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Buchenfilets bitte!

Technik
Buchenfilets bitte!

Um seine Schnittholzsortimente noch präziser und flexibler an die Kundenwünsche anzupassen, errichtet Pollmeier zurzeit eine vollautomatische Sortieranlage.

Ursprünglich stellte Pollmeier als Kunde der Sägeindustrie am damaligen Stammsitz in Rietberg Buchenleimholzplatten her. Mit dem Holzangebot war man jedoch nicht zufrieden: Die Säger wollten ausschließlich Blockware vermarkten und waren nicht bereit, separat nur die für Leimholzplatten geeigneten Bretter zu verkaufen. Außerdem beklagte man Farbschwankungen, Dämpfflecken und ungleichmäßige Holzfeuchte, die zu Materialspannungen führte. Also entschloss sich Ralf Pollmeier, die Schnittholzversorgung selbst in die Hand zu nehmen, und errichtete 1995 ein Sägewerk in Creuzburg bei Eisenach. Mit einem weiteren Werk in Malchow bei Schwerin ist Pollmeier heute der größte Laubschnittholzerzeuger Europas mit weltweit 400 Mitarbeitern. Die Einschnittkapazität beträgt bei Vollauslastung rund 800 000 m3/Jahr.

Organisation und Fertigung wurden nach den Anforderungen des Rietberger Werkes ausgerichtet. Davon konnte bald nicht nur die eigene Fertigungsstätte, sondern auch andere Massivholzverarbeiter profitieren. Die Idee des Sägewerkes kommt aus Amerika; Pollmeier hat sie auf Buchenschnittholz für den deutschen Markt übertragen. Nach dem Einschnitt sortiert man die vorgeschliffenen Bretter für verschiedene Weiterverarbeitungszwecke und schneidet ggf. längs oder quer nach, sodass sich für alle Qualitäten und Längen Abnehmer finden.
Konkret läuft die Produktion bei Pollmeier folgendermaßen: An einer Sägelinie aus zwei parallelen Blockbandsägen mit jeweils zwei Nachschnittsägen werden die Stämme zu Brettern gesägt. Es folgen eine automatische Dickensortierung und für alle noch nicht parallelen Bretter eine Besäumkreissäge.
Die Filets finden sich erst zum Schluss
Dem Dämpfen und Trocknen schenkt man sehr hohe Aufmerksamkeit, denn hier sieht Pollmeier entscheidenden Einfluss auf die Farbe und die Qualität. Mit der nötigen Sorgfalt könne man Flecken und übermäßige Verformungen vermeiden. So soll ein Brett möglichst noch am Tag des Einschnitts in eine der gut 100 kombinierten Dämpf- und Trockenkammern gelangen. Die Stapel werden ausschließlich mit besäumten Brettern möglichst dicht bepackt, damit die durchströmende Luft nirgendwo verwirbeln kann, was ein ungleichmäßiges Abtrocknen zur Folge hätte. Nach etwa zwei bis drei Wochen durchläuft die Charge einen Flächenschleifautomaten, der sowohl Holzfehler als auch die feinen Holzstrukturen sichtbar macht.
Zurzeit stehen hinter der Schleifmaschine bis zu sechs Qualitätssortierer, die jedes Brett einer von etwa 15 Standardsortierungen zuordnen und ggf. Vorgaben für Nachschnitte in Längs- oder Querrichtung machen. Ein Scanner erfasst die Farbe eines jeden Brettes und gibt Rückmeldung an das Dämpf- und Trockenprogramm des entsprechenden Kammertyps. Auf diesen Regelkreis ist die große Konstanz beim „Pollmeier-Farbton“ zurückzuführen.
Noch in diesem Sommer setzt an dieser Stelle eine von Pollmeier entwickelte Sortieranlage ein. Nach der Schleifmaschine erfasst ein Scanner Dimensionen und Oberflächenbild der Bretter, erkennt Fehler, Holzstrukturen wie Blumen oder Streifer und kann diese mit den Beschreibungen der Standardsortierungen oder einzelner Aufträge vergleichen. Schließlich nimmt ein Optimierungsprogramm die Zuordnung vor und gibt Kommandos an die in die Linie integrierte Längs- und Quersäge. Es folgt ein etwa 15 m hoher und 65 m langer Sortierpuffer mit 40 Etagen. Von der automatischen Sortierung verspricht sich das Unternehmen mehr Flexibilität und die Erweiterung der Sortimente, denn mehr als 15 Sortierungen sind manuell kaum noch zu bewältigen, vor allem dann nicht, wenn sie ständig wechseln. Mit der automatischen Sortierung ist es denkbar, auch größere Einzelaufträge, z.B. für blumige Fixmaße, zu erledigen.
Der Sortierpuffer ist bereits aufgebaut, Scanner, Bildauswertungs- und Optimierungssoftware haben eine intensive Test- und Teach-in-Phase durchlaufen, sodass die automatische Sortierung bald den Betrieb aufnehmen kann. GM

