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Schüsseln und buckeln

Technik
Schüsseln und buckeln

Die grundlegenden Arbeitsschritte für einen Fußbodenaufbau aus Holzwerkstoffplatten sind allgemein bekannt. Dennoch kommt es aufgrund von Verlegungsfehlern immer wieder zu Reklamationen. Tipps von Claus Seemann und Torsten Grotjohann.

Claus Semmann, Wodego GmbH Torsten Grotjohann, IFF

Neue Bodenbeläge brauchen glatte und tragfähige Untergründe. Holzwerkstoffplatten bieten hier eine gute Grundlage, da sie in zahlreichen Varianten erhältlich sind und die unterschiedlichen Anforderungen hinsichtlich Feuchtebeständigkeit und Tragfähigkeit erfüllen können. Das Spektrum von Holzwerkstoffplatten – speziell für den Fußbodenaufbau als Nut- und Federausführung – reicht von nichttragend im Trockenbereich (EN 312-P2) über nicht tragend im Feuchtbereich (EN 312-P3) bis hin zu tragend im Feuchtbereich (EN 312-P5). Darüber hinaus bieten Hersteller Spanplatten für besondere Zwecke im Bauwesen an, wie etwa spezielle Brandschutzplatten, ebenfalls als Verlegeplatten mit Nut- und Federprofil. Grundsätzlich sollten Holzwerkstoffe nur für Böden der Nutzungsklassen 1 oder 2 verwendet werden, das heißt also für Umgebungen, bei denen nur gelegentlich mit Nässegefahr zu rechnen ist und die relative Luftfeuchte den Grenzwert von 85 % nicht überschreitet (siehe Tabelle 1).
Welche Platte wofür?
Vor der Wahl der Spanplatte sollte der Einsatzort auf folgende Einflussfaktoren geprüft werden:
  • Ist mit Schwankungen in der Luftfeuchtigkeit zu rechnen (Alt- oder Neubau)?
  • Kann es zu Feuchtewanderung aus anderen Materialien kommen (z. B. Beton)?
  • Handelt es sich um eine tragende oder nichttragende Konstruktion?
  • Müssen Brandschutzbedingungen oder andere Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden?
Weitergehend sind hinsichtlich des Einsatzortes für Spanplatten auch die technischen Anforderungen wie folgt zu berücksichtigen:
  • Art des vorgesehenen Nutzbelages
  • Verkehrslast nach DIN 1055/Tragfähigkeit der Fußbodenkonstruktion
  • Art der Nutzung im Hinblick auf die Frequentierung
  • statische und dynamische Lasten etc.
Einen Überblick über die häufigste Art der Fußbodenanwendung und die jeweils geeignete Spanplatte liefert Tabelle 2. Darüber hinaus gilt: Geschliffene Fußbodenplatten mit glatter und fester Oberfläche eignen sich auch für dünne Fußbodenbeläge, wie zum Beispiel PVC-, Vinyl- und Teppichbeläge. Ungeschliffene Fußbodenplatten mit rauer oder strukturierter Oberfläche sollten nur für »dicke« Beläge wie Parkett, Laminatfußböden oder Fließen verwendet werden.
Wie man Probleme vermeidet
Die grundlegenden Arbeitsschritte zur Verlegung von Fußböden sind allgemein bekannt. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass aufgrund kleiner Verlegungsfehler spätere Reklamationen erfolgen. Der folgende Abschnitt widmet sich den häufigsten Fehlerquellen.
Bei der Erstellung von Fußboden- und Spanplattenkonstruktionen sind insbesondere folgende Normen und Merkblätter zu berücksichtigen, um eine sach- und fachgerechte Ausführung sicherzustellen:
  • DIN 18 365 Bodenbelagarbeiten
  • DIN 18 356 Parkettarbeiten
  • DIN 18 340 Trockenbauarbeiten
  • Merkblatt: Verlegung von Holzspanplatten
  • DIN EN 13 986:2005–03 Holzwerkstoffe zur Verwendung im Bauwesen – Eigenschaften – Bewertung der Konformität und Kennzeichnung
  • DIN V 20000–1 Anwendung von Bauprodukten in Bauwerken – Teil 1: Holzwerkstoffe
