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Reklamationen als Chance

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Reklamationen als Chance

Die Mitarbeiter auf der Baustelle werden oft als erste mit Reklamationen des Kunden konfrontiert. Zehn Tipps, wie aus verärgerten Kunden echte Fans werden.

Ottmar Kuball

Dass aus Reklamationen fruchtbare Kundenbeziehungen entstehen können, machen viele erfolgreiche Handwerker bereits vor. Ein verlorener Kunde kostet wesentlich mehr als die kulante und fachlich einwandfreie Behebung kleinerer Fehler. Wenn Sie und Ihre Mitarbeiter elegant und clever mit Reklamationen umgehen, können Sie Pluspunkte für etwaige Folgegeschäfte sammelen.
Wenn der Kunde reklamiert, ist er oft wütend und will den Schaden oder das Problem sofort behoben haben. Er verlangt schnelle Hilfe, Lieferung oder Austausch. Häufig übertreibt der Kunde seine Schäden und Probleme, um seinen Ärger abzureagieren, oder seiner Forderung Nachdruck zu verleihen. Wie verhalten Sie sich? Reklamationen sollten im Idealfall zweifach gelöst werden: sachlich (= Behebung des Problems) und menschlich/emotional (= Behebung des Ärgers). Damit Ihnen dies gelingt, sind einige Spielregeln wichtig:
Ruhig bleiben Lassen Sie sich nicht auf die Sprach- und Gefühlsebene des Kunden ein. Die Gefahr ist groß, ebenso heftig zu reagieren, weil man sich angegriffen fühlt. Und mit nichts können Sie dem aufgebrachten Kunden eine größere Freude machen, als wenn Sie zurückschießen. Er wartet ja geradezu darauf. Konzentrieren Sie sich immer auf den Inhalt des Problems, nie auf die Art, wie der erboste Kunde seinem Ärger Luft macht.
Tipp für die Baustelle: Wenn Sie am Arbeiten sind, beenden Sie kurz Ihre Tätigkeit, legen Sie Ihr Werkzeug auf die Seite und sprechen Sie ganz ruhig (und nicht nebenher) mit dem Kunden über die in Frage kommende Lösung seines Problems.
Ausreden lassen Nichts bringt einen verärgerten Kunden so schnell wieder auf die Palme, als wenn Sie ihn unterbrechen. Er fühlt sich dann erst recht missverstanden und nicht ernst genommen. Einen verärgerten Kunden zu unterbrechen heißt, ihn eines Besseren belehren zu wollen. Das ist das Schlimmste, was Sie ihm in dieser Situation antun können. Nur wenn der Kunde ausredet, kann er richtig Dampf ablassen, und seine erste Wut wird dann vorbei sein. Machen Sie es sich nicht unnötig schwer, indem Sie seine Behauptungen zerstreuen wollen. Je länger der enttäuschte Kunde erzählen kann, desto schneller wird der Ärger verfliegen. Sie kennen das von sich selbst.
Zuhören Nur wenn Sie dem aufgebrachten Kunden zuhören, werden Sie seine Reklamation auch richtig behandeln können. Schließlich ist irgendetwas schiefgegangen, wofür Sie in diesem Moment gerade stehen müssen. Holen Sie sich also die nötigen Informationen über das Problem, indem Sie aufmerksam zuhören.
Problem abschwächen: Nichts hilft einem wütenden Menschen mehr als Zuspruch und Mitgefühl. Sie als Ansprechpartner vor Ort sind dem Kunden im Moment der Reklamationsannahme sowieso grundsätzliches Entgegenkommen schuldig. Jetzt ist es wichtig, dass Sie dies mit einigen wenigen Worten zum Ausdruck bringen:
»Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie sich ärgern«
»Entschuldigung, dass da bei der Montage etwas schief gelaufen ist«
»Ich wäre an Ihrer Stelle auch ärgerlich«
»Ich kann Sie gut verstehen«
Sachlich antworten Haben Sie die ersten Schritte bereits erfolgreich bewältigt, werden Sie sehen: Der Kunde wird zunehmend ruhiger und gerät langsam wieder auf die sachliche Ebene. Nur wenn beide Seiten bereit sind, über die Klärung eines Problems vernünftig zu reden, kann das Gespräch erfolgreich verlaufen.
Keine Schuldzuweisungen Treffen Sie auf keinen Fall Schuldzuweisungen. Es spielt in diesem Moment noch keine Rolle, wer an dem Ärger schuld ist. Das heißt auch, keine Mitarbeiter, Kollegen, oder Lieferanten »in die Pfanne zu hauen«. Dies würde in jedem Fall Ihre Firma treffen. Wer Kollegen disqualifiziert, disqualifiziert sich selbst.
