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»Für mich rechnet es sich«

Technik
»Für mich rechnet es sich«

Warum eine neue Maschinen kaufen, wenn das Angebot an Gebrauchten so groß ist wie jetzt? Tischlermeister Holger Antoni überholt Maschinen für den Eigenbedarf. Zurzeit liebäugelt er mit einer Formatkreissäge mit Parallelschnittschlitten.

Was bewegt Sie, gebrauchte Maschinen aufzuarbeiten?

Die Mechanik, der Maschinenbau und das Arbeiten mit Metall begeistern mich. Als Jugendlicher habe ich mich intensiv mit Motorrädern befasst und so die ersten Erfahrungen mit der Metallverarbeitung sammeln können. Auch die Maschinen und die Vorrichtungen Marke Eigenbau in der Schreinerei meines Vaters haben mein Interesse geweckt. Mein Vater hat die Schreinrei – genauso wie ich jetzt – allein betrieben. Viele Arbeiten, wie beispielsweise den Plattenzuschnitt, hätte er ohne selbst gebaute mechanische Hilfsmittel und Vorrichtungen überhaupt nicht allein erledigen können. Daher ist das Thema Mechanik für mich von hoher Bedeutung. Meine Werkstatt ist bestens ausgestattet. Die Standardmaschinen von Martin und anderen renommierten Herstellern sind zwar nicht mehr nagelneu, aber im Top-Zustand.
Welche Maschinen sind gebraucht?
Zunächst habe ich vor einigen Jahren die Kantenanleimmaschine »KS 25« von Brandt günstig gebraucht gekauft, selbst wieder instand gesetzt und überholt. Die Maschine eignet sich für Rollenware und bis zu 20 mm dicke Massivholzanleimer. Mit den Kapp-, Vor- und Nachfräsaggregaten, der Ziehklinge und der Bandschleifstation kann ich alle anfallenden Arbeiten bestens erledigen. Kürzlich ergab sich die Gelegenheit, eine Kopierdrechselmaschine von Killinger zu erwerben. Diese habe ich komplett zerlegt und überholt, sodass sie jetzt wieder wie neu ist. Aktuell überlege ich, eine gebrauchte Martin-Formatkreissäge vom Typ »T 71« zu kaufen und zu überholen. Diese Maschine verfügt über einen Schlitten mit Parallelschnitteinrichtung und erlaubt besonders präzise Formatschnitte.
Rechnet sich der Aufwand?
Für mich schon! Zum einen macht es mir Spaß, zum anderen kann ich mir so Maschinen leisten, die sich sonst bei meiner Betriebsgröße nicht amortisieren würden. Bei dieser Rechnung darf ich jedoch nicht die Stunden ansetzen, die ich nach Feierabend bzw. nach dem Geldverdienen investiere. Da ich niemanden beschäftige, stehe ich auch nicht unter dem ständigen Druck, Aufträge zu akquirieren und kann meine Zeit recht frei einteilen. Jemandem, der Mitarbeiter beschäftigt und auch noch eine Familie hat, die abends nicht alleingelassen werden will, rate ich, lieber neue oder vom Händler generalüberholte Maschinen zu kaufen.
Beobachten Sie den Gebrauchtmaschinenmarkt?
Ja, vor allem im Internet und auf den Messen von Firmen wie Dr. Keller oder Höchsmann. Bisher war ich jedoch erst einmal auf einer Auktion. Das Internet bringt eine recht hohe Transparenz in den Gebrauchtmaschinenmarkt, sodass es immer schwieriger wird, attraktive Schnäppchen zu finden. Was mich reizt, und was ich neugierig beobachte, sind CNC-Maschinen. Abgesehen davon, dass sie für meinen Betrieb wirtschaftlich jetzt noch nicht in Frage kommen, würde ich mich jedoch an ihre Instandsetzung noch nicht heranwagen. Die Zusammenhänge zwischen Steuerung und Mechanik sind nicht zu unterschätzen.
Könnten Sie eine CNC-Maschine gebrauchen?
