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»Für uns nicht relevant!«

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»Für uns nicht relevant!«

»Für uns nicht relevant!«
Verhält sich der Tischler und Schreiner ordnungswidrig oder begeht er sogar eine Straftat, wenn er sich nicht an die neue ChemVOCFarbV hält? Rechtsanwalt Michael Peter kommentiert die Verordnung aus rechtlicher Sicht.

Die »chemikalienrechtliche Verordnung zur Begrenzung der Emissionen flüchtiger organischer Stoffe (VOC) durch Beschränkung des Inverkehrbringens lösemittelhaltiger Farben und Lacke«, kurz ChemVOCFarbV, wendet sich ausschließlich an Hersteller und Händler von Farben und Lacken (http://bundesrecht.juris.de/chemvocfarbv). Die Straf- bzw. Bußgeldvorschriften lauten:

ChemVOCFarbV § 6 Ordnungswidrigkeiten (Etikettierung): Ordnungswidrig im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe c des Chemikaliengesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 4 ein Produkt nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig mit einem Etikett versieht.
ChemVOCFarbV § 7 Straftaten (Verkauf): Nach § 27 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 bis 4 des Chemikaliengesetzes wird bestraft, wer entgegen § 3 Abs. 1 eine Farbe, einen Lack oder ein Produkt in den Verkehr bringt.
Nur Lieferanten angesprochen
Die Strafandrohung oder die Androhung von Bußgeldern betreffen jedoch ausdrücklich nicht den Verwender und damit auch nicht den Tischler und Schreiner. Ziel der Regelung war nämlich, durch Beschränkungen bei den Herstellern und im Fachhandel dafür zu sorgen, dass entsprechende Beschichtungsmaterialien erst gar nicht mehr vertrieben werden und infolgedessen auch nicht mehr verwendet werden können.
Es stellt daher keinen Verstoß gegen die Verordnung dar, wenn für die Lackierung einer Treppenanlage ein Oberflächenmaterial eingesetzt wird, das eigentlich für den Möbelbau gedacht und dort zulässig ist. Die Übergangsfrist von zwölf Monaten zum 31. 12. 2007 betrifft also lediglich Hersteller und Händler von Lacken und Farben. Die betreffende Lagerware muss vor dem 1. Januar 2008 verkauft sein. Lagerware beim Treppenhersteller kann jedoch ohne Verstoß gegen die Verordnung auch noch nach dieser Frist aufgebraucht werden.
Vorläufige Entwarnung
Auf die Dauer wird man sich der Anwendung Wasser basierender Produkte nicht entziehen können. Vorläufig erreicht jedoch der Handlungsdruck bezüglich herkömmlicher DD- oder NC-Lacke nicht das Maß wie befürchtet.
Auf einer anderen rechtlichen Ebene befindet man sich, wenn es um die Anforderung seitens der Kunden geht. Man stelle sich vor: Der Schreiner liefert die herkömmlich lackierte Treppe aus und der Kunde moniert nach einigen Tagen den Lösemittelgeruch. Ist die Treppe dann mangelhaft? Ein Sachmangel liegt vor, wenn der Ist- vom Soll-Zustand abweicht. Wenn ein herkömmlicher Lack geeignet ist, dauerhaft die Oberfläche der Treppe zu schützen, wovon bei fachgerechtem Auftrag auszugehen ist, dann liegt kein Sachmangel vor. Die Lösemittel und damit der vermeintliche Sachmangel verflüchtigen sich ja im wahrsten Sinne des Wortes. Einen abstrakten, von der Sache selbst losgelösten Sachmangel gibt es ohnehin nicht: Der vermeintliche Verstoß gegen eine Verordnung mit völlig anderer Regelungsabsicht (Umweltschutz) lässt sich eben an der Sache selbst nicht feststellen.
Ein Zuwiderhandeln gegen vertragliche Nebenpflichten (etwa in Bezug auf die Einhaltung zwingender gesetzlicher Bestimmungen) liegt ebenfalls nicht vor, weil die gesetzliche Bestimmung gerade eben nicht den Schreiner verpflichtet, nur VOC-arme Lacke auf Treppen oder sonstige Bauelement zu verspritzen.
Wind aus anderer Richtung
Einen anderen rechtlichen Ansatz liefern allgemeinere Arbeits- und Umweltschutzbestimmungen. Zu denken ist hier an die Gefahrstoffverordnung bezüglich der Arbeitnehmer oder an die TA-Luft hinsichtlich der Nachbarn von Lackieranlagen. Wenn sich letztere über Lösemittelgerüche beschweren, wird zwar die Verordnung keine direkte Rolle spielen, aber es wird sicherlich schwierig werden, der Gewerbeaufsicht zu erklären, warum man weiterhin auf seine Treppen die alten Lacke aufbringt, die es eigentlich für Treppen gar nicht mehr geben dürfte.
Das Aufbringen von nicht VOC-reduzierten Beschichtungen auf Bauteile wie Treppen stellt weder jetzt noch nach dem 1. 1. 2008 einen Bußgeld- oder Straftatbestand dar. Hier sind insoweit auch nicht die Gefahrstoffverordnung (dort etwa Anhang IV) oder das Chemikaliengesetz einschlägig. Es gilt der Rechtsgrundsatz: Ohne ein bestimmtes, den Tatbestand genau beschreibendes Gesetz, kann man nicht angeklagt, noch viel weniger verurteilt werden.
Es mag sein, dass der Gesetzgeber hier in Zukunft eine Regelungslücke entdeckt – aber so weit sind wir noch lange nicht!
Rechtsanwalt Michael Peter,
Wirtschaftsverband HKH Saar und Deutsches Holztreppeninstitut
»Ein für Möbel etikettierter Lack darf weiterhin auf Treppen und Bauteile!« Michael Peter
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