Weitergehend sind in jedem Fall die aktuellen Merkblätter zur Verarbeitung von unterschiedlichen Nutzbelägen auf Trockenestrichkonstruktionen und Holzspanplattenkonstruktionen zu berücksichtigen.
Lagerung. Die richtige Verarbeitung der Holzwerkstoffplatten beginnt bereits mit den Vorarbeiten. Zur korrekten Lagerhaltung sollten die Platten vor Regen, Feuchte und Nässe geschützt in einem geschlossenen trockenen Gebäude gelagert werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Platten flach und mit allen vier Kanten aufliegend auf einer ebenen Fläche gestapelt sind. Ist eine zeitweilige Lagerung im Freien unumgänglich, sollten die Stapel mit einer wasserdichten aber dampfdurchlässigen Abdeckung versehen werden.
Konditionierung. Ebenso wichtig wie die sachgemäße Lagerung ist die Konditionierung der Spanplatten. Das heißt, die Platten sollten im Vorfeld auf die vorherrschende Luftfeuchte der Umgebung eingestellt werden. Dadurch lassen sich Maßänderungen wie durch Ausdehnung, auch als »Buckeln« bekannt, oder durch Schwinden, dem »Schüsseln«, vermeiden. Zur Konditionierung empfiehlt es sich, die Platten je nach vorgesehener Nutzungsklasse lose, z. B. auf Fußböden, auszulegen oder auf Zwischenhölzern zu stapeln. Die Konditionierungszeit richtet sich nach dem Plattentyp und den Einsatzbedingungen, sie sollte aber mindestens zwei Tage bzw. 48 Stunden betragen. Je nach Plattentyp und Einsatzbedingungen kann die Konditionierungszeit jedoch auch eine Arbeitswoche betragen.
Dampfsperre. Bei den Vorbereitungen des Untergrunds sollte sichergestellt sein, dass die tragende Unterkonstruktion tragfähig, eben und sauber ist. Darüber hinaus empfehlen Fachleute, über Massivdecken im Alt- oder Neubau Dampfsperren anzubringen, zum Beispiel aus 0,2 mm starker Polyäthylenfolie. Dabei sollten sich die Folienenden mehr als 30 cm überlappen und verschweißte Stöße stets auf Lückenhaftigkeit überprüft werden. Wird es versäumt, eine Dampfsperre anzubringen, kann das darunterliegende Material ungehindert Feuchtigkeit an die Spanplatten abgeben und zu Verformungen der Platten führen. Bei Spanplatten des Typs P 3 zum Beispiel beträgt die Ausdehnung beziehungsweise Schwindung 0,025 % bei Änderung des Feuchtegehalts der Platte um 1 %. Bei P 2-Spanplatten (Harnstoffverleimung) dagegen 0,035 % je 1 % Feuchteänderung der Platte.
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der jeweils verwendete Nutzbelag (z. B. PVC-Bodenbelag oder andere elastische Beläge) einen deutlich höheren Dampfdiffusionswiderstand aufweisen kann, als dies bei der Holzspanplatte der Fall ist. Die Folge wäre eine Dampfsperre an falscher Stelle. Sollte dann definiert Feuchtigkeit durch die Konstruktion nach oben in gasförmigem Zustand wandern, z. B. weil auf eine Dampfsperre über der Massivdecke verzichtet wurde, würde der Nutzbelag als Dampfsperre funktionieren und die Feuchtigkeit stauen. Dies würde zu einer Auffeuchtung der Holzspanplattenkonstruktion führen und die genannten Probleme hervorrufen. Es ist also bei der Verlegung von Holzspanplatten in jedem Fall darauf zu achten, dass sowohl eine Auffeuchtung von unten (aufsteigende Feuchtigkeit in der Fußbodenkonstruktion) als auch eine Auffeuchtung von oben (durch hohe relative Luftfeuchtigkeiten) ausgeschlossen wird.
Bewegungsfugen. Die meisten Probleme ergeben sich bei der Fußbodenverlegung, wenn die Nut- und Federplatten einer Untergrundkonstruktion zu stramm sitzen und die Platten zu wenig Spielraum haben. Um Maßänderungen durch Quellen und Schwinden ausreichend abzufedern, ist es daher wichtig, ausreichend Dehnfugen einzuarbeiten. Daher sollte zwischen Wand und Verlegeplatte eine umlaufende Fuge von 15 mm vorgesehen werden. Diese Fuge bleibt offen oder wird mit zusammendrückbarem Material wie Kork oder Styropor aufgefüllt. Später deckt die Sockelleiste die verbleibenden Fugen ab.
