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Schleiftechnik im Handwerk

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Schleiftechnik im Handwerk

Schleifen ist zeitaufwändig, kostenintensiv und entscheidet über die Oberflächenqualität des fertigen Produkts. Alles, was man heute über die zugehörige Technik wissen sollte, lesen Sie auf den folgenden Seiten. (Teil 1)

Der Arbeitsgang Schleifen gehört zu den Verfahren der Oberflächenbearbeitung von Werkstücken durch Spanabnahme mittels Schleifwerkzeugen mit unbestimmter Schneidenform. Die dabei als Werkzeuge eingesetzten Schleifmittel trennen feine Späne von der Werkstückoberfläche ab, bis der geforderte Endzustand erreicht ist. Die Zerspanung erfolgt, indem das Korn mittels Druck und Quer- bzw. Längszug durch das zu schleifende Werkstück geführt wird. Das Ziel des Schleifens von Holz und Holzwerkstoffen ist auf die folgenden Anwendungen ausgerichtet:

  • Beseitigung von Maß- und Formabweichungen – »Auf-Dicke-Schleifen«
  • Verbesserung von Oberflächen, die durch vorangegangene Arbeitsgänge erzeugt wurden, wie Messerschläge entfernen, Rautiefen verändern, Vorbereitungen für nachfolgende Arbeitsgänge usw.
Die Spanbildung beim Schleifen unterscheidet sich in folgenden Punkten von anderen spanenden Verfahren mit geometrisch bestimmten Schneiden (z. B. Fräsen):
  • Der Schleifkörper besitzt eine Vielzahl kleiner Schneiden.
  • Diese Schneiden sind unregelmäßig geformt und verteilt.
  • Die Schneiden haben negative Spanwinkel und arbeiten mit schabender Wirkung.
Aufgrund dieser besonderen Schneidengeometrie ist eine unmittelbare Spanabnahme wie z. B. beim Fräsen nicht möglich. Beim Aufsetzen des Schleifkorns gleitet dessen Schneide unter Bildung von Friktionswärme und Aufheizen der Schleifkornspitze über den Werkstoff und wird vom Schleifdruck immer weiter in die Oberfläche eingedrückt. Erst wenn das Korn durch Bildung einer Aufbauschneide einen weniger negativen Spanwinkel erreicht, wird die Werkstückoberfläche unter Abspanen von Oberflächenteilchen aufgerissen. Die kristalline Struktur des Schleifkorns bewirkt, dass beim Schleifprozess ständig abgenutzte Stücke ausbrechen, sodass neue scharfe Schneiden freigelegt werden. Überschreitet jedoch der Spanwinkel die vorgegebenen Werte, ist keine Spanabnahme mehr möglich. Das Schleifmittel ist »stumpf« und muss gewechselt werden. Die »Selbstschärfung« des Schleifbandes ist nicht mehr möglich.
Qualitätsfaktor Schleifmittel
Viele Faktoren beeinflussen das Endergebnis beim Schleifen von Holz, Holzwerkstoff und Lackoberflächen. Nachfolgend aufgeführte Parameter nehmen Einfluss auf das Schleifergebnis und die Standzeit des Schleifbandes.
Trägermaterialien Die Trägermaterialien werden nach Papier und Gewebe unterschieden. Papierunterlagen haben einen Kostenvorteil gegenüber Gewebe. Die Papiersorten werden in g/m² angegeben und mit Buchstaben von A bis G bezeichnet. Gewebe kommt dann zum Einsatz, wenn Festigkeit mit gleichzeitiger Flexibilität nötig ist. Die unterschiedlichen Gewebearten werden nach der Flexibilität unterschieden.
Bindemittel Die Aufgabe des Bindemittels ist es, das Korn fest auf der Unterlage zu fixieren und dem Schleifmittel die nötige Flexibilität zu geben. Heute werden meist technische Harze als Bindemittel verwendet (z. B. Phenolharz).
Schneidwerkstoffe Sie werden synthetisch hergestellt und in zwei Hauptgruppen unterschieden, Siliziumcarbid und Aluminiumoxid. Letzterer ist der schärfste Kornwerkstoff für Holz, er ist sehr zäh und deshalb für alle Holzarten, Holzwerkstoffe, Folien und harte Lacke einsetzbar. Siliziumcarbid ist härter und findet deshalb seine Anwendung als Schleifmittel für Lacke und die meisten Oberflächenbeschichtungen. Welche Kornart für welchen Werkstoff am besten geeignet ist, hängt von vielen Faktoren ab, z. B. Maschinenparametern, die auf den Schleifprozess Einfluss nehmen.
Herstellung Auf den Schleifmittelträger wird nach dem Bedrucken mit Korngröße, Produktname etc. zunächst ein Bindemittel aufgewalzt. Die Kornaufbringung erfolgt folgendermaßen: Die einzelnen Schleifkörner laden sich elektrostatisch auf. Im Flug richten sie sich aus und stehen dann mit ihrer Längsachse senkrecht auf dem Schleifmittelträger. Durch dieses Verfahren wird eine große Schnittschärfe erzielt, die sich besonders für die Holzbearbeitung eignet. In einem zweiten Bindungsauftrag wird anschließend die Deckbindung aufgetragen. Um eine gleichmäßige Elastizität über das gesamte Schleifmaterial zu erzielen, durchläuft die Schleifmittelrolle abschließend eine Flexmaschine. Bei Bedarf werden auch spezielle Behandlungen und/oder Beschichtungen appliziert, die dem Schleifmittel besondere Eigenschaften verleihen.
