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Gläserner Vorhang

Technik
Gläserner Vorhang

Als Verbundwerkstoff gewinnt Glas im Innenausbau an Bedeutung. In Kombination mit Dekor- oder Material-Inlays bietet es faszinierende Gestaltungsmöglichkeiten. Oliver Hess stellt sie vor.

Die Individualisierung in der Gestaltung industriell gefertigter Werkstoffe hat auch vor den Entwicklungsabteilungen der Glashersteller nicht halt gemacht. Als Werkstoff regt Glas Designer und Produzenten immer wieder an, dem erkannten Material neue Funktionen und Verfahren hinzuzufügen oder das Material in seinen Möglichkeiten auszuloten. Die Rückkehr des Dekores im Interior-Design und eine zunehmende Individualisierung von Oberflächen und Dekoren unter Aufrechterhaltung von reproduzierbaren Materialeigenschaften kann man auch in anderen Bereichen des Innenausbaues entdecken, wie z. B. im Individual-HPL, oder im Direktdruck auf Hölzern erleben.

Was ist das Besondere am Glas? Die einzigartige Wirkung eines Materials, Dekores unter bzw. hinter einer Glasscheibe ist ähnlich der eines schönen Steines im klaren Wasser eines Baches. Die Schicht des Glases verstärkt die Wirkung des darin geborgenen Dekors/Motivs. Rückseitig farbig lackierte Gläser haben den Anfang gemacht mit dem geradezu unnahbar scheinenden Material und dem besonderen Reiz der Anmutung. Diese Flächen haben Einzug gehalten in Bereichen des Innenausbaus, die vormals keramischen Belägen oder Blechen vorbehalten waren.
Das Ornament. Den Wünschen der Kunden oder Bauherren sind (fast) keine Grenzen gesetzt. Segen und Fluch sind jetzt die Möglichkeiten, die sich bieten. Das Glas kann direkt bedruckt werden z. B. mittels UV-härtender Tinten, danach bedürfen diese einer weiteren schützenden Lackschicht.
Ebenso kann das Motiv mit Digitaldruck auf Klebefolien gedruckt werden und zwischen zwei Glasscheiben zu einem Glas mit entsprechender Funktion, wie z. B. einem Verbundglas, laminiert werden. Über die Haltbarkeit der Tinten und Farben in beiden Verfahren gibt es bisher noch keine Langzeiterfahrung.
Um ein Motiv beständig mit dem Glas zu verbinden und es gleichzeitig gegen Witterung, Feuchtigkeit oder gar Abrieb zu schützen, wird ein Verfahren z. B. von der Firma Sprinz (www.glas-sprinz.de) seit Jahren erfolgreich angewandt. Mittels Siebdruck werden keramische Siebdruckfarben aufgedruckt und später fest eingebrannt.
Je nach gewünschtem Eindruck an Materialität werden die Motive auf die Vorder- oder Rückseite der Gläser gedruckt. Eine Kombination aus Druck und farbigen Gläsern ist hier ebenso möglich wie eine Kombination aus beidseitigem Druck. Haltbarkeit und Belastbarkeit haben hierbei den Vorrang, die erzielbare Detailgenauigkeit und Druckauflösung von 110 dpi und eine momentan noch recht grobe Rasterung schränken den Wunsch der Designer nach hoher Zeichnungstiefe ein. Bei der Firma Sprinz stehen Neuerungen ins Haus, die hier deutliche Verbesserungen versprechen.
Dekorative Motive lupenrein. Für die Aufgabenerstellung, ein Höchstmaß an Abbildungsgenauigkeit der Motivvorlage zu ermöglichen, werden Motive hochauflösend auf echtes Filmmaterial mittels Lambda-Technik belichtet. Fotografen und Grafikdesigner als Lieferanten oder Produzenten der Motive schätzen die Vielfalt der Filmmaterialien aus dem Hause Kodak. Klassisches Fotopapier in hochmatt bis zu Metallic-Papieren können Motivträger sein. Besondere Filmmaterialien, dem Diafilm ähnlich – klar oder einseitig transluzent, eröffnen weitere Möglichkeiten als Inlays in der Präsentation besonderer Inhalte z. B. in Museen.
Die Farbtreue, die Zeichnungstiefe und insbesondere die erstaunlich präzise Farbverbindlichkeit und die Lichtechtheit bei bekannter jahrelanger Beständigkeit des Filmmaterials im Verbund des Glases eröffnen die Möglichkeit, auch Fotoarbeiten in Bereichen mit hohen Anforderungen an Sicherheit und Schwerentflammbarkeit umzusetzen und mit großflächiger Detailtreue anzuwenden. So verarbeitete Glasscheiben können dann als Verbundgläser im Innenausbau weiterverarbeitet werden als freistehende Elemente wie Abtrennungen oder Hinterleuchtungen. Auch hier definiert der gewünschte optische Eindruck das zu wählende Filmmaterial.