Situation konkret aufnehmen Notieren Sie sich die wichtigsten Daten. Das gilt besonders für Monteure/Gesellen, wenn sie direkt vom Kunden angesprochen werden. Es signalisiert dem Kunden, dass er ernst genommen wird. Wenn Sie die Reklamation verstanden haben, wiederholen Sie das Problem noch mal kurz:
»Also Herr Müller, Sie wollten keine Buche-Tür mit Glasfüllung, sondern eine massive Birke-Tür, ist das richtig?«
»Ja, Herr Müller. An dem Fenster zieht trotz Reparatur von letzter Woche immer noch Kaltluft durch?«
Lösung anbieten Sehen Sie eine Reklamation positiv. Immerhin ist der Kunde gesprächsbereit und sucht – wenn auch versteckt – Ihre Hilfe. Das erste sollte jetzt sein, dass Sie selbst sich zum »Paten« für diese Reklamation erklären:
»Herr Müller, ich nehme mich der Sache selbst an … ich bringe morgen das Ersatzteil mit auf die Baustelle.«
»Herr Franz, ich gebe das gleich an Herrn/Frau xy weiter, der/die ruft heute noch bei Ihnen zurück.«
Im zweiten Schritt sollten Sie soweit möglich immer eine konkrete Lösung vereinbaren:
»Sind Sie einverstanden, wenn ich die Fensterdichtung noch mal erneuere, und Sie rufen mich bitte direkt an, wenn`s noch immer nicht dicht sein sollte?«
» Ich schlage vor, Sie erhalten ein neues Fenster, das wir kostenlos einbauen …«
Es gibt auch Sonderfälle, in denen es besser sein kann, den Kunden die Lösung vorschlagen zu lassen:
»Was haben Sie sich denn als Lösung vorgestellt?«
»An wie viel Nachlass haben Sie denn gedacht?«
»Bis wann möchten Sie denn das neue Fenster montiert haben?«
Erledigung kontrollieren Bei größeren Problemfällen oder besonders verärgerten Kunden, bei denen Sie die Reklamation entgegen genommen, aber nicht selbst bearbeitet haben, ist es sinnvoll, dass Sie als Pate nach der Erledigung nachfragen ob jetzt alles in Ordnung ist und ob die Reklamation wunschgemäß behoben wurde.
Danke Bedanken Sie sich abschließend bei Ihrem Kunden für das Verständnis und die Bereitschaft, das Problem so einfach beheben zu lassen. Wenn es ein besonders schwerer Fall war, vielleicht sogar mit einem kleinen Geschenk, einem Blumenstrauß. Als besonderen Dank können Sie auch eine Kleinigkeit mehr machen als vereinbart:
»Frau Meier, ich habe Ihnen an dem alten Fenster gegenüber gleich die Beschläge eingestellt und gefettet. Das ist mein Geschenk an Sie für Ihr Verständnis …«
Tipp: Eine clevere Chefin aus Norddeutschland hat seit Jahren Ihre Monteure/Gesellen angewiesen, bei jeder Reklamation (auch wenn diese unberechtigt ist) dem Kunden ein kleines Präsent für den persönlichen Ärger (nicht als Ausgleich für den Schaden) zu übergeben. Alle Monteure/Gesellen haben dazu immer einige spezielle Kundenpräsente dabei, z. B.: ein Set mit Pflegeguide und Microfasertuch oder ein Buch als kleines Präsent. In besonders kniffligen Fällen geht die Chefin hinterher mit einer guten Flasche Wein zum Kunden und entschuldigt sich persönlich. Die Ergebnisse sind überwältigend: Die Kunden sind vollkommen überrascht und der ursprüngliche Ärger ist plötzlich vergessen. Resultat: Die Firma ist überdurchschnittlich erfolgreich und hat im gesamten Umkreis ein herausragendes Image!
Wichtig: Eine Auseinandersetzung mit einem Kunden können Sie nicht gewinnen, versuchen Sie es also gar nicht erst. Neben der Reklamationsursache müssen Sie immer auch das menschlische Problem lösen. Wenn Ihnen das gelingt, haben Sie aus einem verärgerten Kunden einen begeisterten Kunden gemacht – und alle sind Gewinner. Viel Erfolg dabei! Werner Heimbach

Die Autoren
Werner Heimbach und Ottmar Kuball sind als Trainer, Berater und Buchautoren in der SHK-Branche bekannt. Sie bilden seit vielen Jahren Monteure zu Serviceprofis aus. Ihr Kursbuch Service ist speziell für die Mitarbeiter in Handwerksbetrieben gechrieben. Es kann für 19 Euro zzgl MwSt. und Versandkosten bestellt werden: Tel. (0821) 34944-07, Fax: -75, www.aermelhoch.de/shop
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