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Gut geplant ist halb gekauft

Technik
Gut geplant ist halb gekauft

Schleiftechnik im Holzhandwerk, Teil 3: Bei der Anschaffung einer Breitbandschleif- maschine gilt es viele Faktoren zu berücksichtigen. Dieter Stojan, ehemaliger Schulleiter der Meisterschule Ebern, gibt Tipps zum systematischen Maschinenkauf.

Natürlich kann jeder Schreiner dieSchleifmaschine kaufen, die ihm am besten gefällt. Doch ist die Frage, ob er sich von gefühlsbetonten Aussagen wie »der Kollege Soundso hat das Fabrikat XY gekauft« oder »die Maschine YZ ist viel zu teuer« leiten lässt, oder ob man systematisch an die Entscheidung herangeht. Denn die teuerste Maschine kann sehr wohl die mit den günstigsten Betriebskosten sein. Und was in dem Betrieb eines Kollegen passt, muss längst noch nicht zum eigenen Fertigungsspektrum passen.

Was wird geschliffen?
Der erste Schritt, den Ihnen also niemand abnehmen kann: Sie müssen festlegen, was genau Sie mit der Breitbandschleifmaschine machen wollen. Dazu einige Gedankenanstöße:
  • Wie groß ist das breiteste zu schleifende Teil? (Maschinenbreite 800, 1100 oder 1300 mm, Platzbedarf, Bodenbelastung, Absaugleistung )
  • Wie groß ist das kürzeste Teil? Brauchen Sie »100 x 100 mm« und das dazu nötige Vakuum-Transportband? Die Konsequenzen sind eine zusätzliche Pumpe, wegen der höheren Reibung ein stärkerer Antrieb/Motor, dadurch bedingt auch höherer Verschleiß des Bandes und mehr Wartung …)
  • Wie steht es um die Qualifikation der Mitarbeiter? Nicht jeder ist willens oder fähig, sich mit der Technik so auseinander zu setzen, dass er die Maschine fehlerlos bedienen kann. Je einfacher die Bedienung, desto eher und damit häufiger wird die Breitbandschleifmaschine genutzt. Wie sinnvoll sind die Möglichkeiten der Steuerung und nützen sie Ihnen wirklich? (Wer braucht und behält 1000 Programme?) Binden Sie Ihre Mitarbeiter in diese Entscheidung mit ein, es zahlt sich aus!
In einem zweiten Schritt empfehle ich Ihnen, einfach mal zehn Minuten zu »spinnen«, um herauszufinden, wie Ihre Idealmaschine aussehen müsste. Schreiben Sie auf, was Ihnen durch den Kopf geht, im Gespräch mit dem Anbieter lässt sich das ein oder andere vielleicht als Argument einbringen.
Was gibt’s am Markt?
Der dritte Schritt besteht darin, sich einen Überblick über das Angebot zu verschaffen. Nur wenn Sie wissen, was der Markt bietet, können Sie sich vor einseitigen Informationen und vorschnellen Entscheidungen schützen. Die eingeholten Daten müssen bewertet werden; denn die Maschinen unterscheiden sich im Detail erheblich, und nicht alle Merkmale sind gleich wichtig.
Einige Grundprinzipien sind bei allen Breitbandschleifmaschinen nahezu gleich. So sind die Zeiten des Gussständers lange vorbei – die Schleifqualität ist dabei erheblich gestiegen (entgegen der immer noch weit verbreiteten Meinung vieler Schreiner!). Den Vorschub bewirkt durchweg ein Transportband/Gurt, die Vorschubgeschwindigkeit lässt sich (in Stufen oder stufenlos) zwischen 2,2 und 18 (25) m/min einstellen. Die Schnittgeschwindigkeit variiert (ebenfalls in Stufen oder stufenlos) zwischen 2 und 20 m/s. (Besonders Lackschliff verlangt niedrige Schnittgeschwindigkeiten, womöglich kombiniert mit niedriger Vorschubgeschwindigkeit.)
Der Bandwechsel ist nicht bei allen Maschinen gleich(-gut) gelöst. Einfädelhilfen sind üblich; das eigene Ausprobieren ist hier jedoch unerlässlich! Die Frage, wie und wo die momentan nicht benutzten Bänder aufbewahrt werden, wird selten zufrieden stellend beantwortet. Schlechte bzw. nicht organisierte Lagerung kostet unnötig teure Bänder und Zeit. Für die Länge der Bänder gilt: je länger, desto besser. Je mehr Zeit der benutzte Schleifband-Bereich bis zum nächsten Einsatz hat, desto besser kühlt er ab und desto später setzt er sich zu: Der Standweg verlängert sich, die Kosten sinken. Ob allerdings Größenordnungen von 200 mm hier wirklich einen Unterschied machen, ist fraglich.
Art und Zahl der Aggregate
Die Schleifwalze. Wesentliches Merkmal der Walze ist die Härte ihrer Oberfläche. Hier gilt: je härter, desto mehr kann sie abtragen, der Extremfall ist dazu die (verschleißfreie) Stahlwalze. Der aufvulkanisierte Belag lässt sich mit realistischem Aufwand nicht wechseln. Für den Durchmesser gilt: Je größer er ist, desto steifer und damit vibrationsärmer ist das Aggregat und desto »weicher« ist das Ansetzen auf der Werkstückkante (vergleiche Wagen mit großen oder kleinen Rollen).
