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Der richtige Mix

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Der richtige Mix

Ein Forscherteam mischt jetzt preiswerte Holzspäne unter feine Schüttdämmstoffe. Das spart Kosten und verbessert die Eigenschaften. Johannes Tröger, Fritz Tröger und Lucia Groß stellen ihr Forschungsprojekt vor.

Späne aus Holz und andere Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen waren vor dem ersten Weltkrieg die gebräuchlichsten Dämmstoffe überhaupt. Heute gilt dieses schütt- und einblasbare Material als ökologische und preiswertere Alternative zu den kostenaufwändigen mineralischen Faserstoffmatten. Seit etwa zehn Jahren setzt der Fertighaushersteller Baufritz unter wissenschaftlicher Begleitung der Fachhochschule Rosenheim Frässpäne zur Wärmedämmung ein.

Holzspäne als Dämmstoff gelten als ökologisch, weil sie aus einem nachwachsenden Rohstoff gewonnen werden, sich mit relativ geringem Energieaufwand erzeugen lassen, langfristig CO2 binden, ausreichende Wärmeisolation bieten und somit Heizenergie einsparen. Bisher wurde der Dämmstoff Holz als eine stoffliche Verwertung von in der Holzverarbeitung entstandenen Abfallspänen genutzt.
Suche nach optimalem Span
In einem Grundlagenprojekt vom Institut für Werkzeugmaschinen (IfW) in Stuttgart und der Holzforschung München (HFM) wollen wir preiswerte und effektive Kompositdämmstoffe entwickeln. Die Zugabe von Holzspänen soll die Kosten von schütt- und einblasbaren Dämmungen senken, und zwar durch Herabsenkung der Dichte sowie durch Substitution einen Teils des feinen Schüttdämmstoffs durch preiswertere Frässpäne aus Holz. Überschlagsrechnungen lassen auf eine Halbierung der Dämmstoffkosten hoffen.
Setzungsverhalten. Damit sich die Schüttung sich nicht soweit setzt, dass Kältebrücken entstehen können, erfordern Schüttdämmstoffe eine materialabhängige Einbaudichte. Die Wärmeleitfähigkeit ist ebenfalls dichteabhängig. Oft lässt sich die hinsichtlich der Wärmeleitfähigkeit optimale Dichte nicht realisieren, weil die Setzungssicherheit eine höhere Dichte erfordert.
Wärmedämmverhalten. Spandämmstoffe zeigen einen besseren Wärmedämmwert, wenn sie besonders viele feine Partikel enthalten. Hingegen führen größere, federelastische Späne wiederum zu einem deutlich besseren Setzungsverhalten, d. h., dass sie im Gefach mit der Zeit weniger nachsacken.
Späne eigens hergestellt
Mit den zurzeit steigenden Holzpreisen und der zunehmenden Brennholznachfrage ist auch mit einer Verteuerung der Späne aus der Holzverarbeitung zu rechnen. Statt teure Restspäne einzusetzen, wollen wir eigens für den Kompositdämmstoff optimierte und hergestellte Späne verwenden. Zu den Zielen des Forschungsvorhabens gehört das Auffinden einer wirtschaftlichen Lösung für die Späneerzeugung sowie die Optimierung der Spanform in Bezug auf Setzungsverhalten und Wärmeleitzahl.
Wir gehen davon aus, dass eine geringe Wärmeleitung und eine hohe Setzungssicherheit völlig unterschiedliche Partikel erfordert. Es gibt eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten von federelastischen Holzspänen und anderen Dämmstoffpartikeln. Hierüber liegen jedoch noch keinerlei systematische Untersuchungen vor. Außerdem ist der Zusammenhang von Wärmeleitung und Setzungssicherheit in Abhängigkeit von der Spanmorphologie und den Herstellungsbedingungen noch nahezu völlig unbekannt.