Antistatik Beim Einsatz von Schleifmitteln werden durch die Reibungsenergie immer statische Aufladungen erzeugt. Diese Aufladungen bewirken, das es zu spontanen Funkenentladungen kommen kann und dass sich der abgetragene Schleifstaub elektrostatisch auflädt und am Werkstück, Schleifband, Maschinenbauteilen und in der Umgebung festsetzt. Dadurch wird das Zusetzen des Schleifmittels beschleunigt und sein Standvermögen stark herabgesetzt.
Die antistatische Behandlung von Schleifmitteln besteht in der Regel darin, dass die Korn- und/oder Bandrückseite elektrisch leitfähig gemacht wird. Die elektrostatischen Ladungen können so abfließen. Ein gutes antistatisches Schleifband verhindert statische Aufladung und sorgt im Schleifprozess dafür, dass der Schleifstaub nach dem Verlassen des Werkstückes mit der Schleifbandrichtung zur Absaugung geführt wird und dort nahezu vollständig abgesaugt werden kann.
Antiadhäsive Zusätze Eine wesentliche Ursache für das Nachlassen der Schnittschärfe ist das Zusetzen des Schleifmittels mit Schleifstaub. Dieser setzt sich in den Spanräumen, dem Raum vor einem schleifendem Korn, der wie bei einer Zahnlücke einer Säge den entstehenden Span aufnimmt, solange das Korn im Einsatz ist. Das Zusetzen läuft folgendermaßen ab: Kleinere Schleifstaubpartikel setzen sich durch elektrostatische Kräfte, wie bereits beschrieben, oder durch Adhäsionskräfte im Spanraum fest. Die beim Schleifen entstehende Wärme klebt diese Partikel aneinander und in der Körnung fest. Dadurch wird der Spanraum reduziert und der Spanabfluss verhindert. Die Verklebung schreitet weiter fort, bis der Spanraum vollständig gefüllt ist. In diesem Zustand kann das Schleifband keine Späne mehr abheben. Die dem Prozess zugefügte Energie wird fast vollständig in Wärme umgesetzt. Das Ende der Standzeit des Schleifbandes ist erreicht.
Um diesem Prozess entgegenzuwirken, werden Schleifbänder mit antiadhäsiven Zusätzen versehen. Die Schleifmittel werden in der Regel in den feineren Körnungen und für bestimmte Anwendungszwecke mit einer Stearatschicht versehen. Das Stearat verringert das Anhaften von abgetragenem Schleifstaub; dieser kann leichter abgesaugt werden. Ein weiterer Vorteil ist der leicht kühlende Schliff auf Lacken, die durch ihre Thermoplastizität zum Schmelzen neigen. Bei gleicher Korngröße kann ein mit Stearat beschichtetes Schleifmittel einen feineren Schliff erzielen als ein ohne Stearat beschichtetes Band.
Das Verhältnis zwischen Korngröße, Streudichte und Spanraum ist folgendermaßen definiert:
  • je höher die Korngrößenbezeichnung, umso geringer ist der Kornabstand
  • je niedriger die Korngrößenbezeichnung, umso größer ist der Spanzwischenraum
  • je dichter die Streuung, umso höher ist die Zerspanung
  • je dichter die Streuung, umso gleichmäßiger ist das Schliffbild
  • je offener das Schleifmittel gestreut ist, um so höher ist die Standzeit bei schnell zusetzenden Werkstoffen
  • je härter der zu schleifnde Werkstoff ist, um so dichter sollte das Schleifmittel gestreut sein
  • je dichter das Schleifmittel gestreut ist, um so geringer ist die Gefahr des Kornausbruches
Die Schleifstationen
In der Bandschleiftechnik gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Schleifstationen: Schleifwalze und Schleifkissen. Die Schleifwalze wird meist für grobe Arbeiten verwendet, während das Schleifkissen für feinen Holz- oder Lackschliff eingesetzt wird.
Schleifwalze Bei der Schleif- oder Kontaktwalze handelt es sich um eine Stahl- oder Gummiwalze mit Durchmessern zwischen 150 und 350 mm und verschiedenen Härtegraden. Stahlwalzen werden dort eingesetzt, wo es auf hohe Anpressdrücke ankommt, wie z. B. beim Schleifen harter Werkstückoberflächen, beim Abtragen größerer Schleifschichten sowie beim Kalibrieren unebener Werkstücke, die auf eine konstante Dicke geschliffen werden sollen. Es gibt aber auch Anwendungen, bei denen weich-elastische Gummiwalzen mit großem Durchmesser als Schleifaggregat für den Lackschliff eingesetzt werden.
