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Passt genau!

Technik
Passt genau!

In der Münchener Meisterschule für Schreiner steht jetzt eine neue Kantenanleimmaschine von Holzher. Lehrer und Schüler haben sie unter die Lupe genommen. Fachlehrer Norbert Pöschl berichtet über den Test.

Die Meisterschule für Schreiner in München hat ihre alte Kantenanleimmaschine gegen das Modell »1312« von Holzher ausgewechselt. Einige Lehrer waren im Vorfeld skeptisch, weil die Maschine ihnen, gemessen an den Erwartungen an die Leistungsfähigkeit, zu kurz erschien. Da sie nur 4,77 m lang und bei ausgezogener Rollenauflage 1,52 m breit ist, passt sie in die beengten Räumlichkeiten der Lehrwerkstatt. Ein Pluspunkt und ein nicht unwesentlicher Aspekt bei den Investitionsplanung kleiner und mittlerer Schreinereibetriebe. Obwohl die Maschine so kurz ist, erfüllt sie alle Erwartungen an Funktionen und Leistung im vollen Umfang.

Anschluss. Die neue kompakte Kantenanleimmaschine benötigt keine außergewöhnliche Stromversorgung, ein Elektroanschluss von 380 V mit einer Absicherung von 3 x 32 A reicht für die nötige Durchzugskraft. Die Versorgung mit 6 bar Druckluft dürfte keinem Kompressor Probleme bereiten. Zum Hauptstrang der Späneabsauganlage führen vom Fügeaggregat ein Rohrquerschnitt mit 120 mm sowie von den beiden Bündigfräsaggregaten und der Ziehklinge je ein Rohrquerschnitt mit 70 mm Durchmesser. Da die Maschine noch nicht auf ihrem endgültigen Platz steht, mussten wir die Rohrverteilung auf einen nicht ganz ausreichenden Querschnitt aufsetzen. Dennoch sind die Absaugergebnisse augenscheinlich gut.
Einfache Menüführung
Nach dem Aufstellen der Maschine schulte ein Techniker des ortsansässigen Holzher-Vertragspartners, der Eibl GmbH, Ismaning, das Lehrerkollegium. Das vierstündige Programm lief nach dem Schema »zusehen, zuhören und gleich ausprobieren«. Die Einführung war sehr effektiv – ganz im Sinne der einfachen Menüführung der der neuen Kantenanleimmaschine. Die gesamte Steuerung und das Bedienterminal sind durch ihre Logik eingängig und leicht verständlich. Selbst der gelegentliche Nutzer kommt damit zurecht.
Das Materialspektrum. Während der Schulung testeten Schüler und Lehrer die Maschine mit allen erdenklichen Testmustern. Zwischen 6 mm und 45 mm dickes Plattenmaterial kann sie ab einer Mindestlänge von 180 mm und einer Mindestbreite von 60 mm bearbeiten. Es wird wahlweise Rollen- oder Streifenware verarbeitet. Das Spektrum reicht von Rollenware mit einer Mindestdicke von 0,4 mm (Melamin) über Furnierkanten bis zu 3 mm Dicke, ABS- oder PVC-Kantenmaterial bis zu Streifenware von 0,8 mm bis 8 mm Stärke. Die neue Maschine hat alle Kantenmaterialien von Acryl bis Massivholz auf Anhieb problemlos verarbeitet. Nachdem im Testbetrieb bereits mehrere hundert Meter verschiedener Kantenmaterialien angefahren sind, zeigt die Maschine perfekte Ergebnisse.
Bei der Streifenware sollte man sich aber genau an die Vorgaben des Herstellers halten. Die Breitenzugabe soll mindestens 4 und höchstens 6 mm betragen, die eng begrenzte Längenzugabe mindestens 50 und maximal 60 mm. Die präzise Längenzugabe ist erforderlich, weil aufgrund der kompakten Bauweise der Maschine die Aggregate so knapp wie möglich angeordnet sind. Beim Kappen überlanger Streifenware schwenkt das Kappaggregat verzögert in die Ausgangsposition zurück und kann dabei das nachfolgende Werkstück beschädigen.
Granulat oder Patronen
Bei der 1312 sollte das Klebermagazin mit einem Handgriff zu wechseln sein, wodurch die Verarbeitung von Kleberpatronen oder Granulat ermöglicht wird. Test und Praxis beweisen, dass es wirklich wie versprochen funktioniert. Je nachdem, welches Magazin eingewechselt ist, bestückt man es entweder mit bis zu fünf Schmelzkleberpatronen oder einem Schmelzklebergranulat. Ein Pneumatikstempel drückt die untere Patrone oder das Granulat im unteren Bereich des Zuführschachtes gegen ein Heizelement. Dieses schmelzt und erwärmt den Kleber. Dieser wird über eine Schlitzdüse auf die Werkstückkante aufgebracht. Den dafür notwendigen Druck erzeugt der Pneumatikstempel. Das Granulat ist preisgünstiger als Patronen. Letztere empfehlen sich bei häufigen Farb- und Kleberwechseln.
