1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite » Technik »

»Gelungenes Beispiel«

Technik
»Gelungenes Beispiel«

Pfleiderer setzt Mais und Weizen für seine neue Spanplatte BalanceBoard ein. Nahrungsmittel als Werkstoff – kann das sinnvoll sein? Wir haben Dr. Stephan Piotrowski, Experte für nachwachsende Rohstoffe am Nova-Institut in Köln, gefragt.

Das für »BalanceBoard« verwendete Biomassegranulat besteht aus stärkereichen Körnern, etwa aus Mais- oder Weizenkörnern, die nach einem patentierten Verfahren aus der Lebensmittelindustrie auf das zehn- bis zwölffache Volumen expandiert werden – quasi aus Popcorn. Verwendet werden ausschließlich Körner, die nicht für die Lebensmittel- und nur bedingt für die Futtermittelerzeugung verwendet werden können. Etwaige Bedenken, hier würde eine neue Konkurrenz zur Nahrungsmittelerzeugung entstehen, können daher ausgeräumt werden.

Prinzip der Kaskadennutzung
Die Nutzung dieses Minder- oder Industriegetreides als Werkstoff konkurriert im Wesentlichen mit der sofortigen energetischen Verwertung, sprich der Verbrennung. Aus Sicht der Ressourceneffizienz ist eine der energetischen Nutzung vorgeschaltete stoffliche Nutzung aber äußerst vorteilhaft. Dies ist das Prinzip der Kaskadennutzung: Erst stofflich, dann energetisch nutzen – verbrennen kann man nur einmal! Eine hohe Ressourceneffizienz bei der Nutzung nachwachsender Rohstoffe ist nur über eine Kaskadennutzung zu erreichen, die zudem unmittelbar mit höheren Treibhausgas-Einsparungen verbunden ist.
Eine wichtige Anforderung an Holzwerkstoffe ist, hohe Festigkeit bei geringer Rohdichte zu bieten. Bei abnehmender Rohdichte sinken jedoch die Festigkeitseigenschaften. Durch Zugabe sehr leichter, voluminöser Zusatzstoffe kann dies deutlich verringert oder sogar kompensiert werden. Industriell wird das bisher lediglich durch Zugabe von Polystyrol erreicht. Platten, die Polystyrol enthalten, sind jedoch durch einige Nachteile gekennzeichnet, wie eine erschwerte spätere stoffliche Wiederverwertung. BalanceBoard ist nach Angaben des Herstellers um bis zu 30 % leichter als eine herkömmliche Spanplatte. Dabei haben Untersuchungen an der Universität Göttingen gezeigt, dass Spanplatten mit einer Mittelschicht aus Popcorngranulat eine höhere Festigkeit aufweisen als vergleichbare Platten aus Holzspänen.
Steigende Holzpreise
Die deutsche Holzwerkstoffindustrie produzierte im Jahr 2009 etwa 6,6 Mio. m3 Spanplatten, 3,8 Mio. m3 MDF, 1,1 Mio. m3 OSB und 130.000 m3 Sperrholz. Sie ist nach der Sägeindustrie der zweitgrößte Rohholzverbraucher. Nach einem nur zeitweisen Einbruch bedingt durch die Wirtschaftskrise steigen nun allerorts wieder die Rohstoffpreise und so auch die Holzpreise.
Vor diesem Hintergrund hat die Versorgungssicherheit der Holzwerkstoffindustrie an Bedeutung gewonnen. Durch die Substitution von Holz durch andere nachwachsende Rohstoffe wird daher neben verbesserten Produkteigenschaften vor allem eine größere Unabhängigkeit vom Rohstoff Holz angestrebt.
Die steigende Nachfrage nach Holz in Deutschland wird vor allem von klima- und energiepolitischen Zielen der EU und der Bundesregierung beeinflusst. Ohne eine zusätzliche Nachfrage für die subventionierte energetische Verwendung von Holz wären die Preisanstiege moderater. Der Anteil der stofflichen Nutzung des Holzaufkommens liegt zwar mit fast 60 % immer noch deutlich über der energetischen Nutzung, jedoch steigt der Anteil der energetischen Nutzung stetig.
Weitere Alternativen gefragt
Die zukünftigen Engpässe auf dem Holzmarkt können – neben einer Intensivierung der Holznutzung – durch die Erschließung anderer Quellen abgemildert werden. Hierzu zählen alternative Rohstoffe aus dem Agrarsektor. Anteilig substituieren lässt sich Holz prinzipiell durch eine ganze Reihe von Nischenkulturen, Nebenprodukten und auch Reststoffen. Die tatsächliche technische und wirtschaftliche Machbarkeit lässt sich letztlich nur durch erfolgreiche Markteinführungen demonstrieren. BalanceBoard scheint hierfür ein gelungenes Beispiel zu sein. Dr. Stephan Piotrowski
»Verwendet werden Körner, die nicht als Lebensmittel und nur bedingt als Futtermittel geeignet sind.«
Stephan Piotrowski

Der Autor
Dr. Stephan Piotrowksi ist am Nova- Institut in Köln zuständig für Biowerkstoffe und Ressourcenmanagement. Das private und unabhängige Institut »nutzt und kreiert Expertenwissen, um den Einsatz nachwachsender Rohstoffe voranzutreiben«. Das Institut ist in der Marktforschung, in Industrie- und Politikberatung sowie im Projektmanagement tätig.
Nova-Institut GmbH 50354 Hürth, Deutschland Tel.: (02233) 48-1440, Fax: -1450 www.nova-institut.de
Aktuelles Heft
Titelbild dds - das magazin für möbel und ausbau 4
Aktuelle Ausgabe
04/2024
EINZELHEFT
ABO
dds-Zulieferforum
Tischlerhandwerk in Zahlen

Zahl der Betriebe im Tischlerhandwerk

dds auf Facebook


dds auf YouTube

Im dds-Channel auf YouTube finden Sie:
– Videos zu Beiträgen aus dds
– Kollegen stellen sich vor
– Praxistipps-Videos
– Maschinen & Werkzeuge

Abonnieren Sie dds auf YouTube »