Materialverbund. Verarbeitung von Material und Motiven im Verbund von Glasscheiben ist z. B. eine Spezialität der Firma Simon-Glas (www.simon-glas.de, Kölling-Gruppe).
Das Verfahren: Zwei oder mehr Glasscheiben werden mittels PVB (polyvinylbutyl) oder EUS (ethylene vinyl acetate) sowie Hitze und Druck verbunden. Verwendet wird gehärtetes, geglühtes oder getempertes Glas unterschiedlichster Dicken um z. B. Sicherheitsglas oder Ähnliches mit besonderen Anforderungen zu erzeugen.
Aufhängung. Sollen Einzelmotive oder ganze Verkleidungen unsichtbar befestigt werden, gewährleisten rückseitig aufgeklebte Magnetaufhänger eine feste, geprüfte und mittels Gegenmagneten jederzeit lösbare Verbindung.
In Bereichen mit erhöhten Anforderungen an den Brandschutz kann der Materialverbund auch eingesetzt werden, hier könnte die Befestigung mittels eingebohrter Aufhängersysteme ähnlich denen von Fassadensystemen oder boden- und deckengleicher U-Schienen gelöst werden.
Entwicklung. Die Technik geht bei der Entwicklung neuer dekorativer und kreativer Materialverbände in Siebenmeilenstiefeln voran. Dieses Verfahren erlaubt die Kombination der Transparenz, Härte und strukturellen Qualitäten des Glases auf der einen Seite mit den dekorativen und ästhetischen Eigenschaften der jeweils einlaminierten Materialien auf der anderen Seite.
  • Metall: Metall aus feinen Geweben bis hin zu dekorativ geätzten Metallfolien bietet eine innovative Bandbreite an Gestaltungsmöglichkeiten.
  • Textilien/Stoff: Ein Glasverbund mit einer Lage aus Textilien eröffnet ein weiteres großes Feld an Gestaltungsmöglichkeiten. Die Vielfalt an Geweben von Seide über Baumwolle bis zu sogenannten Ausbrennern, die in Gläsern für den Außen- oder Innenbereich eingesetzt werden können. Diese fast zerbrechlich wirkenden Gewebe und Stoffe, wie in einer Momentaufnahme gefangen oder eingefroren, machen den Strauß an Möglichkeiten fast unüberschaubar üppig, wenn man bedenkt, dass Hersteller auch anbieten, nicht nur gestellte Stoffe zu verarbeiten, sondern es auch noch ermöglichen, diese in Faltenwürfen und Überlagerungen einzulaminieren.
  • Holzfurniere: Dass Holzfurniere beigestellt oder teilweise schon als Standard angeboten und verarbeitet werden, erstaunt an dieser Stelle nicht sonderlich.
Die Option, dass laminierte Gläser, letztendlich bei den textilen Inlays besonders interessant, auch noch mit verspiegelten, bedampften oder opaquen Rückseiten kombiniert werden können, stellt Designer, Architekten, Bauherren und Verarbeiter vor die schwere Aufgabe, aus der Vielfalt das richtige Material (mit den richtigen dekorativen Eigenschaften) auszuwählen.
Die genaue/intensive Beschäftigung aller Projektbeteiligten mit der Aufgabe das Abwägen der Parameter des Glases wie Funktion, Sicherheitsanforderungen, Farb- und Materialverbindlichkeit, Abbildungsgenauigkeit beim Druck, die Lieferzeit und letztendlich auch der Preis sind wie die Stellrädchen einer Maschine zu verstehen, die die Auswahl eingrenzen. Damit die fast unüberschaubare Auswahl an individualisierten Gläsern im Kontext der Innenarchitektur nicht im Missklang einer Material- und Motivschlacht endet, sondern zum Teil eines gut orchestrierten Gesamtergebnisses wird, ist Materialkenntnis gefragt.
Partner. Die Zusammenarbeit mit professionellen Bilddatenbanken, Fotografen oder Grafikdesignern bietet sich hier an, da diese Partner das notwendige Know-how und Equipment zur farbverbindlichen Übergabe von Daten an den Belichtungsdienstleister haben.
Den Produktionen von individualisierten Halbzeugen aus Glas sollte immer eine Bemusterung mit allen kniffligen Farben oder Details vorangehen und als Zeitpuffer bei der Projektierung mit eingeplant werden.
Fazit. Der Tischler ist an dieser Stelle weiterhin als professioneller Berater zwischen den Partnern eines Projektes gefragt. Oliver Hess
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