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»Bitte fräse den Stulp ein!«

Technik
»Bitte fräse den Stulp ein!«

Einen Roboter, der mehr oder weniger auf Zuruf weiß, was zu tun ist, wünscht sich Josef Som für seine Vier-Mann-Schreinerei. Als Entwicklungspartner von Reis Robotics sagt er, was ein Tischler- und Schreiner-Roboter können muss.

Was bewegt einen Schreiner, sich mit Robotern zu beschäftigen?

Der Roboterhersteller Reis fragte mich, ob ich bereit wäre, eine Entwicklungspartnerschaft zur Ermittlung eines Anforderungsprofils an einen Roboter und seine Programmierung für unser Gewerk zu erarbeiten. Ich verspreche mir davon einen Technologie- und Wissensvorsprung.
Wie kommt Reis auf Sie?
Mein Bruder arbeitet dort als Abteilungsleiter für die Steuerungsentwicklung. Er kennt meinen Betrieb und sieht in ihm den typischen Anwender für die Roboter, die Reis in dem SME-Projekt (siehe Seite 32) für Anwendungen in Handwerksbetrieben entwickelt.
Welche Rolle spielen Sie jetzt in dem Projekt?
Ich soll sagen, was der Roboter für den Betrieb beim Schreiner können muss. Reis kennt die Prozesse in der Metallverarbeitung, weiß aber nicht, was der Tischler und Schreiner benötigt.
Wie sieht Ihre Schreinerei aus?
Ich beschäftige zwei Gesellen und einen Lehrling. Wir erledigen sämtliche Möbel- und Bautischlerarbeiten und stellen das meiste selbst her, auch Türblätter.
Welche Arbeiten wollen Sie Ihrem Roboter anvertrauen?
Zunächst soll er fräsen, bohren und lackieren, und zwar mit den Elektrowerkzeugen, die wir sonst im Handbetrieb verwenden. Mir schwebt auch vor, den Roboter mit einem Exzenterschleifer schleifen zu lassen – so wie ein Mensch auch schleift. Der Roboter soll den Menschen »ersetzen«, jedoch nicht in dem Sinne, dass er dem Menschen die Arbeit wegnimmt, sondern ihn ergänzt und entlastet. Meine Mitarbeiter können die Zeit, während der Roboter fräst, schleift oder lackiert, besser für eine Tätigkeit nutzen, die der Roboter nicht ausführen kann.
Wie stellen Sie sich die Zusammenarbeit mit dem Roboter vor?
So, wie der Geselle einem Lehrling erklärt was zu tun ist, müsste er es auch dem Roboter sagen können. Er gibt ihm die Bemaßung an oder führt ihn, wenn z. B. ein Schließblech einzufräsen ist, an den Anfangs- und Endpunkt mit der Order, beide Punkte geradlinig miteinander zu verbinden. Dann geht der Geselle weg, und der Roboter arbeitet.
Fürchten Sie nicht den Programmieraufwand?
Der hängt davon ab, wie Reis meine Wünsche umsetzt. Ich muss dem Roboterhersteller sagen, wie ich mir die Programmierung vorstelle. Es soll ohne großartige mathematische Befehle gehen, sondern durch Vormachen, Punkte Anfahren und kurz formulierte Befehle. Der Roboter soll sich dann selbst programmieren und die Arbeit verrichten.
Wollen Sie den Roboter auch Schrankseiten bohren lassen?
Das ist theoretisch möglich, scheitert aber zurzeit noch am eingeschränkten Aktionsradius des Roboters. Mit meinem Roboter könnte ich zunächst nur sehr kleine Möbelteile bearbeiten.
Wie steht es um die Präzision?
Ich weiß, dass der Roboter in puncto Genauigkeit mit dem Bearbeitungszentrum nicht ganz mithalten kann, gehe aber davon aus, dass ich die Toleranzen einhalte.
Was hätten Sie lieber, ein BAZ oder einen Roboter?
Ein BAZ würde sich in meinem Betrieb nicht amortisieren, vor allem weil es mit enormen Werkzeugkosten verbunden wäre. Beim Roboter kann ich die vorhandenen Elektrogräte nutzen. Außerdem ist das Einsatzspektrum des Roboters viel größer, weil dieser neben dem Fräsen und Bohren auch noch Schleif- und Lackierarbeiten ausführt.
Das Interview führte dds-Redakteur Georg Molinski
»Punkte anfahren, vormachen, ein kurzer Befehl – und schon soll der Roboter die Arbeit verrichten.«
Josef Som
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