programmierung in einer vertrauten Windows-Umgebung erlaubt, ist Pflicht. Diese Software zeigt auch das Programmierte als Grafik am Bildschirm an, was Fehlprogrammierung vermeidet. Die restlichen Fehler (man nennt sie Maschinenfehler) sollten im Klartext an der CNC-Steuerung angezeigt werden. Für Programme, die am Büro-PC oder Notebook erstellt wurden, müssen Schnittstellen zur Maschine vorhanden sein. Ein Netzwerkanschluss ist gut, ein USB-Anschluss (am besten frontseitig) ist Pflicht. Sowie auch ein Modem für Servicezwecke.
Zum Rüsten haben sich schlauchlose Blocksauger in verschiedenen Formaten als geniale Erfindung erwiesen. Hierzu reicht dann ein Konsolentisch mit 2,8 bis 3 m Länge. Um die Konsolen und Blocksauger in einer minimalen Zeit zu rüsten, sind passive Rüsthilfen nicht mehr wegzudenken. Diese zeigen an, wo die Konsolen und Sauger manuell positioniert werden müssen, um Kollisionen mit Werkzeugen zu vermeiden. Hier sei beispielhaft die LED-Anzeige erwähnt.
Mit einer vierten Achse, der C-Achse, können zwar noch zusätzliche Aggregate betrieben und um die Z-Achse gedreht werden, aber für Standardarbeiten wie Schlosskastenfräsungen gibt es auch Aggregate für 3-Achs-Maschinen. Bei einer Einsteigermaschine für eine Plattenmöbelschreinerei halte ich die C-Achse eher für die Kür und nicht für die Plicht. Zur Kür gehören auch folgende Features: wie Pendelbearbeitung mit mehrteiliger Trittmatte, Hochleistungsspindeln oder Aggregate für 5-Achs-Bearbeitung und Kantenleimen, können für den Einstieg überfordernd sein.
Hier gilt: Kaufen Sie das, was Sie regelmäßig brauchen und nicht das, was sie vielleicht einmal brauchen können!
Vorteil Nr. 2 der CNC-Vorteil. Wer öfters gleiche oder ähnliche Teile fertigt, wird das Rationalisierungspotenzial schätzen, das er schon vom PC her kennt. Bereits erstellte Programme können schnell wieder aufgerufen und nach einigen Sekunden Rüstzeit an der Maschine erneut gefertigt werden. Vorhandene Programme können verändert und mit wenig zusätzlichem Programmieraufwand neue Werkstücke ergeben. Mittels Standardisierung der Teilekonstruktionen und der CNC-Programme ist noch ein weiterer Schub zu verzeichnen, der die Programmierzeiten erheblich senkt. Ein parametrisches Grundprogramm, das mit Regeln versehen ist, erlaubt dann in wenigen Sekunden das Generieren von ähnlichen Werkstücken mit nur einem Programm! Man nennt dies Variantenprogrammierung.
Neue effiziente Strukturen
Hierzu ist aber eine gewisse betriebliche Struktur von Vorteil. Einfach so drauf los programmieren und Programme irgendwo auf der Festplatte abspeichern, ist der falsche Weg. Ziel muss es sein, ein zukunftsfähiges und erweiterbares System aufzubauen. Angefangen von der einheitlichen Benennung von Dateinamen und Projektverzeichnissen für die CNC-Dateien bis hin zur vorrangigen Verwendung von Gleichteilen bei Beschlägen, Schrauben, Dübeln und Co.
Vorteil Nr. 3 der CAM-Vorteil. Wer komplexe Bauteile erstellen muss, braucht sowieso eine CNC-Maschine, mit der der Formenvielfalt keine Grenze mehr gesetzt ist. CAD-Daten von Kunden können übernommen und zu CNC-Programmen aufbereitet werden. Pflicht ist hier, in die weltweit geläufige CAD-Datenschnittstelle DXF zu investieren, was bei vielen CNC-Maschinen-Herstellern leider aufpreispflichtig ist. Idealerweise beschafft man sich (wenn auch erst nach ein paar Monaten, wenn die Maschine so richtig rund läuft) noch eine kleine CAD-Software, um komplexe Formen wie Ellipsen und Splines selbst erstellen zu können. Somit ist der Weg frei zu kunden-individuellen Möbel.
Hierzu empfiehlt es sich, nach der notwendigen CNC-Herstellerschulung einen speziellen Aufbaukurs (meist 2- bis 5-tägig) zu besuchen. Den gibt’s außer bei den Herstellern auch bei verschiedenen Weiterbildungsinstituten. Wenn es Ihnen nun gelingt, diese drei Vorteile an Ihre Kunden weiterzugeben dann wird diese Investition auch Ihr Vorteil sein. Roland Fischer

Kompakt Was kostet die CNC-Bearbeitung?
Mit einer Maschinenkostenrechnung lassen sich die Stundensätze für CNC-Maschinen ermitteln. Dazu sind die Kosten in fixe und variable Kosten aufzuteilen. Die Fix-Kosten decken lediglich die Bereitschaft zu fertigen. Sie enthalten u. a. die auf die geplante Nutzungsdauer umgelegten Anschaffungskosten von Maschine, Werkzeugen, kalkulatorische Zinsen, Raumkosten, jährliche Aufwendungen für Software und Service-Wartungsvertrag. Hinzu kommen die variablen Kosten für Energie (Strom, Druckluft, Absaugung), Werkzeugschärfen oder Löhne.

Service Über den Autoren
Roland Fischer ist gelernter Schreiner und Maschinenbauingenieur, führt das Maschinenbauunternehmen Fischertech und ist Dozent bei der Handwerkskammer Freiburg sowie der Hochschule Furtwangen. Sein Buch »CNC-Technik für Tischler« liegt mittlerweile in der dritten neu überarbeiteten Auflage vor.
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