Der Schleifschuh. Je breiter der Schuh, desto größer ist die Eingriffzone und damit die Möglichkeit des Ausschleifens; aber auch der Druck: die Reibung und damit der Verschleiß von Schuh und Schleifband nehmen zu. Um diese Wirkungen zu mildern, wird ein Lamellenband (mit einer zusätzlichen Gleitschicht) »zwischengeschaltet«. Schmalere Schuhe haben eine aggressivere Schleifwirkung und nähern sich damit den Möglichkeiten der Schleifwalze. Der Belag des Schuhs lässt sich leicht wechseln und damit in begrenztem Rahmen den Schleifaufgaben anpassen. Die Beläge müssen an/in der Maschine aufzubewahren sein.
Der elektronische Druckbalken reduziert ganz entscheidend die Gefahr des Durchschleifens im Bereich der Werkstück-Längskanten (z. B. bei Lichtausschnitten) oder bei unebenen Werkstücken. Die Wirkprinzipien sind von Hersteller zu Hersteller verschieden. Die Druckelemente sind 12,5 oder 22 oder 50 mm breit. Je schmaler sie sind, desto besser passen sie das Band den Gegebenheiten an; sie kosten aber auch erheblich mehr. Der elektronische Druckbalken mit den schmalen Druckelementen setzt, sollen seine Möglichkeiten voll genutzt werden, entsprechend flexible Schleifbänder voraus, die ebenfalls mehr als die Standardbänder kosten.
Kombi-Aggregate werden von allen Herstellern angeboten. Das will auf den ersten Blick auch einleuchten. Doch ist es wirklich sinnvoll, mit einer Körnung für Walze und Schuh zu arbeiten? Muss das Band gewechselt werden, so ist keine Zeit gespart. Günstiger, trotz ihres höheren Preises, scheint da die Maschine mit zwei Aggregaten.
Schräg stehende Aggregate (Fa. Kündig) haben den Effekt des ziehenden Schnitts: Bei genügender Breite des Schleifschuhs werden dann Markierungen, die das (zugesetzte) Band hinterlässt, wieder überschliffen; auch soll das zweidimensionale Angreifen des Bandes besseres Ausschleifen bewirken und damit das Lamellenband ersparen.
Querschleif-Aggregate schleifen aggressiver; das heißt, dass Fugenpapier oder Leimfugen rascher und mit weniger Zusetzen des Bandes entfernt werden. Vor allem fladerige Nadelhölzer können eben ausgeschliffen werden. Aber das ist ja für Schreiner gar nicht neu; denn auf der Langband-Schleifmaschine haben wir’s alle schon vor Jahrzehnten angewandt!
Überhaupt: die Zahl der Aggregate! Da scheint der Trend auch für das Handwerk zu »immer mehr« zu gehen. Ziel ist freilich, das Werkstück in einem Durchgang fertig zu schleifen, Lackschliff eingeschlossen. Handarbeit soll es auch hier nicht mehr geben. Unstrittig werden mit mehr Aggregaten die Zeiten für Bandwechsel reduziert, doch steigt der Platzbedarf für die Maschine, die Bodenbelastung usw. Die benötigte Absaugleistung steigt mit jedem Aggregat und ist schnell höher als die Leistung für alle übrigen Maschinen. Die Folgekosten können erheblich sein!
Fräsaggregate. Wer besonders viel Material abzutragen oder viele Fugen mit Leimresten hat oder auch nur eine breitere Hobelmaschine für seine Werkstücke braucht, dem kann als erstes Aggregat in der Maschine die »Hobelwelle« helfen (SCM).
Die Oszillation des Schleifbandes vermindert Markierungen auf der geschliffenen Fläche durch den Bandstoß oder zugesetzte Bandstellen – wenn der Schleifschuh breit genug ist und Band- sowie Vorschubgeschwindigkeit zueinander passen. Hier unterscheiden sich die Steuerungssysteme und die seitliche Auslenkung. Endlagen-Dämpfung sorgt für »weiches« Hin und Her; das mindert die übertragbaren Schläge auf die Schleifwerkzeuge.
Die Band-Ausblaseinrichtung kann Holz- oder Lackpartikel aus dem Schleifhand lösen, sie kühlt das Band; beides hilft, den Standweg des Bandes zu verlängern. Zu bedenken ist der erheblich höhere Druckluftverbrauch.
Dickenmessgeräte sind seit langem in viele Maschinen integriert; Bütfering bietet z. B. eine »elektronische Messzange«, von der die Werte über Funk an die BBS übertragen werden.
Machen Sie sich die Mühe des systematischen Maschinenkaufs: Die Ersparnis, die Sie haben, weil Sie keine unnötigen Ausstattungsmerkmale gekauft haben oder weil die Montage reibungslos läuft, macht den Zeitaufwand mehr als wett! Dieter Stojan

Schleiftechnik im Holzhandwerk
Als Ergänzung zu diesem Beitrag finden Sie unter www.dds-online.de, Rubrik »Downloads«, Checklisten des Autors zum systematischen Maschinenkauf. Unter der Rubrik »Marktübersichten« finden Sie das aktuelle Angebot an Breitbandschleifmaschinen. Teil 1 und 2 dieser Serie erschienen in dds 4/06, S. 30 ff. und dds 5/06, S. 36 ff.
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