Erste Ergebnisse
Mit einem Versuchswerkzeug mit einem Einstellwinkel von k = 15° erzeugten wir auf einer Durchlaufmaschine aus trockenem Schnittholz ein überaus lockeres Spangut mit einer Schüttdichte von ca. 12 kg/m3. Da trockenes Schnittholz für die Dämmstofferzeugung zu teuer ist, erzeugten wir ebenfalls Späne aus fehlerbehaftetem waldfrischem Rundholz. Dazu rüsteten wir ein 3-Achs-Bearbeitungszentrum von Maka mit einem neuen Motor und einem Kegelstirnplanfräser aus. Je nach Zerspanungsbedingungen lassen sich sehr verschiedene Spanformen erzeugen, z. B. Roll- und Flachspäne, leicht gerollte Späne sowie gefaltete Späne unter reproduzierbaren Bedingungen erzeugen.
Die Grafik zeigt, wie stark sich die Dichte eines Schüttdämmstoffs durch die Zugabe federelastischer Holzspäne mit Faltstruktur reduzieren lässt. Das langfristige Setzungsverhalten wurde mit Schlagimpulsen simuliert. Die für die Versuche verwendete Prüfeinrichtung besteht aus einem realen, mit dem Dämmstoff gefüllten Gefach, das mit einer definierbaren Beschleunigung gegen einen feststehenden Holzblock schlägt. Der steile Anstieg nach 250 bis 300 Stößen entstand infolge einer vorgenommenen Vergrößerung der Beschleunigung von 50 m/s2 auf 90 m/s2. Während sich die Dichte des herkömmlichen Dämmstoffs, ausgehend von verschiedener Einbaudichten einem gemeinsamen Wert von rund 70 kg/m3 nähert, erreicht eine Mischung desselben Dämmstoffs mit Holzspänen im Verhältnis 1:1 einen Wert von etwa 48 kg/m3.
Der hier untersuchte herkömmliche Dämmstoff würde bei einer Einbaudichte von 70 kg/m3 und bei einer Belastung von 90 m/s2 keine weiteren Setzungserscheinungen mehr zeigen.
Trocken oder waldfrisch?
Wir vermuteten, dass sich aus feuchtem Holz kein besonders gutes Spangut erzeugen lässt. Um den Einfluss der Holzfeuchte auf die Qualität des Spangutes nachzuweisen, zerspanten wir waldfrisches Rundholz unter folgenden Bedingungen: Eingriffsgröße 2 mm, Vorschubgeschwindigkeit 9 m/min, Drehzahl 3000 min-1, Kegelstirnplanfräser Bauart Oertli. Das erzeugte Spangut bei einer Stammfeuchte von u = 50 % zeigt das Bild unten links. Im Gegensatz zu unter gleichen Bedingungen erzeugten Spänen mit einer Ausgangsfeuchte von u = 10 % zeigt dieses Spangut nahezu keine Faltstruktur mehr.
Das Bild unten rechts zeigt Späne, die mit einer Ausgangsfeuchte von etwa 10 Prozent erzeugt wurden und eine ausgesprochene Faltstruktur aufweisen. Zunächst vermuteten wir, dass gerade diese Faltstruktur das besondere federelastische Verhalten, verbunden mit einer gegenüber herkömmlichen Frässpänen deutlich geringeren Setzungsdichte, bewirke.
Das Ergebnis der Setzungsprüfungen beweist das Gegenteil. Mit zunehmender Ausgangsfeuchte des zu zerspanenden Holzes wird die setzungssichere Dichte der Dämmstoffspäne geringer, d. h. das Spangut wird besser. Ursache dieses unerwarteten Verhaltens könnte sein, dass das Spangut im trockenen Zustand möglicherweise durch die Faltstruktur im gewissen Sinn vorgeschädigt wird, ein Vorgang, der im feuchten und noch weitgehend plastischen Zustand nicht erfolgt.
Prof. Dr.-Ing. habil. Johannes Tröger, Dipl.-Ing. Lucia Groß, Dipl.-Holzwirt Fritz Tröger
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