Schleifkissen Das Schleifkissen wird zur Verfeinerung der Oberflächen eingesetzt. Die Auflagefläche des Schleifkissens variiert in der Breite zwischen 60 mm und 150 mm. Es ermöglicht einer Vielzahl von Schleifkörnern die Oberfläche zu bearbeiten. Schleifkissen sind elastisch-weiche Kontaktelemente, die sich flächig an die Werkstückoberfläche anpassen. Aufgrund der Elastizität des Kissens variiert der Abstand zur Werkstückauflage. Dadurch werden Unebenheiten in der Fläche nur leicht ausgeglichen, aber nicht beseitigt. Diese Systeme werden in der Regel beim Feinschleifen von furnierten und grundierbeschichteten Werkstücken eingesetzt.
Verfahren beim Bandschleifen
Bandschleifverfahren werden unterschieden in Kalibrierschliff, Feinschliff und Querschliff.
Kalibrierschliff Beim Kalibrier- oder Egalisierschliff handelt es sich um einen Schliff, der mit einer Schleifwalze durchgeführt wird und bei dem ein Werkstück auf eine bestimmte Dicke oder gleichmäßige Stärke geschliffen wird. Zum Einsatz kommen grobe Aluminiumoxid Schleifkörnungen von P24 bis P80 mit extra offener Kornstreuung.
Querschliff Beim Querschliff wird das Schleifband quer zur Fläche geführt. Der Querschliff wird meist mit Aluminiumoxid-Schleifkorn in P100 bis P150 durchgeführt und bewirkt einen intensiven Schliff.
Der Einsatz eines Querbandes hat eine Reihe von Vorteilen:
  • Überstehende Fasern aus den Holzporen werden quer abgeschert und können sich beim späteren Grundieren oder Lackieren nicht mehr aufrichten.
  • Bessere Angriffsfläche für das parallel zur Werkstücklänge verklebte Fugenpapier.
  • Schleifkosten werden durch die Schonung der nachfolgenden Breitbänder reduziert.
  • Unterschiedlich harte Jahresringe im Werkstück werden besser und gleichmäßiger ausgeschliffen.
  • Wirtschaftlicheres Arbeiten durch gleichmäßigere Oberfläche und dadurch weniger Lackauftragsmenge.
  • Schmelzkleber, Spachtelausbesserungen und Fehler im Furnier werden besser auf das Schleifband verteilt.
  • Querfurnierte Werkstücke können längs geschliffen werden.
  • Bei farbigen oder Hochglanzflächen sollte der letzte Schliff mit geringer Bandgeschwindigkeit in Querrichtung erfolgen.
Feinschliff Der Feinschliff wird meist mit einem Schleifkissen oder mit einer weichen Gummiwalze durchgeführt. Spuren vom groben Schliff sollen entfernt und überstehende Holzfasern abgetrennt werden. Es werden Aluminiumoxid-Schleifkörnungen zwischen P100 und 240 mit einer offenen Streuung und im Kornbereich ab P220 mit Siliziumcarbid-Korn verwendet, es entsteht so ein gleichmäßiger Schliff.
Gleich oder Gegenlauf?
Die Bewegungsrichtung des Schleifbandes zum Vorschub kann unterschiedlich sein. Gegenlauf ist die Laufrichtung, die am häufigsten zum Einsatz kommt. Sie sorgt für einen sauberen Schliff, da die Späne entgegen der Vorschubrichtung abgesaugt werden können und die geschliffene Fläche nach Verlassen des Aggregates sauber ist. Gleichlauf bewirkt, das sich die Fasern an den Porenrändern, die vorangegangene Aggregate in eine Richtung gelegt haben, wieder aufgerichtet und abgetrennt werden können. Die Späne werden aber in Richtung der bearbeiteten Fläche abgeführt und sind somit schwierig abzusaugen. Nachfolgend muss wieder ein Gegenlaufaggregat eingesetzt werden, um die Fläche sauber zu schleifen. Oszillation wird erzeugt, indem das Schleifmittel zur Bandlaufrichtung mit einem seitlichen Hub versehen wird. Dadurch werden die Zwischenräume der Schleifmittel gereinigt und dem vorzeitigen Zusetzen entgegengewirkt. Robert Wappelhorst,
Kuno Reiter, Thomas Lohbauer
Der zweite Teil des Beitrags (dds 5/06) befasst sich mit Schleifmaschinen und ihren Parametern, der richtigen Kornauswahl und dem Lackschliff.

Die Autoren
R. Wappelhorst, T. Lohbauer und K. Reiter sind Anwendungstechniker beim Schleifmittelhersteller Ekamant Deutschland GmbH.

»Spezialisierte« Schleifmittel
Die Materialvielfalt im Tischlerhandwerk hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Neben Holz- und Holzwerkstoffen müssen heute Melamin- und Mineralwerkstoffoberflächen, verschiedenste Lacke etc. geschliffen werden. Dies erfordert zunehmend speziell auf den Werkstoff abgestimmte Schleifmittel.
Im mindesten müssen jedoch die Maschinenparameter wie Schnitt- und Vorschubgeschwindigkeit, Anpressdruck usw. auf das Material abgestimmt werden.
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