Hinterlüftung. In diesem Zusammenhang sind die Anforderungen an die unterschiedlichen möglichen Fußbodenkonstruktionen zu berücksichtigen.Bei Holzbalkendecken ist häufig eine Hinterlüftung der Spanplattenkonstruktion erforderlich, um eine Luftzirkulation unterhalb der Plattenebene sicherzustellen. Insbesondere dann, wenn unterhalb der Spanplatten noch die alten Dielen auf der Holzbalkendecke vorhanden sind. Wird eine hinterlüftete Fußbodenkonstruktion gefordert, können die zuvor beschriebenen 15 mm Wand-/Randfugen nur mit dampfdiffusionsoffenen Materialien aufgefüllt werden. Gegebenenfalls ist die Rand-/Wandfuge gar nicht zu schließen. Folgerichtig ist es dann auch notwendig, hinterlüftete Sockelleistensysteme zu montieren. Bei größeren Fußböden von mehr als 7 m Länge können auch dazwischenliegende Bewegungsfugen erforderlich sein.
Verleimung. Grundsätzlich sollten gespundete Platten mit weißem Kunstharzleim (PVAc) verleimt werden, da loses Zusammenstecken oder Nageln nicht die notwendige Verbindung gewährleistet. Zudem minimiert das Verleimen der Nut- und Federverbindung spätere Knarrgeräusche. Bei der Anordnung der Platten ist es hilfreich, die Platten im Verband mit versetzten Stößen (um mindestens 15 cm), das heißt ohne Kreuzfugen, zu verlegen. Dadurch sperren sich die Platten gegenseitig und beugen so Verformungen vor.
Anordnung. Beim Verlegen tragender Unterböden ist zusätzlich darauf zu achten, dass ausschließlich Verlegeplatten der Typen P 4 bis P 7 zum Einsatz kommen. Dabei sollten die Verlegeplatten quer zu den Lagerhölzern verlegt werden und die kurzen Kanten auf den Lagerhölzern aufliegen. Wichtig ist auch, vor der Verlegung den korrekten Balkenabstand und die erforderliche Plattenstärke in Abhängigkeit von der Verkehrslast beziehungsweise des bevorzugten Verlegesystems (Einfeld- oder Mehrfeldsystem) zu bestimmen. Je geringer der Abstand zwischen den Lagerhölzern ist, desto tragfähiger sind die Bodenplatten. Je dicker die Platte desto tragfähiger und formstabiler wird der Unterbau. Daher sollte man beim Fußbodenaufbau nur in Ausnahmefällen mit Platten unter 22 mm Stärke arbeiten. Ein zweilagiger Aufbau ist dem einlagigen vorzuziehen, da er mehr Ruhe und damit mehr Sicherheit bei empfindlichen Oberflächen wie PVC oder Linoleum erzielt. Beim zweilagigen Aufbau sollten die Plattenlagen 90 Grad versetzt zueinander verlegt werden.
Abdeckung. Ein wichtiger Arbeitsschritt zur Vermeidung späterer Beanstandungen ist das sofortige Abdecken der verlegten Platten mit einer Polyäthylenfolie, damit einseitiges Austrocknen vermieden wird. Um den optimalen Verbund zu gewährleisten und lästigen Knarrgeräuschen vorzubeugen, sollte in jedem Fall darauf geachtet werden, vor Erhärten des Leims die Platten gegen die Wände zu verkeilen. Die Keile sind frühestens nach 24 Stunden zu entfernen.
Alternativ ist es selbstverständlich auch möglich, sofort nach Fertigstellung der Verlegung der Holzspanplatten den entsprechenden Nutzbelag aufzubringen und somit die Spanplatten vor einer einseitigen Austrocknung bzw. Auffeuchtung zu schützen.

Service Die Autoren
Claus Seemann leitet das Marketing und das Produktmanagment der Wodego GmbH in Neumarkt. Torsten Grotjohann ist ö.b.u.v. Sachverständiger und Inhaber des IFF-Instituts für Fußbodenaufbau in Koblenz.
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