Obwohl ich selbst kein Bearbeitungszentrum habe, arbeite ich sehr wohl mit CNC-Technik, und zwar bei einem Kollegen. Dieser kann so sein Bearbeitungszentrum besser auslasten. Das mache ich mit meiner Werkstatt genauso und überlasse sie stundenweise gegen Bezahlung Kollegen, die meinen Maschinenpark schätzen. Neben normalen Möbel- und Innenausbauaufträgen fertige ich Lautsprecherboxengehäuse in Kleinserien, und zwar im Foldingverfahren. Die Dreieckkerben und die Ausfräsungen für die Lautsprecher lasse ich auf der CNC meines Kollegen fräsen. Um mich mit der CNC-Technik näher zu befassen, habe ich mir eine kleine gebrauchte Mini-CNC von I-Mes mit Zweieinhalbachsensteuerung und CAD/CAM-System zugelegt. Die Tischfläche beträgt lediglich etwa 60 x 60 cm. Das Aggregat ist vergleichbar mit einer Handoberfräse. Da ich diesen Apparat nicht wirklich wirtschaftlich einsetze, zähle ich ihn auch nicht zum Inventar. Es wäre aber trotzdem denkbar, dass ich die Maschine neben meinem normalen Geschäft kleine Arbeiten ohne Zeitdruck erledigen lasse.
Wie gehen Sie beim Kauf vor?
Zunächst stelle ich mir die Frage, was die Maschine überhaupt können soll und welche Erweiterungs- und Ausbaumöglichkeiten ich von dem Modell erwarte. Danach suche ich im Internet, auf Händlermessen oder in Fachzeitschriften nach passenden Angeboten. Dabei finde ich auch relativ schnell die Orientierung für meine Preisvorstellung. Liegt ein konkretes Maschinenangebot vor, erkundige ich mich zunächst beim Hersteller, ob und bis wann es für das entsprechende Modell noch Ersatzteile, Aggregate und Zubehör gibt. Bei einer Maschine eines Herstellers, der vom Markt verschwunden ist, wäre ich eher vorsichtig und würde mich genau informieren, ob es zuverlässige Quellen und Partner für Ersatzteile und Serviceleistungen gibt.
Worauf kommt es bei Ihrer nächsten Investition, der Formatkreissäge, besonders an?
Das Wichtigste ist ein präziser und ruhiger Lauf des Schlittens. Hier werde ich den gesamten Verfahrweg unter die Lupe nehmen, ob der Schlitten nach hinten oder vorne wegkippt oder in der Mitte eingelaufen ist. Ist der Lauf nicht mehr in Ordnung, würde ich zunächst versuchen, ihn mit den seitlichen Stellschrauben zu korrigieren. Wenn das nicht gelingt, würde ich mich beim Hersteller schlau machen und den Austausch der Führungen durchkalkulieren. Meines Wissens lassen sich bei Martin-Maschinen die einfach aufzuklebenden V-förmigen Führungsnuten ganz unkompliziert austauschen.
Welche Werkzeuge benötigen Sie für die Instandsetzung?
Neben den Dingen, die jeder Tischler und Schreiner ohnehin in seinem Werkzeugschrank hat, gehören zur Grundausstattung eine Messuhr mit Magnetstativ und verstellbarem Arm zum Abtasten von Maßabweichungen bewegter Teile, ein sehr guter Messschieber und ein großer Winkel der Präzisionskategorie 1 mit den Schenkellängen 50 und 100 cm.
Wo kaufen Sie Ersatzteile und Materialien ein?
Das lässt sich nicht pauschal sagen. Wichtig ist es, die Augen offen zu halten, auf Typenschilder an Motoren, Aggregaten oder sonstigen Bauteilen zu achten, sich nicht zu scheuen, den Hersteller zu kontaktieren und auch Schlosser oder Maschinenbauspezialisten vor Ort zurate zu ziehen. Besonders hilfreich ist eine Bezuquellenliste für Maschinenlemente und Zubehör von der Meisterschule Ebern, die mir ein Freund gegeben hat.
Zerlegen Sie die gebrauchten Maschinen komplett?
Bei der Kantenanleimmaschine habe ich nur den kritischen Bereich rund um die Leimangabe und die Kantenzuführung zerlegt und erneuert. Den Rest habe ich intensiv gereinigt und Reparaturen nur dort, wo es nötig vorgenommen. Alle Ketten habe ich im Dieselbad gereinigt und die Druckrollen ausgewechselt. Die Drechselmaschine habe ich komplett zerlegt und das Bett bei einem ortsansässigen Maschinenbauer schleifen lassen. Die Formatkreissäge werde ich vermutlich nicht komplett zerlegen, sondern nur reinigen und wo nötig erneuern.
Das Interview führte dds-Redakteur Georg Molinski
»Vor dem Kauf einer Gebrauchtmaschine mache ich mich beim Hersteller schlau« Holger Antoni
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