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Beschichtete Holzfenster kleben

Fensterbau
Beschichtete Holzfenster kleben

Kleben als Verglasungsart war bisher auf unbehandeltes Holz begrenzt und hat sich deshalb bei Holzfenstern in der Praxis nicht etabliert. Das könnte sich mit der überarbeiteten IFT-Richtlinie VE-08/4 ändern. Die IFT-Experten Karin Lieb und Jürgen Benitz-Wildenburg klären auf.

Das Kleben der Isolierglasscheibe im Flügelrahmen hat sich als neue Verglasungsart für Fenster bewährt. Denn damit lassen sich die statischen Eigenschaften des Glases nutzen, um den Rahmen auszusteifen. Dadurch sind schlankere Rahmen und größere Abmessungen möglich und die Einbruchhemmung wird verbessert. Diese Bauart ist zwar durch die Produktnorm EN 14351-1 abgedeckt, jedoch mit dem Hinweis, dass Verbindungen dauerhaft sein müssen. Um hierfür den Nachweis der Gebrauchstauglichkeit erbringen zu können, wurde die IFT-Richtlinie VE-08 entwickelt. Im Fokus der Richtlinie steht die Beurteilung der lastübertragenden Wirkung der Klebung von Glas zu Rahmen, d. h. die Aufnahme von Druck-Sog-Kräften und die Rahmenaussteifung vor allem hinsichtlich der Einbruchhemmung. Zusätzlich muss die Dauerhaftigkeit des Isolierglases und die Materialverträglichkeit mit dem Rahmen und weiteren Komponenten (Randverbund, Klötze etc.) bewertet werden. Die ermittelten Kennwerte dienen zur Dimensionierung der Klebung.

Allerdings war die Anwendung der alten VE-08/3 auf unbehandelte Holzoberflächen begrenzt und damit für einen normalen Produktionsablauf in der Holzfensterfertigung eher unpassend, da die unterschiedlichen Holzarten und die große Vielfalt der Oberflächenbeschichtungen nur mit großem Aufwand bewertet werden konnten. Die neue IFT-Richtlinie VE-08/4 beschreibt im Teil 5 nun ausführlich ein Auswahlverfahren zur Klebung auch auf beschichtetem Holz. Getestet wird eine geeignete Kombination aus Beschichtungsstoff, Klebstoff und Holzart. Damit kann der Schreiner dann auf Basis der Auswahl, die ihm seine Lieferanten bieten, andere Farben eines Beschichtungssystems gemäß den Übertragungsregeln der VE-08/4 nutzen und hat so einen großen Anwendungsbereich mit geringem Prüfaufwand zur Verfügung.

Im März wurden auf der Messe Fensterbau/Frontale die ersten Prüfberichte an den Klebstoffhersteller Otto-Chemie, den Klebebandhersteller Lohmann und Fa. Remmers als Anbieter von Beschichtungssystemen überreicht. Unter Beachtung der Verarbeitungshinweise und Vorgaben der VE-08/4 für die WPK (Rückstellmuster, Prüfungen an Kleinproben etc.) können Holzfensterhersteller mit dem IFT-Prüfnachweis den notwendigen Nachweis für dauerhaft gebrauchstauglich geklebte Holzfenster erbringen. Damit gibt es nun auch für beschichtete Holzfenster eine geeignete Bewertung für den Nachweis geklebter Konstruktionen.

Grundlagen und Tipps zur Klebung

Anders als bei üblichen Fenster- und Fassadenkonstruktionen werden die Lasten durch das Kleben des Glases linienförmig und umlaufend in das Glas eingeleitet. Abhängig von der Konstruktionsart müssen von der Klebung Windsog-, Druck- und Schubkräfte aus Längenänderung übernommen werden, sodass erhöhte Anforderungen an das Langzeitverhalten der Klebeverbindung (Kriechen) sowie die Qualität von Klebstoff und Verarbeitung zu beachten sind. Bei Prüfungen und Gutachten des IFT Rosenheim zeigte sich die Materialverträglichkeit vom Klebstoff zu anderen Materialien als ein zentraler Punkt, der überprüft werden sollte, um teure Schäden zu vermeiden, beispielsweise wegen eines ungeeigneten Fensterklotzes oder sonstigen Drittmaterialien, die mit dem Randverbund reagieren. Die Verarbeitung muss sorgfältig nach den Systemvorgaben erfolgen.

Grundsätze für richtiges Kleben

Folgende Grundsätze für das richtige »Kleben« müssen beachtet werden:

1. Eine Klebung ist mit verschiedenen Basis-systemen in Form von spritzbaren Dichtstoffen oder Klebeband möglich.

2.  Das Klebesystem sollte neben dem Nachweis der Dauerhaftigkeit der Klebung auch in einem vollständigen Fenster oder Fassadensystem geprüft werden, um die komplexen Lastfälle und konstruktiven Zusammenhänge prüfen und bewerten zu können.

3. Die Holzart, die mechanische Bearbeitung der Holzoberfläche (feinhobeln, schleifen, finieren) sowie die Oberfläche und deren Aufbau müssen vom Systemgeber genau definiert werden.

4. Bei Veränderung der »Haftpartner« außerhalb der zulässigen Varianten muss die Prüfung erneut durchgeführt werden.

5. Die Randbedingungen bei der Fertigung/Klebung müssen definiert und dokumentiert sein (Temperatur, Feuchte, Zeit etc.) und der Kern einer sorgfältigen werkseigenen Produktionskontrolle sein.

Voraussetzung für alle Klebeverfahren ist die Einhaltung der Vorgaben des Klebstoffherstellers hinsichtlich Verarbeitung und Umgebungsbedingungen (Ausgasungen anderer Chemikalien, Staubfreiheit, zu hohe oder zu niedrige Temperaturen und Luftfeuchten etc.). Die umlaufende Klebung muss an allen vier Glaskanten die berechneten Mindest- Klebstoffdimensionen aufweisen. Die Klebung muss im Werk und darf nicht auf der Baustelle erfolgen.


Dipl.-Ing. (FH) Karin Lieb und Dipl.-Ing. Jürgen Benitz-Wildenburg sind seit vielen Jahren in leitenden Funktionen am Institut für Fenstertechnik IFT in Rosenheim tätig


Regelwerk für alle, die kleben wollen

Die IFT-Richtlinie VE-08/4 ist die technische Grundlage für Nachweis und Anwendung geklebter Fenstersysteme. Sie ist damit ein Regelwerk für alle Holzfensterhersteller, die »kleben« wollen. Die Überarbeitung ermöglicht nun auch die Anwendung für beschichtete Holzfenster. Auf 53 Seiten finden sich Praxistipps und Checklisten für Konstruktion, werkseigene Produktionskontrolle und vereinfachte Prüfverfahren.

IFT Rosenheim: »Beurteilungsgrundlage für geklebte Verglasungssysteme«, ISBN 978-3-86791-406-2,
35 Euro zzgl. MwSt., www.ift-rosenheim.de/shop

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