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Nachrüsten, aber richtig

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Nachrüsten, aber richtig

Sogar Discounter bieten mittlerweile Produkte zur mechanischen Nachrüstung von Fenstern und Türen an. Wie sich seriöse Handwerker von Billigheimern abheben, erklären unsere Autoren vom IFT Rosenheim.

Christian Kehrer, Jens Pickelmann, Jürgen Benitz Institut für Fenstertechnik IFT, Rosenheim

Die Kriminalstatistik des Bundes weist für 2014 zwar nur eine durchschnittliche Steigerung der Einbruchdelikte um +1,8 % aus, je nach Bundesland liegt sie jedoch teilweise bei über 20 %. Auch die Medien berichten täglich über die finanziellen, gesellschaftlichen und psychologischen Folgen von Einbrüchen, sodass die Verbesserung des »Einbruchschutzes« ganz oben auf der Agenda der Bauherren steht. Statistiken aus NRW zeigen, dass einbruchhemmende Maßnahmen in 43 % der Fälle wirksam sind.
In Folge hat sich ein attraktiver Markt für Hersteller, Händler und Montagebetriebe entwickelt. Dies gilt vor allem auch für die Nachrüstung, denn kein Bauherr wird moderne Fenster mit Wärmeschutzverglasung nur wegen einer schlechten Einbruchhemmung austauschen. Die angebotenen Produkte sind vielfältig, aber kritisch zu hinterfragen, denn Nachrüstprodukte werden sogar schon von Discountern angeboten. Deshalb sollten seriöse Anbieter dem Bauherrn nur geprüfte Nachrüstprodukte gemäß DIN 18104-1 und -2 anbieten; zudem müssen Anforderungen, konstruktive Grundlagen, notwendige Nachweise und die Regeln einer fachgerechten Montage für die Einbruchhemmung von Fenstern und Türen bekannt sein.
Die Anforderungen und Prüfverfahren von Nachrüstprodukten für Fenster und Türen sind in DIN 18104 »Einbruchhemmende Nachrüstprodukte« geregelt. Die Prüfungen werden ähnlich wie bei neuen Fenstern und Türen gemäß EN 1627 bis 1630 durchgeführt; allerdings gibt es hier keine Widerstandsklassen (RC 1 bis RC 6), sondern nur eine grundsätzliche Eignung. DIN 18104-1 »Aufschraubbare Nachrüstprodukte« umfasst Nachrüstprodukte wie Zusatzschlösser, Stangenverschlüsse oder Querriegelverschlüsse. Diese Sicherung sollte mindestens an der Griff- und Bandseite erfolgen. Darüber hinaus sollte mindestens eine Sicherung abschließbar sein, sofern kein Verbundsicherheitsglas eingesetzt ist.
Nachrüstprodukte nach DIN 18104
Einfache Aufschraubsicherungen finden aus ästhetischen und praktischen Gründen oft nur wenig Akzeptanz. Einbruchhemmende Drehkippbeschläge oder Hintergreifsicherungen (= im Falz eingelassene Nachrüstprodukte für Fenster und Türen gemäß Teil 2 der Norm) sind eine gestalterisch bessere Lösung, die oft auch eine bessere Einbruchhemmung bringt. Allerdings braucht es für die Planung von Sanierungsmaßnahmen und den Austausch der bestehenden Beschläge ausreichende Erfahrung und Know-how, die Billiganbieter und ungeschulte Monteure in der Regel nicht vorweisen können.
Bei Fenstern und Fenstertüren neuerer Bauart ist durch Austausch der im Falz eingelassenen Dreh- oder Drehkippbeschläge gegen einbruchhemmende Beschläge eine effiziente Nachrüstung möglich. Die mechanische Nachrüstung ist dort anzuraten, wo der Widerstand der Bauteile soweit erhöht werden soll, dass das Überwinden mit einfachen Werkzeugen wie Schraubendrehern und Keilen erschwert wird. Abschließbare Fenstergriffe alleine reichen nicht aus, weil sie keinen Schutz gegen das Aufhebeln der Fensterflügel bieten. Ihre Anwendung ist nur in Verbindung mit einem einbruchhemmenden Fensterbeschlag sinnvoll. In den Normen zur mechanischen Nachrüstung werden weitere Maßnahmen empfohlen, wenn Fenster oder Fenstertüren mit einbruchhemmenden Beschlägen nachgerüstet werden. Hintergrund ist die Tatsache, dass jede Kette nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied.
Konstruktive Grundlagen
Grundsätzlich gilt bei der Konstruktion von einbruchhemmenden Bauteilen, dass die gesamte Sicherheitskette geschlossen sein muss. Das heißt, von der Befestigung in der Wand über Material und Falzausbildung, eine geeignete Schlossauswahl und -befestigung sowie die Beschlagauswahl bis zur eingesetzten Verglasung muss jedes Detail auf die Forderungen der Einbruchhemmung abgestimmt werden.