„Industrielle Massenfertigung gibt Massivholz eine Zukunft“
Mit industrieller Hightech befreit Pollmeier Schnittholz von vielen Wettbewerbsnachteilen. Über die Marktchancen von Massivholz sprach die dds-Redaktion mit Ralf Pollmeier.
Wie können unsere Leser von Ihrer neuen vollautomatischen Sortieranlage profitieren?
Die Anlage wird an unseren Standards nichts Grundlegendes ändern: Pollmeier-Buche kann nach wie vor auch in kleinen Mengen ab Lager über unsere Handelspartner bezogen werden. Sicherlich sind wir aber zukünftig mit dieser Anlage deutlich flexibler und können noch genauer sortieren. Für den Handwerker bedeutet das: kostengünstiges Schnittholz in gleichmäßiger Qualität. Möglich sind darüber hinaus natürlich auch Sondersortierungen.
Dekorpapiere verdrängen zunehmend Massivholzprodukte. Macht die Vollholzverarbeitung noch Sinn?
Der Verbrauch von Laubschnittholz ist in Deutschland rückläufig. Wir arbeiten daran, dass sich die Massivholzverarbeitung auch in Deutschland wieder lohnt.
Wie erklären Sie sich den nachhaltigen Rückgang der Vollholz-Marktanteile – wo liegen die Ursachen?
Ein Grund ist sicherlich die Preisdifferenz zwischen den Ersatzwerkstoffen und Massivholz. Laubholz ist zudem in Deutschland nicht gerade verarbeiterfreundlich aufbereitet: Die Verarbeitung ist lohnintensiv – der Verschnitt und damit die Materialkosten sind hoch. Dementsprechend teuer sind die daraus hergestellten Produkte.
Welche Rolle spielt Pollmeier auf dem Massivholzmarkt?
Durch Massenproduktion stellen wir unser Schnittholz sehr kostengünstig her. Zudem bearbeiten wir das Holz einige Schritte weiter als traditionelle Sägewerke. Unterm Strich arbeitet man mit unserem Holz deutlich wirtschaftlicher: Der Verschnitt sinkt gegenüber herkömmlichem Schnittholz um bis zu 30 Prozent. Außerdem lässt sich unsere Buche mit viel geringerem Personal- und Lohnkostenaufwand bearbeiten.
Wie sehen Sie die Zukunft der Massivholzverarbeitung beim Tischler?
Gut – sieht man sich z.B. Nordamerika an, so gibt es dort deutlich mehr kleinere Handwerksbetriebe. Gerade der Anteil „Innenausbau“ legt hier deutlich zu. Die Laubholzverarbeitung ist in diesem Land um den Faktor drei höher. Ich bin optimistisch, dass sich dieser Trend auch in Deutschland durchsetzt.
Was spricht für den Innenausbau mit Massivholz?
Massivholz lässt viele Gestaltungsmöglichkeiten zu. Die Leute wollen individuell wohnen. Doch muss das bezahlbar sein! Durch unsere effiziente Massenproduktion stellen wir dem Handwerker hochveredeltes und preisgünstiges Holz zur Verfügung. Insbesondere kleinere Betriebe können so ihren Kunden individuellen Innenausbau mit Massivholz kostengünstig anbieten. Für diese Betriebe sind gerade Ersatzwerkstoffe oft uninteressant. Zum Furnieren benötigen sie einen teuren Maschinenpark. Im einfachen Innenausbau mit Massivholz liegt meines Erachtens daher zukünftig eine Chance für kleinere Werkstätten. Ich bin mir sehr sicher: Jedes preiswerte und gute Angebot schafft auch wieder verstärkte Nachfrage.
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