Die Kleberdüse. Die Kantenanleimmaschine verfügt über eine tastende Kleberdüse, die sich automatisch an die Werkstückdicke anpasst. Die Schmelzzone gliedert sich in zwei Temperaturbereiche, den Vorschmelzbereich und den heißeren Düsenkopf, bei dem mit einem Leimkamm der Kleber auf die Schmalfläche des Werkstückes aufgebracht wird. Der Vorteil dieses Systems ist, dass der Kleber nur an der Düsenspitze die erforderliche Endtemperatur aufweist und bei längerer Arbeitsunterbrechung im Vorschmelzbereich nicht überhitzt wird. Die gelegentliche Reinigung der Düse erfolgt manuell mit einer Messingdrahtbürste. Bei Farbwechsel können vom Bedienterminal aus per Knopfdruck über den Befehl »Spülen« Kleberreste der vor verwendeten Farbe ausgeschmolzen werden.
Das Bedienterminal. Holzher hat bei der SPS auf einen Industriestandard gesetzt und sich bei der Programmierung an der Denke der Holzverarbeiter orientiert. Bedienung und Programmstruktur sind leicht verständlich und vieles ist selbsterklärend. Etwas umständlich erscheint die Buchstabenmehrbelegung der Funktionstasten. Für unsere Schüler, die diese Tipperei von den vielen SMS am Handy gewöhnt sind, kein Problem. Mit einer vollständigen Tastatur ließen sich bis zu 80 verschiedene Programme bequemer erstellen und verwalten.
Das Fügeaggregat. Ein großes Plus der neuen Maschine ist das Fügeaggregat. Bei einer maximalen Spanabnahme von 3 mm wird das Werkstück auf Fertigmaß zugeschnitten und die Kantendicke vor dem Kantenanleimen wieder weggefräst. Mit dem Fügeaggregat erübrigt sich das an der Meisterschule bisher praktizierte Formatieren auf dem Bearbeitungszentrum. Das Aggregat ist mit zwei diamatbestückten K-Fräsern ausgestattet. Ihre Schneiden sind geteilt und K-förmig geneigt, damit der Schnitt in Richtung Plattenmitte zieht und keine Ausrisse entstehen. Die Werkzeuge drehen sich in entgegengesetzter Richtung und setzen abwechselnd ein und aus, sodass sich die Schneiden immer von der Kante in Richtung Platte bewegen und keine Ausrisse entstehen.
Die Druckzone. Die Druckzone ist manuell auf die Kantendicke einzustellen und besteht aus drei Andruckrollen. Die größte presst die Kante mit einer Kraft von 300 N an das Werkstück und ist mit einem eigenen, an die Vorschubgeschwindigkeit (11 m/min) angepassten Antrieb versehen. Die beiden kleineren, nicht angetriebenen Rollen weisen eine Anpresskraft von jeweils 80 N auf.
Die Kappaggregate. Die beiden Kappaggregate mit einer Motorleistung von 0,22 kW und einer Drehzahl von bis zu 9000 min-1 verfügen je über ein Sägeblatt mit 110 mm Durchmesser und einer HW-Wechselzahnbestückung Z20. Am Bedienterminal kann man wählen, ob die Kanten gerade oder in einer 15°-Schräge gekappt werden.
Das Bündigfräsaggregat. Die Fräsaggregate arbeiten bei einer Motorleistung von 0,6 kW im Gegenlauf. Bei einem Durchmesser von 56 mm sind sie mit je drei HW-Wendemessern bestückt, die sich entweder zum Bündigfräsen oder zum Anfräsen einer Rundung, wahlweise 2 oder 3 mm, eignen. Für die Flächenbündigkeit sorgt eine Tastrolle. Bei dünnen Kanten lassen sich die beiden Fräsaggregate manuell auf einen Fasenwinkel von 15° neigen.
Fazit
Die Kantenanleimmaschine 1312 von Holzer hat bei uns im Test und im Alltagsbetrieb im Hinblick auf ihre Bedienerfreundlichkeit und die dabei gelieferten perfekten Arbeitsergebnisse überzeugt. Die größte Leistungsfähigkeit erreicht sie bei der Verarbeitung von Rollenware. Aufgrund ihrer exakten Einstellungsmöglichkeiten kann die Maschine alle im Handwerksbetrieb anfallenden Bearbeitungsaufgaben hervorragend meistern, und zwar flexibel und wirtschaftlich, vorausgesetzt, dem Anwender reichen die 8 mm Kantendicke bei Massivholz.
Hier denken viele Handwerker und auch einige aus unserem Testerteam falsch. Eine Maschine, die das gesamte Spektrum der Wünsche abdeckt, also auch Bearbeitungen, die vielleicht mal anfallen könnten, ist meistens zu teuer und unwirtschaftlich. Die 1312 von Holzher erfüllt auch mit der Begrenzung auf 8 mm Kantendicke ein für die meisten Betriebe ausgewogenes Wunschpaket. Wehmutstropfen? Ja! Bei mehr Platz hätten wir noch mehr Aggregate draufgesetzt. Norbert Pöschl
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