Für die mechanische Nachrüstung bedeutet dies, dass Bauteile – obwohl mit geprüften Beschlägen nachgerüstet – noch andere Schwachpunkte besitzen können. Die Norm selbst gibt folgende Empfehlungen:
  • 1. Einsatz einer durchwurfhemmenden Verglasung nach DIN EN 356
  • 2. Absicherung der Glasanbindung durch Verschrauben oder Verkleben der Glashalteleisten
  • 3. Einbringung einer druckfesten Hinterfütterung zwischen Verglasung und Glasfalzgrund im Bereich der Verriegelungspunkte,
  • 4. Verstärkung der Mauerwerksbefestigung.
Natürlich muss auch die Eignung des vorhandenen Bauelements und der Wand, in die es eingebaut werden soll, geprüft werden. Bei einer leichten Innentür mit Kartonwaben oder einer normalen Trockenbauwand bringen auch die besten Nachrüstungsprodukte nichts.
Bei der Montage zu beachten
Bei der Montage von geprüften einbruchhemmenden Fenstern und Fassaden sind die Vorgaben der Montageanleitung zu beachten. Darin wird festgelegt, mit welchen Montagemitteln und Abständen die Elemente befestigt werden müssen, und welche Bereiche (Verriegelungs- und Bandpunkte) des Bauteils eine besonders starre Befestigung (druckfeste Hinterfütterung) zum Mauerwerk benötigen, um die auftretenden Kräfte über die Befestigung in die Außenwand übertragen zu können. Dies verhindert ein Auslenken zwischen Blend- und Flügelrahmen und somit ein Aushebeln der Beschläge. Die Angaben beruhen auf den Ergebnissen der Einbruchprüfungen und werden in den Prüfzeugnissen auch dokumentiert. Bei großen Elementen (z.B. Fensterbändern) können Probleme durch Zwängungen durch eine Begrenzung der Wärmedehnung im Bauanschlussbereich auftreten. Dies ist im Einzelfall bei der Planung und Konstruktion zu berücksichtigen.
Qualifikation der Montagefirmen
Die Funktion einbruchhemmender Fenster und die wirksame Nachrüstung mit geprüften Produkten sind im Wesentlichen von der fachgerechten Auswahl und der Montage durch die beauftragte Fachfirma abhängig. Gutachten belegen eindeutig, dass die Nichtbeachtung von konstruktiven Vorgaben, die in den Prüfzeugnissen beschrieben sind, zu Mängeln und Reklamationen führt. Die Empfehlungen der polizeilichen Beratungsstellen gehen deshalb in Richtung geschulte, qualifizierte und anerkannte Firmen.
Derzeit befinden sich auf dem Markt zwei Qualifizierungssysteme. Auf Ebene der Bundesländer (Baurecht ist föderal) wurde flächendeckend das Errichterverfahren umgesetzt. Die jeweiligen Landeskriminalämter geben Pflichtenkataloge auf Basis einer bundesweit einheitlichen Fassung heraus, in denen die Anforderungen für die Errichterfirmen festgelegt sind. Die Errichterfirma muss den Qualifikationsnachweis allerdings nur einmalig erbringen. Eine laufende Kontrolle sieht dieses Verfahren nicht vor.
Bundesweit besteht die Möglichkeit einer Zertifizierung von Fachbetrieben mit zusätz- lichen Kompetenzen und Qualifizierungen. Diese Zertifizierten Fachbetriebe für mechanische Sicherungstechnik zeichnen sich durch ein hohes Maß an Fachwissen und Kompetenz aus. Das ist gerade bei dem sensiblen Thema Einbruchhemmung besonders wichtig. Die zertifizierten Fachbetriebe werden im jährlichen Turnus von einer externen neutralen Überwachungsstelle kontrolliert. Im Rahmen der Zertifizierung wird unter anderem vor Ort überprüft und beurteilt, wie die sicherungstechnischen Nachrüstungen ausgeführt wurden. Diese Überprüfung vor Ort ist der entscheidende Unterschied zwischen einem zertifizierten und einem nicht zertifizierten Fachbetrieb. Sie sichert eine dauerhafte und verlässliche Qualifikation und damit auch die ausgeführte Qualität.
Sowohl Bauherren als auch Architekten wird deshalb empfohlen, auf diese Qualifikation zu achten und den Einbau oder die mechanische Nachrüstung von zertifizierten Fachfirmen vornehmen lassen. Das IFT Rosenheim listet und empfiehlt deshalb die überwachten Firmen auch auf seiner Website im Informationsbereich für Bauherren, Verbrauchern und Architekten.

So bitte nicht …

Die Einbruchhemmung kann nur so gut sein, wie das schwächste Glied der Kette. Bei einer leichten Tür mit Kartonwaben oder einer normalen Trockenbauwand bringen die besten Nachrüstprodukte nichts.
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